Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans

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Geheimnis des Freundes! Kein Sterblicher außer ihm, der J. H. näher gekommen als Tredrup seit jenen Tagen, wo sie in Saltadera gelandet waren. Wie weggewischt alles, was dessen scharfer, kluger Geist gedacht, geahnt … Verstellung? Uhlenkort hatte zuerst gedacht, hatte dann die Meinung geändert. Tredrup verstellte sich nicht. Harmlos, wie ohne Ahnung von alledem, was vorher geschah. Ein Teil seines Gedächtnisses schien ausgelöscht von Schicksals Hand. Nicht anders konnte er sich’s erklären … keinen Wissenden außer ihm selbst gab es.

      Tredrup setzte sich zu ihm. Sein Auge, schärfer als das des Liebenden, hatte den Zustand Christies tiefer durchschaut.

      »Zuviel, Uhlenkort, für ein junges Mädchen! Hamburg, die Verwandten, das Wiedersehen in der Heimat. Zuviel Freude auf einmal!

      Sie muß das Überstandene langsam überwinden. Auch zu große Freude kann schaden. Wir fahren an den Säulen des Herkules vorbei zur Riviera, lassen sie dort oder bleiben bei ihr und kehren dann erst nach Hamburg in die Heimat zurück, wenn sie wieder ist, wie sie war!«

      Die weiten Gesellschaftsräume des Kasinos in Monte Carlo erstrahlten in blendender Lichtfülle. Der große Maskenball war glänzender Abschluß der Saison. Von allen Teilen der Riviera traf man sich zum letzten Mal in zwangloser Freiheit, bevor die Gesellschaft sich in alle Winde zerstreute. In einer Loge saßen Christie, Uhlenkort und Tredrup.

      Mit blitzendem Auge verfolgte Christie das frohe Leben und Treiben unten im Saal.

      »Du hattest recht, Klaus«, wandte sich Uhlenkort an Tredrup. »Dein Vorschlag, an der Riviera Station zu machen, war gut. Christie bedarf mehr der Zerstreuung als der Ruhe. Ihre Erlebnisse in den letzten Wochen waren zuviel für ihr schwaches Frauenherz. Tante Harlessen wird morgen kommen, bei ihr bleiben, bis sie sich erholt, bis sie zurückkommen kann in das Vaterhaus nach Hamburg.«

      Er wandte sich wieder zu Christie.

      »Ermüdet es dich nicht, Christie, dem bunten Treiben da unten so lange zuzusehen?«

      »Nein, Walter, nicht im geringsten. Ich fühle mich so wohl, so wohl wie selten. Immer Neues, immer Interessanteres bietet das frohe Bild da unten. Sieh da! Eine Mexikanerin tritt durch die Tür.«

      Sie klatschte leicht in die Hände.

      »Wie schön! Wie schön ist das Bild, das so viele Erinnerungen in mir lebendig macht. Dein Glas, Walter!«

      Sie sah eine Weile hindurch, gab es ihm zurück.

      »Sieh, Walter, das wunderbare Kostüm. Es ist echt bis in die kleinste Einzelheit. Ich verstehe mich nur zu gut darauf, trug ich es doch in meiner Jugend so häufig in Tejada.«

      Uhlenkort nickte.

      »Bin zwar nicht ganz Sachverständiger, aber abgesehen von dem Kostüm sagt mir die Gestalt seiner Trägerin, daß in dem echten Kostüm eine echte Mexikanerin stecken muß. Was meinst du, Tredrup? Warst doch lange genug da unten. Hab’ ich nicht recht?«

      Tredrup gab keine Antwort. Als das Wort »Mexikanerin« von Christies Lippen kam, hatte er das Glas vor die Augen genommen, hinuntergeschaut, sie verfolgt, den Blick nicht zur Seite gewandt, als wäre nur die eine dort unten, die Mexikanerin.

      »Ah! Jetzt tanzt sie!« rief Christie dazwischen. »Sieh nur, Walter, wie eine Feder schwebt sie am Arm ihres Partners. Und das feurige Temperament, das aus jeder Bewegung spricht! Du hast recht, sie ist eine Mexikanerin. So kann nur eine tanzen, die in Mexiko geboren ist.«

      Beide beugten sich über den Logenrand. Das tanzende Paar hielt an, stand zu ihren Füßen.

      »Wer mag sie sein?« fragte Christie. »Ein junges Mädchen, wie es scheint.«

      Uhlenkort zuckte die Achseln. »Riviera … Monte Carlo … aus den entlegensten Teilen der Welt trifft hier die Menschheit zusammen …«

      Er wollte weitersprechen, da nahm ihm Christie mit hastiger Bewegung das Glas aus der Hand, richtete es auf die Tänzerin, starrte sie an, als könnten sich ihre Augen nicht losreißen. Ihre Rechte fuhr zum Halsausschnitt, riß die kleine Goldmünze, die am dünnen Kettchen hing, aus dem Kleid.

      Tredrups Hand mit dem Glas war herabgesunken, er starrte zu Christie hinüber wie einer, der Unheil erwartet. Da unten im Saal trat die Tänzerin von neuem zum Tanz an, drehte sich langsam um den Partner.

      »Elf!« schrie Christie. »Elf Hidalgos, die goldene Kette an ihrem Hals!«

      Das Glas aus Tredrups Hand fiel polternd zu Boden. Uhlenkort wandte sich nach links und rechts. »Was? Was ist euch? Was ist’s mit elf?«

      Tredrup war aufgesprungen und stand mit bebenden Lippen.

      »Elf Hidalgos!« rief Christie. »Zwölf waren es! Der zwölfte, hier!«

      In höchster Erregung beugte sich Uhlenkort über Christie, ergriff ihre Hände, drückte sie an sein Herz.

      »Christie! Was ist dir? Was willst du sagen? Elf Hidalgos?«

      Die Logentür fiel hinter Tredrup ins Schloß. Uhlenkort merkte es nicht. Christie war schwer atmend in den Sessel zurückgesunken.

      »Laß uns gehen, Christie! Ich weiß nicht, was dich so erregte. Doch wo ist Tredrup? Was habt ihr gesehen? Die Tänzerin? Kennt ihr sie?«

      Christie schüttelte den Kopf.

      »Ich kenne sie nicht, kenne nur den Schmuck, den sie trägt. Den Schmuck, den der stahl, der meinen Vater ermordete. Elf Hidalgos! Der zwölfte blieb in des Vaters Hand. Als Amulett trug ich ihn seit jenem Tag bis heute.«

      Mit müder Bewegung erhob sie sich, legte ihren Arm in den Uhlenkorts. »Laß uns gehen!«

      Im selben Augenblick, als sie aus der Loge traten, fiel auch auf der anderen Seite eine Logentür ins Schloß. Eine hoch gewachsene Männergestalt, eine leichte Seidenhalbmaske vor dem Gesicht, trat aus der Loge in den Umgang, ging die Treppe hinab zum Saal. Mit Mühe bahnte er sich einen Weg durch das Gedränge in den Raum, wo die Paare sich bewegten. Sein Auge suchte die Mexikanerin. Da tanzte sie am anderen Ende des Saales eben im Arm eines neuen Partners, eines einfachen Dominos. Er drängte sich in die vordersten Reihen, wo das Paar an ihm vorbeikommen mußte.

      Da sah er die Tänzerin zusammenzucken, das Paar stehen bleiben, im Gewühl der Zuschauer verschwinden. Rücksichtslos bahnte er sich ungeachtet der empörten Zurufe links und rechts einen Weg durch die Menge. Das Paar schien verschwunden zu sein. Er stürzte durch eine der Pforten, die in die Nebensäle führten. Da sah er das Paar am anderen Ende im Ausgang verschwinden. Jagend, fast stürzend, eilte er hinter ihm her. Immer wieder sperrten ihm die Massen den Weg. Die Tür zum Park war der letzte Ausgang des Raumes. Er stürzte hinaus. Vor ihm schritt das Paar, der Domino, die Mexikanerin. Mit ein paar Sprüngen war er neben ihnen.

      »Juanita!«

      Die beiden standen still, wandten sich um. Der Domino riß die Maske vom Gesicht.

      »Wer ruft?«

      Da erkannte er in der hohen, schlanken Gestalt seinen Feind. Sein furchtbarer Faustschlag traf den anderen ins Gesicht. Der Getroffene taumelte zurück, seine Maske flog hinunter.

      Die Mexikanerin schrie laut auf: »Klaus, was tust du?«

      Klaus Tredrup stand mit geballten Fäusten wie in Erwartung, daß der andere sich zur Wehr setzte.

      »Schuft, du! Guy Rouse, komm her!« Er schüttelte den Frauenarm von sich ab. »Heute gibt’s Abrechnung zwischen uns beiden! Schuft du, Schurke!«

      Die hagere Gestalt vor ihm drehte sich leicht zur Seite. Die Hand fuhr zur Tasche.

      »Guy!« Juanita wollte sich zwischen die beiden stürzen. »Erst mich!

      Dann ihn!«

      Da klang die schneidende Stimme Tredrups: »Wo ist der zwölfte Hidalgo, du Mörder?«

      Rouse taumelte zurück. Es klirrte etwas am Boden, seine Hand fuhr zum Gesicht. Einen Augenblick stand er, die lange, hagere Gestalt zusammengekrümmt, das Gesicht abgewendet, als sähe er eine Vision.

      Dann


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