Schöner Tod. Astrid Keim
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Astrid Keim
Schöner Tod
Ein Frankfurt-Krimi
Keim, Astrid: Schöner Tod. Frankfurt-Krimi. Hamburg, edition krimi 2020
1. Auflage 2020
Das Original ist 2019 im Größenwahn Verlag erschienen.
ISBN: 978-3-946734-98-7
Dieses Buch ist auch als eBook erhältlich und kann über den Handel oder den Verlag bezogen werden.
ePub-eBook: ISBN 978-3-946734-99-4
Lektorat: Klaus Sellge, Nina Ziegler
Umschlaggestaltung: © Annelie Lamers, Hamburg
Umschlagmotiv: © Martin O’Sigma
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.
Die edition krimi ist ein Imprint der Bedey Media GmbH,
Hermannstal 119k, 22119 Hamburg.
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© edition krimi, Hamburg 2020
Alle Rechte vorbehalten.
https://www.edition-krimi.de
Gedruckt in Deutschland
Contents
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22 Die Autorin
Landmarks
1 Cover
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Laura steht auf dem Balkon und atmet tief ein. Es riecht nach Frühling. Zum ersten Mal in diesem Jahr ist eine Ahnung von aufspringenden Knospen und zwitschernden Vögeln zu spüren. Vor wenigen Tagen erst hat der strenge Frost nachgelassen, der den Februar fest im Griff hatte und selbst den Schneeglöckchen ihre Lust am Blühen verdarb. Dann sind mit dem Regen mildere Temperaturen gekommen, und heute ist der Himmel fast klar. Sie hatte überlegt, wärmere Regionen aufzusuchen, doch das wäre ihre erste Reise ohne Christoph gewesen, und dem fühlt sie sich noch nicht gewachsen. Christoph ist nun etwas über ein Jahr tot und die Verzweiflung der Trauer gewichen. Aber ohne ihn, mit dem sie so viele Reisen, so viele sonnige Tage erlebt hat, wäre sie nicht glücklich gewesen, denn zum Glück braucht man jemanden, mit dem man es teilen kann.
Die Kälte hat sie bisher abgehalten, sein Grab auf dem Hauptfriedhof zu besuchen, aber heute wird das Versäumte nachgeholt, dieser Entschluss stand schon beim Aufstehen fest. Heute wird das Fahrrad aus dem Keller getragen, in dem es fast vier Monate stand, es ist an der Zeit, das zwar ziemlich verrostete, aber heiß geliebte Vehikel ans Tageslicht zu bringen. Sie wirft einen Blick auf das Thermometer: 10 Grad. Da könnte man vielleicht schon zur Übergangsjacke greifen? Nein, besser nicht auf Daunenjacke und gefütterte Stiefel verzichten. In ihrem Alter ist warme Kleidung angesagt, sonst droht womöglich eine Blasenentzündung, wenn nicht Schlimmeres.
Wie war das in ihrer Jugend? Lief sie da nicht auch bei strengster Kälte mit knapper Lederjacke durch die Gegend, die bei jeder Bewegung bloße Haut enthüllte? Auszuschließen ist das nicht, denn die Lederjacke war Pflicht in den frühen Siebzigern, schon um die Eltern zu ärgern, die solch ein Ding mit den schlimmsten Befürchtungen für den Werdegang ihrer Brut verknüpften. Genauso wenig Beifall fand der Minirock, dessen Länge der Breite des Gürtels entsprach. Für so etwas jobbte Laura seit ihrem sechzehnten Lebensjahr wochenlang in den großen Ferien, da ihre Erzeuger absolut nicht willens waren, Geld für derartigen Firlefanz herauszurücken, der so gar nicht ins konservative Weltbild passen wollte. Auch die Freude über den Fleiß der Tochter hielt sich in Grenzen, da er zu solchen Resultaten führte.
Mit Mühe gelingt es ihr, das Fahrrad die steilen Stufen hochzutragen. Letztes Jahr ging das noch besser, die Gelenke sind auch nicht mehr das, was sie früher mal waren. Es wird Zeit, sich mehr zu bewegen. Vor allem, dass es warm wird, dann geht es hoffentlich wieder bergauf.
Bergauf geht es aber zunächst am Holzhausenpark vorbei zur Eckenheimer. Keine große Steigung, aber sie zieht sich. Das Tor des Alten Portals ist ins Schloss gefallen, darum muss sie absteigen. Das ist Absicht, vermutet sie, um den Radfahrern das Hineinkommen zu erschweren, denn der große Hinweis »Radfahren verboten« wird von vielen ignoriert. Auch von ihr. Sie hat für sich beschlossen, dass damit nur die Mountainbiker gemeint sein können, die sonst querfeldein durch die Gräberreihen pflügen würden. Schritttempo dagegen gefährdet niemand und macht kaum einen Unterschied zum Laufen, erleichtert aber das Vorwärtskommen ungemein. Schließlich sind 65 Jahre kein Pappenstiel. Natürlich ist man noch nicht wirklich alt, Gott bewahre, aber kleine Einschränkungen sind nicht wegzuleugnen.
Sie bleibt vor Christophs Urnengrab stehen, einer Doppelnische in der Mauer, die einst auch ihre Asche aufnehmen wird, und betrachtet sein Foto. Er lächelt sie an, braungebrannt,