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noch danken, ihm, meinem Helfer und meinem Gott.« Manchmal musste ich meine schlaffe Seele auch ein wenig »puschen«, sagt Ihr, glaube ich: »Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.«8 Ich verstehe wirklich nicht, warum Ihr nicht viel weiter seid als wir damals. Ihr habt doch den Heiligen Geist im Übermaß!
Paulus und ich verweilten heute Morgen auf einer Sandbank am großen Strom. Er floss still dahin, die Strömung war kaum zu erkennen und doch war alles in Bewegung. Seine randvolle Ruhe, sein stetes Strömen lockte mich, einfach hineinzusteigen und mich vom Strom des Lebens tragen und treiben zu lassen. Aber es war noch nicht Zeit, unser Gespräch abzuschließen: »Die leben zuwenig vom Geist her«, sagte er mir und räkelte sich im Sand. »Da habe ich doch damals im Brief an die Thessalonicher geschrieben: ›Der Gott des Friedens selbst aber heilige Eech durch und durch, und unversehrt möge euer Geist und Seele und Leib bewahrt werden‹9. Die sind so seelengesteuert.«
Reinhold, in Euch übernimmt der Geist, der ja die Plattform des Heiligen Geistes ist, zu wenig die Führung! Dann nimmt die Seele das Heft in die Hand, oder gar der Leib mit seinen Lust- und Unlustimpulsen. Wenn Du also das nächste Mal ungestillt bist, setz Dich hin. Lass den Heiligen Geist zu Deinem Geist sprechen: »Du bist mein geliebter Sohn.« Nimm von Deinem Geist her Deine aufgewühlte, aufgebrachte, entmutigte Seele ein wenig in die Arme. Drücke sie an Dich. Sprich ihr gut zu. Befrage sie auch. Ich denke, dabei können Dir auch meine Lieder helfen. Ich habe darin manchmal mit meiner Seele einen sehr weiten Weg zurückgelegt. Gott bzw. mein Geist holte die Seele zum Beispiel bei Rachegedanken ab und führte sie bis hin zum Lobpreis. Ich muss Dir ein andermal mehr darüber berichten. Übrigens, wie Du Deinen Geist stärken kannst, verrate ich Dir das nächste Mal. Ich muss schließen, Paulus holt mich ab zu einem Bummel in die goldene Stadt.
Mit lieben Grüßen Dein David
P. S.: Der Zusammenstoß mit Deiner Frau tut mir echt leid. Sie scheint sich zu verändern und abzugrenzen. Wie schätzt Du die Bausubstanz Eures Ehehauses ein?
Lieber David,
Du fragst, wie es um unsere Beziehung stehe. Wir haben es im Großen und Ganzen gut zusammen. Wenn meine Frau noch ein bisschen zufriedener wäre, ginge es uns sogar blendend. Seit ich den Job gewechselt habe, fordert mich der Beruf extrem; leider bekomme ich von zu Hause her Null Unterstützung. Im Gegenteil: Immer, wenn ich mich vom Abendessen abmelde, weil wir noch eine Nachtschicht einlegen, kriege ich an Stelle eines guten Wortes für den Sondereinsatz noch eins obendrauf. Gerade letzte Woche hatte meine Frau am Telefon einen solchen Ausbruch; sie schrie in den Hörer: »Es scheißt mich langsam an, es ist in dieser Woche schon das dritte Mal, dass du nicht zum Abendessen kommst!«, und legte dann auf.
Sie meint, die ganze Verantwortung für die Familie liege allein auf ihren Schultern. Das ist mitnichten so. Erstens finanziere ich das ganze Unternehmen. Zweitens trage ich auch praktisch meinen Teil bei. Wenn ich abends nach Hause komme, gebe ich meine Anweisungen. Meist geht es um Ordnung im und ums Haus, um die Hausaufgaben der Kinder. Manchmal helfe ich beim Zeitmanagement und frage dann, wann es endlich zu essen gebe. Ich möchte doch einfach, dass wenigstens das Geschäft zu Hause rund läuft. Nach einem zwölfstündigen Arbeitstag darf ich doch sicher erwarten, dass wenigstens das bisschen Haushalt einigermaßen gut erledigt ist.
In letzter Zeit kommt es gehäuft zu Unstimmigkeiten, wenn ich heimkehre. Meine Frau sagt dann immer, dass es bis zu meiner Heimkehr sehr gut gegangen sei: »Du bringst eine solche Unruhe mit nach Hause; du forderst und nörgelst oder dann hört man gar nichts von dir, weil du hinter der Zeitung verschwunden bist.« Dabei will ich mit meinen Anweisungen nur helfen, ein bisschen Ordnung in den Laden zu bringen. Es ist eben meine Begabung, zu sehen, was noch nicht gut ist. Anfangs hat das meine Frau sogar geschätzt. Jetzt meint sie, ich sei das Problem, dabei müsste nur sie ihren Laden besser im Griff haben.
Du siehst, uns geht es eigentlich ganz gut, wir haben uns nur ein bisschen auseinander gelebt. Schwieriger ist es vor allem darum geworden, weil meine Frau an drei Nachmittagen wieder in ihrem alten Beruf arbeitet. Sie überfordert sich dabei permanent. Auch haben ihre neuen Freundinnen im Literaturzirkel nicht den besten Einfluss auf sie. Aber wir funktionieren eigentlich sehr gut. Die Kinder merken gar nichts. (Mir fällt zwar ein, dass sie näher zu meiner Frau gerückt sind und mein Platz in der Familie immer mehr an den Rand gedrängt wird; aber das hat mit meiner Arbeitszeit zu tun!). Unser Sexualleben ist ein wenig eingeschlafen, da hatten wir früher mehr drauf.
Das mit dem Geist hat mich sehr interessiert. Ich merke, wenn Du von Geist sprichst, meinst Du nicht den Intellekt (im Sinne von: »Sie hat einen wachen Geist«). Haben wir da ein sprachliches Problem? Geist verbinden wir meist mit Denken (»Geisteswissenschaften«). Mir kommt es so vor, als ob Du mit dem Ausdruck Geist einen Teil in uns bezeichnest, der Gott zugewandt ist, sozusagen ein inneres Hör- oder Sehorgan für die göttliche Dimension. Weißt Du, wie ich mir das bildlich vorstelle? Ich stelle mir den Geist wie eine Satellitenschüssel vor, die an unserem Lebenshaus befestigt ist und die Gottes Geistimpulse aufzufangen vermag. Würde mich noch interessieren, wie Paulus darüber denkt. Habe gerade bei ihm gelesen: »Sein Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.«10 Das würde ja bedeuten, dass es eine Art Kommunikationsplattform gibt zwischen dem Geist Gottes und unserem Geist.
Du schriebst in Deinem letzten Brief, dass Du mich darüber aufklären möchtest, wie wir unseren Geist stärken können. Du hast ja in Deinen Liedern vorgeführt, wie unser Geist die Seele wie an die Hand nehmen und sie einen Weg führen kann. Ich habe übrigens noch eine solche Stelle in einem Deiner Gebete entdeckt, wo Du mit Deinem Geist Deiner Seele gut zuredest: »So sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der Herr tut dir Gutes.«11 Das ist doch auch so ein Ausspruch, in dem es um die Seelsorge an der eigenen Seele geht. Praktizierst Du das eigentlich immer noch? Und eben, wie stärken wir unseren Geist?
Ich schätze den Briefwechsel mit Dir. Ich habe ja mal zwei Semester Theologie studiert, bevor ich Betriebswirtschaft belegte. Geistliche Fragestellungen interessieren mich aber immer noch. Manche sagen mir auch, ich solle doch in unserer Kirchengemeinde mehr Verantwortung übernehmen, einen Hauskreis leiten oder im Gottesdienst mitwirken. Mir fehlt dazu die Zeit. Weißt du, David, Markt und Markenbildung sind meine Leidenschaft. Dabei bin ich zwar auch schöpferisch tätig, aber mein Geist bekommt so nur wenig oder gar keine Nahrung. Er ist in den letzten Jahren sogar »geschrumpft« und damit ist auch meine Seele verkümmert. Ich bin in den letzten beiden Jahren irgendwie stumpfer geworden, oberflächlicher, weniger aufmerksam; doch das könnte auch eine Folge des dauernden Gekeifes meiner Frau sein.
Mit herzlichen Grüßen
Dein Reinhold
Lieber Reinhold,
nein, bei uns in der Ewigkeit braucht es keine Seelsorge. Damit also auch nicht eine an der eigenen Seele. Gott erfüllt bei uns alles mit seiner Gegenwart. Es gibt bei uns keine Tränen, kein Geschrei, keinen Schmerz12. Ich kann mir nicht einmal mehr vorstellen, was Zahnweh ist oder ein Ehekrach.
Damals, als ich vor der Lade tanzte13, hatte ich für einen Moment einen Vorgeschmack davon, was es heißt, in der Gegenwart Gottes zu leben. Ich war so durch und durch glücklich. Gott zog in unsere Stadt ein. Ich war ganz in Gott verliebt. Im Nachhinein kann ich sogar die Reaktion meiner Frau Michal einordnen. Sie war am Königshof erzogen worden, wusste genau, was sich schickte, und fühlte sich dadurch gedemütigt, dass ich kulturloser Bauerntrampel halbnackt meiner Freude an Gott Ausdruck gab.
Habe darüber mit Paulus gesprochen. Für das damalige Verhalten meiner Frau hat er überhaupt kein Verständnis. Als »Single« – nennt Ihr das nicht so? – hat er ja auch keine Chance, Verständnis für die Komplexität einer Frau zu entwickeln. »Du handeltest damals goldrichtig«, sagte er zu mir, »›man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen‹. Das hat mir einmal ein guter Freund beigebracht, obschon er es in seinem Leben nicht immer konsequent durchgezogen hat.«14 Paulus hat mir sogar dazu gratuliert, dass ich beim Tanzen den himmlischen König wichtiger nahm als mich selbst und die höfische Etikette. Übrigens hat mir mein Schwiegervater Michal dann