Die Clans der Wildnis - Amisha. Delia Golz
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eBook Originalausgabe März 2021
© 2021 Delia Golz
Lektorat, Korrektorat: Oliver Johann Ewy, Larissa Blum
Umschlaggestaltung: Sabine Pöstinger, inspiritedbooks.at
Buchsatz und Verlag: Königsberger Verlag, Medow
Druck: KDD Kompetenzzentrum Digital-Druck GmbH, Nürnberg
ISBN: 978-3-949348-23-5 (eBook)
Hergestellt in Deutschland
Alle Rechte vorbehalten. Das vorliegende Werk darf weder in seiner Gesamtheit noch in seinen Teilen ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags in welcher Form auch immer veröffentlicht werden. Davon ausgenommen sind kurze Auszüge, die zum Zwecke der Rezension entnommen werden.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.
www.koenigsberger-verlag.de
PROLOG
Ich liege auf dem warmen Fußboden und spiele mit Federn und Steinen, während meine Mutter in einem bauchigen Kessel he-rumrührt. Der ganze Raum ist mit würzigen Gerüchen erfüllt und lässt mich langsam schläfrig werden.
»Amisha, könntest du bitte deinen Vater zum Essen holen?«, unterbricht meine Mutter die Stille und streicht mir über das Haar. Ich nicke eifrig und springe auf, wodurch meine Spiel-sachen über den ganzen Boden verteilt werden. Barfuß laufe ich aus unserer kleinen Hütte und forme meine Hände wie einen Trichter vor meinem Mund. »Vater!«, rufe ich in die laue Abendluft hinaus und warte einen Moment.
Da ich keine Antwort erhalte, rufe ich abermals, doch wieder ohne Erfolg. Ich überlege kurz und fange an zu grinsen.
Ich weiß genau, wo er sich um diese Zeit immer aufhält.
Ich laufe mit meinen kurzen Beinen über das trockene Gras und springe spielerisch über kleine Steine. Schon von Weitem kann ich den gebeugten Rücken meines Vaters erkennen und beschließe, mich an ihn heranzuschleichen.
Normalerweise fällt er nie darauf herein, doch diesmal scheint er besonders tief in seinen Gedanken versunken zu sein. So leise wie es geht pirsche ich an ihn heran, bis ich seine Stimme hören kann. Er redet wieder einmal mit dem Grab, vor dem er wie jeden Abend kniet. »…und ich werde alles tun, um dich zu rächen. Du weißt, dass du dich auf mich verlassen kannst.«
Mein Vater hat mir mal erklärt, dass dort niemand begraben liegt und dass der Ort nur dafür da ist, um zu trauern. Ich habe bisher nie den Sinn dahinter verstanden.
Plötzlich bekomme ich ein schlechtes Gewissen und lege meine Hand auf seine breite Schulter. Mein Vater zuckt kurz zusammen und dreht sich dann mit einem gezwungenen Lächeln zu mir um. »Was gibt es denn, meine Kleine?«, fragt er und steht schwerfällig auf.
»Es gibt jetzt Essen«, sage ich kleinlaut und hoffe, dass ich ihn mit meinem kleinen Spiel nicht verärgert habe. Er nickt jedoch nur und sagt mit müder Stimme: »Ich habe wohl wieder einmal die Zeit vergessen. Dann wollen wir deine Mutter mal nicht länger warten lassen.«
Er nimmt mich bei der Hand und während wir uns von dem Grab entfernen, werfe ich noch einen Blick zurück auf den großen Stein, der darauf steht. Obwohl ich noch nicht lesen kann, weiß ich, welcher Name dort steht.
Nämlich der von Elian, dem besten Freund meines Vaters.
KAPITEL 1
Das Blut rauscht mir in den Ohren und mein Blick ist scharf auf meinen Feind gerichtet, während wir uns langsam umkreisen. Dann mache ich eine blitzschnelle Bewegung und stürze mich auf ihn. Einen Moment lang scheint er überrascht, doch dann fängt er sich wieder, sodass der Kampf richtig beginnt. Ich schaffe es, ihn auf den Boden zu drücken, doch er wehrt sich mit ganzer Kraft und stößt mich schließlich von sich.
Ich werfe mich jedoch direkt wieder auf ihn, sodass er keine Möglichkeit hat, zu verschnaufen. Wir attackieren uns mit Händen und Füßen, während wir lautstark angefeuert werden.
Wir rollen uns über den Boden, bis mein Mund voller Dreck ist und ich durch den Sand in meinen Augen fast blind werde.
Dennoch gebe ich nicht auf.
Plötzlich spüre ich einen heftigen Fausthieb in meinem Gesicht und schmecke Blut. Mit einem wütenden Brüllen stoße ich meinen Feind von mir und funkele ihn empört an.
»Das ist gegen die Regeln!«, rufe ich und spucke vor seine Füße. Er blickt mich jedoch nur grinsend an und erst jetzt bemerke ich zufrieden, dass auch er einige Kratzer und Schürf-wunden davongetragen hat.
»Ist es wahr, was man sich erzählt?«, höre ich eine andere Stimme fragen. »Man sagte mir, dass vor wenigen Tagen ein toter Leopard gefunden wurde und dass ein Messer in seiner Brust steckte.« Sofort ist aufgebrachtes Gemurmel zu hören und wir drücken uns entsetzt die Hand auf den Mund.
Das Töten eines Krafttieres ist eines der größten Verbrechen, das es bei den Clans gibt, und gilt als absoluter Hochverrat.
»Ruhe!«, höre ich den Befehl der Anführerin. »Es ist wahr. Unsere besten Krieger wurden losgeschickt, um diese entsetzliche Tat aufzuklären. In wenigen Tagen findet das Treffen mit den anderen Clans statt. Dort werden wir uns über das weitere Vorgehen beraten.«
Ich höre zustimmende Worte, doch plötzlich ist es wieder still. »Was tust du hier?«, höre ich schließlich einen alten Mann fragen. »Es ist dir nicht erlaubt, unseren Rat zu stören«, fügt die Anführerin mit kühler Stimme hinzu.
»Ich habe etwas zu sagen.« Ich zucke zusammen, als ich die Stimme meines Vaters erkenne. Nevya blickt mich prüfend von der Seite an und ich vergrabe leise seufzend das Gesicht in meinen Händen. Er kann es einfach nicht lassen. »Ich will euch helfen, etwas gegen den Clan der Dämonenpferde zu unternehmen«, sagt er mit fester Stimme. »Ihr wisst, dass ich mit ihnen noch eine Rechnung offen habe. Ich würde alles dafür tun, um Morigan zu besiegen.«
Entsetzt schüttle ich den Kopf und muss mich beherrschen, nicht sofort zu ihm zu laufen und ihn wegzuzerren.
»Dein Hass bringt uns nicht weiter, Lysandro«, erwidert die Anführerin. Für sie scheint die Sache damit erledigt zu sein, doch mein Vater will nicht aufgeben. »Aber ich… .«
»Nein!«, ruft die Anführerin mit schneidender Stimme, die mich erschaudern lässt. Mein Vater stößt einen frustrierten Laut aus und scheint sich endlich von dem Rat zu entfernen. Ohne Nevyas fragenden Blick zu beachten, springe ich auf und passe meinen Vater ein paar Zelte weiter ab. Als er mich erkennt, werden seine wütenden Gesichtszüge wieder weicher.
»Was machst du denn hier?«, fragt er mit einer Stimme, die wohl fröhlich klingen soll, aber kläglich darin scheitert. »Vater, du musst doch mittlerweile begriffen haben, dass es keinen Sinn hat«, sage ich verzweifelt und umarme ihn fest. »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?« Er macht einen Schritt zurück und blickt mich prüfend an.
Voller Scham senke ich meinen Kopf, sodass meine honigblonden Haare wie ein Vorhang vor mein Gesicht fallen.
»Du hast dich doch nicht wieder geprügelt?«, fragt er streng und ist von einem auf den nächsten Moment wieder in die Rolle des autoritären Vaters geschlüpft. Obwohl ich schon fast sechzehn bin, behandelt er mich noch häufig wie ein kleines Kind.
»Er hat sich nicht an die Regeln gehalten.« Meine Stimme ist leise und kaum hörbar. »Auch noch mit einem Jungen?« Er seufzt tief und drückt schließlich mein Gesicht unter dem Kinn sanft nach oben, sodass ich ihm in die Augen schauen muss.
»Du hast die gleiche Augenfarbe, wie meine Mutter«, stellt er wie so oft lächelnd fest. »Hier im Clan ist das aber sicherlich nicht von Vorteil.«
»Ich