Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

Deutsche Geschichte - Ricarda Huch


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Bund mit Zü­rich ging bald wie­der aus­ein­an­der, weil die Po­li­tik der Reichs­städ­te in die­ser Sa­che mehr­fach wech­sel­te. Die Män­ner am See da­ge­gen hiel­ten an ih­rem Grund­ge­dan­ken fest, dem un­zer­brech­li­chen Zau­ber­ring, den sie um sich ge­schlos­sen hat­ten und wenn es nütz­lich schi­en und mög­lich war, ein we­nig, nicht zu viel er­wei­ter­ten. Dass die Ver­bin­dung ge­gen Habs­burg zu­nächst eine Nie­der­la­ge er­litt, focht sie nicht an. Die Schwy­zer mach­ten da­mals ein wich­ti­ges Ge­setz im Sin­ne der Frei­heit: sie ver­bo­ten jede Über­tra­gung von Grund­be­sitz an Land­frem­de und Klös­ter und be­stimm­ten, dass kirch­li­ches und grund­herr­li­ches Gut im Lan­de steu­er­pflich­tig sei. Üb­ri­gens fuh­ren sie fort, die Kai­ser­kämp­fe aus­zunüt­zen. Adolf von Nas­sau­en, Feind der Habs­bur­ger, be­stä­tig­te wil­lig den Ur­nern und Schwy­zern ihre Frei­heits­brie­fe. Mit Al­brecht, dem Soh­ne Ru­dolfs, er­neu­er­te sich die Ge­fahr, bis ein frü­her, ge­walt­sa­mer Tod sie ver­scheuch­te. Hein­rich VII. be­stä­tig­te nicht nur den Ur­nern und Schwy­zern, die sich ihm vor­stell­ten, als er im Jah­re 1309 sich in Kon­stanz auf­hielt, ihre von den frü­he­ren Kai­sern aus­ge­stell­ten Pri­vi­le­gi­en, son­dern auch den Un­ter­wald­nern, die sol­che gar nicht be­sa­ßen, so­dass nun die drei Wald­stät­te sich über ihre Reich­sun­mit­tel­bar­keit aus­wei­sen konn­ten. Die Söh­ne des er­mor­de­ten Habs­bur­gers be­ru­hig­ten sich da­bei nicht; nach­dem sie sich mit dem Kai­ser ver­söhnt hat­ten, hielt Leo­pold ihm vor, dass die den Wald­stät­ten er­teil­ten Rech­te ge­wis­sen Rech­ten ih­rer Dy­nas­tie wi­der­sprä­chen, und er­lang­te von Hein­rich das Ver­spre­chen, er wer­de die Habs­bur­ger Herr­schafts­an­sprü­che un­ter­su­chen las­sen und dann die Ent­schei­dung tref­fen. Das war im Jah­re 1311, als er vor Bre­s­cia lag. Zwei Jah­re spä­ter räum­te wie­der der Tod die den Wald­stät­ten dro­hen­de Ge­fahr hin­weg: der noch jun­ge Kai­ser starb. Die dar­auf er­fol­gen­de dop­pel­te Kö­nigs­wahl war für die Wald­stät­te ein glück­li­cher Um­stand, denn Lud­wig der Bayer such­te na­tür­lich alle Geg­ner Habs­burgs an sich zu fes­seln und lud sie selbst ein, sich ihm an­zu­schlie­ßen, hob auch die Reichs­acht auf, der die Schwy­zer we­gen ih­rer ge­gen das Klos­ter Ein­sie­deln ver­üb­ten Übel­ta­ten ver­fal­len wa­ren. So wa­ren die klei­nen Län­der in die große Zwie­tracht hin­ein­ge­ris­sen, die das Reich zer­teil­te, die nur mit den Waf­fen aus­ge­foch­ten wer­den konn­te. Her­zog Leo­pold be­schloss, die Wald­stät­te, re­bel­li­sche Bau­ern, end­gül­tig sei­nem Hau­se wie­der zu un­ter­wer­fen. Es war nicht an­zu­neh­men, dass die un­be­deu­ten­den Tä­ler dem ös­ter­rei­chi­schen Her­zog, wenn er ein­mal sei­ne Kräf­te sam­mel­te, wi­der­ste­hen könn­ten. Etwa 20 000 Mann brach­te er zu­sam­men, lau­ter in den Waf­fen ge­üb­te Rit­ter, ös­ter­rei­chi­sche Le­hens- und Dienst­leu­te, haupt­säch­lich aus den schwä­bi­schen Lan­den. Wäh­rend der Her­zog die­se ge­gen Schwyz füh­ren woll­te, lei­te­te Graf Otto von Straß­berg, Leo­polds Stell­ver­tre­ter in den bur­gun­di­schen Ge­gen­den, ein zwei­tes Heer über den Brü­nig ge­gen Un­ter­wal­den. Hil­fe hat­ten die Län­der kei­ne; Zü­rich hielt zu Ös­ter­reich, mit Bern be­stand noch kei­ne Ver­bin­dung, Lu­zern war durch die ös­ter­rei­chi­sche Herr­schaft ge­bun­den. Von den Ur­nern in­des­sen kam Zu­zug nach Schwyz, denn man wuss­te dort, dass der Her­zog beim Eng­paß von Mor­gar­ten, als dem ein­zig un­be­schütz­ten Punkt, ein­zu­fal­len be­ab­sich­tig­te. Dort war­te­ten die Bau­ern und schleu­der­ten auf die An­grei­fer, die mit ei­nem leich­ten Sieg rech­ne­ten, Fels­blö­cke her­un­ter. Die ent­setz­ten Rit­ter, die zu­rück­wei­chen woll­ten, drück­ten auf die noch nichts ah­nen­den nach­rücken­den, und ein furcht­ba­res Ge­drän­ge ent­stand; die nicht vom Fein­de ver­nich­tet wur­den, er­tran­ken in dem See, der die Flucht ver­sperr­te. Der Chro­nist ver­glich sie mit Fi­schen, die in ei­nem Fang­garn ge­fan­gen wer­den. Es war der 15. No­vem­ber des Jah­res 1315, als die­se er­staun­li­che Schlacht statt­fand, mehr eine Ka­ta­stro­phe als eine Schlacht. Die Kun­de da­von ver­brei­te­te sol­chen Schre­cken, dass Graf Otto von Straß­berg für bes­ser fand, mit sei­nem Heer um­zu­keh­ren, und so has­tig flüch­te­te, dass er sich eine Ver­let­zung zu­zog, an der er starb. In den drei Län­dern schlu­gen die Her­zen hoch. In Strö­men war das Blut der Rit­ter ge­flos­sen, das ihre hat­ten sie ge­spart für die Zu­kunft. Am 9. De­zem­ber er­neu­er­ten sie bei Brun­nen ih­ren Ewi­gen Bund. Er war dies­mal in deut­scher Spra­che ver­fasst und nann­te Ös­ter­reich als den Feind, ge­gen den er sich rich­te­te. Auf­recht stan­den sie da als be­währ­te Kämp­fer und Sie­ger, ge­sät­tigt mit Ruhm und Ehren. Lud­wig der Bayer lob­te ihre Treue und be­schenk­te sie mit Gna­den, in­dem er, au­ßer dass er ihre Reich­sun­mit­tel­bar­keit be­stä­tig­te, den Habs­bur­gern die Rech­te ab­er­kann­te, die sie an den Wald­stät­ten zu ha­ben be­haup­te­ten. Zwei Jah­re nach der Schlacht wur­de der Lan­dam­mann von Uri zum Reichs­vogt von Ur­se­ren und Li­vi­nen und da­mit zum Auf­se­her über den Gott­hard­ver­kehr er­nannt. So wa­ren denn die Wald­stät­te dicht an den Berg hin­an­ge­rückt, der ih­res Schick­sals Herr war; sie hat­ten, das fühl­ten sie, an sei­ne Fel­sen an­ge­klam­mert einen fes­ten Stand, den mensch­li­che Kraft nicht er­schüt­tern konn­te. Nun führ­ten sie all­mäh­lich auch die ur­tüm­li­che Ger­ma­nen­frei­heit wie­der ein, die ih­rem Sinn ent­sprach. Es hat­te un­ter ih­nen einen Adel ge­ge­ben, der sich nicht recht­lich über den Frei­en er­hob, dem nur so viel Ehr­er­bie­tung und Ge­hor­sam ge­zollt wur­de, wie per­sön­li­cher Tüch­tig­keit frei­wil­lig ge­währt wur­de. Den Le­hens- oder Dienst-Adel, der jetzt herrsch­te, mach­ten sei­ne An­sprü­che und Über­grif­fe ver­hasst; weil sie kei­ne Ge­schlech­ter auf­kom­men las­sen woll­ten, die den frei­en Bau­ern un­ter­drück­ten, ver­trie­ben sie die ad­li­gen Fa­mi­li­en, die un­ter ih­nen hei­misch wa­ren. Den Herr­schaf­ten, die Rech­te in Uri hat­ten, wur­den die­se ab­ge­kauft. In Un­ter­wal­den wur­den ein­zel­ne Fa­mi­li­en, die Le­hen von Ös­ter­reich hat­ten, un­fä­hig zur Be­klei­dung öf­fent­li­cher Äm­ter er­klärt. We­der soll­ten Knech­te noch soll­ten Edel­leu­te der en­gen Ver­bun­den­heit al­ler zu glei­cher Treue zur Hei­mat und Op­fer­be­reit­schaft für die Frei­heit eine Hem­mung sein.

      Dem de­mo­kra­ti­schen Ge­dan­ken fiel in Uri die Fa­mi­lie von At­ting­hau­sen zum Op­fer, der, wie man an­nimmt, vor­züg­lich der groß­ar­ti­ge Auf­schwung der eid­ge­nös­si­schen Po­li­tik zu dan­ken war. Im Jah­re 1358 wur­de Hans von At­ting­hau­sen, nach­dem er jahr­zehn­te­lang die Ge­schi­cke des Lan­des er­folg­reich ge­lei­tet, sein Bünd­nis mit den Städ­ten be­för­dert hat­te, durch einen Auf­stand ver­trie­ben. Sei­ne Burg in der Nähe von Alt­dorf, de­ren Trüm­mer noch vor­han­den sind, wur­de zer­stört. Ruhm und Er­folg hat­ten das Ge­schlecht hö­her ge­tra­gen, als für den de­mo­kra­ti­schen Ge­dan­ken zu­läs­sig war. Es war der füh­ren­de Stern, der, wäh­rend das Volk, dem er in dunk­ler Zeit lan­ge ge­leuch­tet hat, si­che­ren Gan­ges in die Zu­kunft schrei­tet, tra­gi­schem Un­ter­gang ver­fällt. Man weiß nicht, wie und wo der letz­te At­ting­hau­sen ge­stor­ben ist.

      Von dem durch die Schlacht am Mor­gar­ten ge­won­ne­nen Stand­punkt aus er­wei­ter­ten die Län­der ih­ren Ring, in­dem sie Bünd­nis­se mit Lu­zern, mit Zü­rich und Bern schlos­sen, das bäu­er­li­che Miss­trau­en ge­gen die Städ­te zu­rück­stel­lend. Sie un­ter­stütz­ten Bern, das sich ge­gen die Bi­schö­fe von Lau­san­ne und Ba­sel, ge­gen die Gra­fen von Ki­burg und an­de­re Dy­nas­ten weh­ren muss­te, und hat­ten An­teil an der Schlacht bei Lau­pen, durch


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