Der Mann, der gerne Frauen küsste. William Boyd
kommt jetzt der Gedanke, dass wir alle, die wir Ähnliches erleiden, in Wirklichkeit auf ähnliche Weise heimgesucht werden, dass wir alle Opfer der Kilmaron-Wellen sind, die uns aus der Vergangenheit ereilen … Der Tod eines Menschen hat viele Auswirkungen und berührt uns in unmittelbarer Weise – Verlust, Trauer, Leid. Aber was, wenn die Auswirkungen darüber hinausgehen? Was, wenn die Turbulenz, die der plötzliche Abbruch eines Lebens erzeugt, andere Formen der Bewegung gebiert, andere Turbulenzen? … So wie sich das Wasser im Kanal an die Bewegungen des Lastkahns »erinnert«, erinnert sich vielleicht die Welt und die Zeit an die Turbulenzen im Leben gewisser Menschen. Und ich frage mich, wie viele Menschen Wallace Kilmaron seit 1840 geschädigt oder zerstört und damit ähnliche Ablehnung und ähnliche Missverständnisse provoziert hat, bis die Welle durch einen verrückten Zufall ausgerechnet über mich hereinbrach, und auch ich bin Ingenieur …
Wenn ich betrachte, was ich hier niedergeschrieben habe, wird mir klar, dass es als weiteres Indiz für mein Problem dienen könnte, für meine spezielle Art von Wahnsinn. Stella hielt es ganz offensichtlich für eine letzte, verzweifelte Lüge meinerseits, eine alberne Selbsttäuschung, um meine chronische Untreue und die damit verbundenen Verletzungen zu rechtfertigen. Aber ich spüre eine greifbare Veränderung in mir, während ich hier an der Atlantikküste sitze. Ich fühle mich ruhig, ich spüre, dass ich zu einer gewissen Erkenntnis gelangt bin. Die Kilmaron-Welle pflanzt sich fort – ohne Veränderung ihrer Form oder Verringerung ihrer Geschwindigkeit. Wie hatte es Auchinleck formuliert? ›Selbst das Denken ist ein Wellenphänomen.‹ Wenn die Wellenbewegung die Welt der subatomaren Teilchen beherrscht, warum nicht auch unser Leben? Oder das der Generationen über die Zeiten hinweg? Könnte dies, so frage ich mich, die Quelle aller unserer Heimsuchungen sein?
Bei unbarmherzig brennender Sonne sitze ich hier und schlürfe langsam mein Bier, schaue auf die grünen Wellen des Atlantiks, die in endloser Folge heranrollen. Die Frau, die diese Bar betreibt, spielt brasilianische Rockmusik. Sie hat eine schmächtige, aber muskulöse Figur und trägt ein blassblaues T-Shirt, das eng genug ist, um ihre kleinen BH-losen Brüste genau zu modellieren. Ihr Haar ist blond gefärbt. Sie lächelt zu mir herüber, hält die nächste betaute Bierflasche hoch. Ich schüttele den Kopf. Ich registriere all diese Einzelheiten, aber ich spüre nichts mehr. Das Bier, das ich trinke, hat die ideale Temperatur. Vom Ozean weht eine schwache Brise herüber. Und ich frage mich, ob ich endlich von Wallace Kilmaron befreit bin.«
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