Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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zu lauschen.

      (Niedrige baumlose Höhen unterm Hochgebirge.)

      (Bergzinnen weiter hinten. Die Schatten fallen lang; es ist spät am Tage.)

      Peer Gynt (kommt in großen Sätzen gesprungen und macht vor dem Abhang halt.)

       Die ganze Gemeind’ ist aus, mich zu fangen.

       Sie haben sich bewaffnet mit Flinten und Stangen.

       Allen voran hört den Haegstad man brüllen. –

       Überall heißt’s jetzt: Peer Gynt, das wilde Füllen!

       Das ist doch was mehr, als Gebalg mit ‘nem Schmied;

       Das ist Leben. Man fühlt sich wie ein Bär in jedem Glied.

       (Schlägt um sich und macht einen Luftsprung.)

       Brechen! Wälzen! Den Wasserfall stauen!

       Tannen auswurzeln! Stoßen! Hauen!

       Das ist Leben! Das kräftigt! Das schafft Genügen!

       Zum Teufel mit all den wässrigen Lügen!

      Drei Säterinnen (laufen über die Berghänge schreiend und singend.)

       Trond im Walgebirg! Kåre und Bår!

       Wir schieben heut Nacht die Riegel nicht vor!

      Peer Gynt.

       Was schreit Ihr da?

      Drei Säterinnen. Jede nach ihrem Troll!

      Erste Säterin.

       Trond! Komm mir schmachtend!

      Zweite Säterin. Bår, komm mir toll!

      Dritte Säterin.

       Im Saeter stehn alle Kammern leer.

      Erste Säterin.

       Toll ist schmachtend!

      Zweite Säterin. Und schmachtend ist toll!

      Dritte Säterin.

       Fehlt’ es an Burschen, so liebt man ‘nen Troll.

      Peer Gynt.

       Wo sind denn die Burschen?

      Alle drei Säterinnen (sich vor Lachen schüttelnd.)

       Die kommen nicht mehr.

      Erste Säterin.

       Der meine, der nannt’ mich Verlobt’ und Verwandte, –

       Da wurd’ er der Mann von ‘ner alten Tante

      Zweite Säterin.

       Der meine, der traf ‘ne Zigeun’rin im Norden, –

       Da sind sie beide Landstreicher worden.

      Dritte Säterin.

       Der meine vergab’s unserm kleinen Dinge, –

       Jetzt grient sein Schädel wo aus ‘ner Schlinge.

      Alle rei Säterinnen.

       Trond im Walgebirg! Kåre und Bår!

       Wir schieben heut Abend die Riegel nicht vor!

      Peer Gynt (steht mit einem Sprung unter ihnen.)

       Ich bin ein Troll und ein Bursch für Euch drei!

      Die drei Säterinnen.

       Bist Du so ‘n Kerl?

      Peer Gynt. Steh’ der Himmel Euch bei!

      Erste Säterin.

       Zum Saeter!

      Zweite Säterin.

       Wir haben Met!

      Peer Gynt. Laßt’s ein Meer sein!

      Dritte Säterin.

       Die Samstagsnacht soll keine Kammer heut leer sein!

      Zweite Säterin (küßt ihn.)

       Er glühet und sprühet wie glühheißes Erz.

      Dritte Säterin (ebenso.)

       Wie ‘s Aug’ einer Kindsleich’ im schwärzesten See.

      Peer Gynt.

       Trübe der Sinn und frech das Herz.

       Im Auge Lachen, im Halse Weh!

      Die drei Säterinnen (machen den Bergspitzen lange Nasen, schreien und singen.)

       Trond im Walgebirg! Kåre und Bår!

       Wir schieben heut Nacht die Riegeldoch vor!

      (Im Rondegebirge.)

      (Sonnenuntergang. Schimmernde Schneegipfel rundum.)

      Peer Gynt (kommt wirr und verwildert.)

       Luftschloß auf Luftschloß brückt es

       Über die Tiefen hin!

       Steh! Willst Du stehn! Da rückt es

       Wieder aus Augen und Sinn!

       Auf dem Turme der Hahn winkt

       Mit seinen Flügeln zur Flucht; –

       Und, ein entflatternder Wahn, sinkt

       Alles ins Grauen der Schlucht. –

      Was für Wurzeln und Stämme sprießen

       Dort aus zerklüftetem Grund?

       Das sind Riesen mit Reiherfüßen!

       Da schluckt sie schon wieder ein Schrund. –

      Wie Regenbogengeflimmer

       Frißt sich mir’s ins Gehirn.

      Was ist das für Glockengewimmer!

       Was werkt da in meiner Stirn!

       Der Schädel nimmt keinen Rat an.

      Wie sollt’ er’s auch mit dem Band,

       Dem brennheißen, um sich! Zum Satan!

       Wer hat mir nur das umgebrannt!

       (Sinkt nieder.) Bocksritt über den Genden.

       Wer Dir das glauben mag?

       Hoch an den schroffesten Wänden

       Mit der Braut, – und im Rausch einen Tag;

       Stoßende Falken und Weihen,

       Trollspuk und ähnlicher Prast,

       Liebschaften gleich mit dreien; –

       O, Du verruchter Phantast!

       (Starrt lange aufwärts.) Da segeln zwei braune Aare.

       Gen Süden die Wildgäns’ ziehn,

       Und hier soll ich armer Narre

       Im Kot waten bis zu den Knien!

       (Springt in die Höhe.) Ich will mit! Will baden mich rein in

       Des Winds allerwildester Wut!

       Will hoch! Will tauchen hinein in

       Der Sonne Taufstrahlenflut!

       Ich will fort! Ich schwing’ mich zu Pferde;

       Ich reit’ mich von Sinn und Verstand;

       Ich stürm’ übers Meer und werde

       Kaiser von Engelland;

       Ja, glotzt nur, ihr Mädels da drunten!

       Ich tu,’ was ich mag, annoch.

       Was wartet ihr, dumme Tunten –!

       Das heißt, – am End’ komm’ ich doch?! –

      Halloh! Die Adler da droben, –

       Die hat wohl der Schwarze verhext! –

      Da hat sich ein Giebel erhoben!

       Schau’, schau’, wie das wird und wächst!

       Ein Bauwerk aus Berg und Wolke!

       Haha, jetzt kenn’ ich mich aus!

      


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