Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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Dort vorn auf dem Kutschbock saß ich –

      Peer Gynt.

       Und wer dann die Zügel verlor,

       Wer war das? Mein Alterchen, das sich

       Umwandt’ und mich fragt’, ob ich fror.

       Gott segne Dich; warst mir von Herzen

       Stets gut, alter Widerwart –!

       Was stöhnst Du denn so?

      Aase. Mich schmerzen

       Die Knochen; das Brett ist so hart.

      Peer Gynt.

       Komm; leg’ Dich bequemer; so stillst Du

       Den Schmerz. Na, gibt er jetzt Ruh?

      Aase (unruhig.)

       Nein, Peer, ich will fort!

      Peer Gynt. Fort willst Du?

      Aase.

       Ja, fort möcht’ ich, fort immerzu.

      Peer Gynt.

       Schnack! Unter der Decke hübsch bleiben!

       Ich setz’ mich aufs Bettende dort.

       Jetzt woll’n wir die Zeit uns vertreiben

       Und uns träumen, Gott weiß wohin, fort!

      Aase.

       Ob die Bibel nicht besser paßte?

       Ich bin so unruhigen Sinns.

      Peer Gynt.

       Im Soria-Moria-Palaste

       Geht es hoch her bei König und Prinz.

       Ruh’ aus Dich im warmen Schlitten;

       Ich fahr’ Dich dorthin über Feld –

      Aase.

       Aber, Peer, kam denn einer mich bitten –?

      Peer Gynt.

       Wir sind alle beide bestellt.

       (Wirft eine Schnur um den Stuhl, auf dem die Katze liegt, nimmt einen Stecken in die Hand und setzt sich an das Fußende des Bettes.)

       Hü, Rappe! Spute Dich, Mähre!

       Sag’, Mutter, frierst Du auch nicht?

       Ja, ja; das schneid’t wie ‘ne Schere,

       Wenn Grane der Haber sticht!

      Aase.

       Was läutet da, Peer, und tönet –?

      Peer Gynt.

       Die Schellen von blankem Zinn!

      Aase.

       Hu, Lieber, wie hohl das dröhnet!

      Peer Gynt.

       Jetzt geht’s über Fjordeis hin.

      Aase.

       Ich fürcht’ mich! Was für ein Brausen

       Und Seufzen, so klagend und schrill?

      Peer Gynt.

       Das sind die Tannen, die sausen,

       Im Bergwald. Sitz mir nur still.

      Aase.

       Was glitzert und flimmert dorten?

       Wo kommt all der Lichterglanz her?

      Peer Gynt.

       Aus des Schlosses Fenstern und Pforten.

       Hörst Du, wie sie tanzen?

      Aase. Ja, Peer.

      Peer Gynt.

       Vorm Tore da steht Sankt Peter

       Und lädt Dich zum Eintritt ein.

      Aase.

       Grüßt er uns?

      Peer Gynt. Tiefgebückt steht er

       Und schenkt vom süßesten Wein.

      Aase.

       Wein! Sag’, hat er auch Kuchen?

      Peer Gynt.

       Und ob! Einen ganzen Berg!

       Und die Propstin kommt Dich besuchen

       Mit Kaffee und Zuckerwerk.

      Aase.

       Wir treffen uns dort wie vor Zeiten?

      Peer Gynt.

       So oft Du’s willst und begehrst.

      Aase.

       Nein; alle die Herrlichkeiten,

       Dazu Du mich Arme fährst!

      Peer Gynt (schnalzt mit der Peitsche.)

       Hü, Rappe, spute Dich, springe!

      Aase.

       Lieber Peer, Du fährst doch auch recht?

      Peer Gynt (schnalzt wieder.)

       Hier ist breiter Weg.

      Aase. Das Geschwinge

       Vom Schlitten, das macht mir ganz schlecht.

      Peer Gynt.

       Das Ziel dann wird Dir schon taugen;

       Nicht lang’ – und der Fahrt ist genung.

      Aase.

       Ich will liegen und schließen die Augen

       Und vertrauen auf Dich, mein Jung’!

      Peer Gynt.

       Da kann ich’s ganz nah schon gewahren.

       Hü, Grane! Den Torweg empor!

       Das ist ein Gewimmel! Jetzt fahren

       Peer Gynt und Alt Aase vor.

       Was sagst Du da, Herr Sankt Peter?

       Der Mutter würd’ nicht getraut?

       Und ging einer suchen, erspäht’ er

       Nicht bald solch ‘ne ehrliche Haut!

       Um mich mag nicht weiter gebangt sein;

       Ich kann umdrehn, wenn es sein soll.

       Wollt Ihr laden mich, sollt Ihr bedankt sein;

       Wenn nicht, scheid’ ich auch ohne Groll.

       Ich hab’ viel geflaust und gefackelt,

       Der Teufel konnt’s besser kaum tun,

       Und Mutter dann, weil sie gegackelt

       Und gekräht, geschimpft für ein Huhn.

       Doch sie sollt Ihr achten und ehren,

       Wie’s billig für Leut’ ihres Schlags;

       Hier wird keine bessre vorkehren

       Von irgendwo heutigen Tags. –

       Da gebeut Gott-Vater selbst Ruhe!

       Jetzt, Petruschen, blüht Dir was!

       (Mit tiefer Stimme.)

       “Hör’ auf mit dem Pförtnergetue;

       Alt Aase hat freien Paß!”

       (Lacht laut und wendet sich um zur Mutter.)

       Als hätt’ ich das nicht gerochen!

       Jetzt weht’s aus ‘nem andern Strich!

       (Angstvoll.)

       Was schaust Du denn so gebrochen?

       Du! Mutter! Was ist Dir denn –? Sprich –!

       (Tritt ans Kopfende des Bettes.)

       Du sollst nicht so stieren und glasen –!

       Red’, Mutter! Ich bin’s doch, Dein Jung’!

       (Befühlt vorsichtig ihre Stirn und ihre Hände; darauf wirft er die Schnur auf den Stuhl und sagt mit gedämpfter Stimme:)

      


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