Seewölfe - Piraten der Weltmeere 693. Jan J. Moreno

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 693 - Jan J. Moreno


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      Impressum

      © 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-96688-115-9

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Jan J. Moreno

       Rache

       Sie töten lautlos

      Die portugiesische Karavelle „Cabo Mondego“ sank schnell.

      Die tobende Feuersbrunst hatte die achtere Pulverkammer erreicht, und das Heck war von einer gewaltigen Explosion aufgerissen worden. Kurze Zeit später kündeten nur noch aufschwimmende Wrackteile vom Schicksal des Schiffes.

       Schwerer Qualm hatte sich wie ein riesiger Pilz über der nördlich von Madras liegenden Bucht ausgebreitet – ein weithin sichtbares Mahnmal, das die von Bord geflohenen Portugiesen von der Rückkehr abhielt. Gegen die Soldaten des Sultans von Golkonda hatten sie keine Chance. Wenn sie überleben wollten, mußten sie dem Dschungel Südostindiens trotzen. Jede Stunde, die sie länger der dampfenden grünen Hölle widerstanden, ließ ihren Ruf nach Rache wachsen …

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Die Hauptpersonen des Romans:

      Luis de Xira – nachdem seine „Cabo Mondego“ versenkt wurde, hat er nur noch einen Wunsch – den der Rache.

      Drawida Shastri – der falsche Sultan ist für üble Tricks immer gut, außerdem sinnt auch er auf Rache.

      Waruna Tschittanga – weiht sein Leben den Göttern, nachdem ein Blitzlicht seine Augen geblendet hat.

      Bill – verliebt sich in Warunas Schwester Sumangalã und muß erkennen, daß sie aus zweierlei Welten stammen.

      Philip Hasard Killigrew – hat seiner Crew Ruhe und Entspannung verordnet, ohne zu ahnen, was auf sie alle zukommt.

       1.

      Der Ruf des Morgenvogels weckte ihn. Eine Weile lag der junge Khande Rao noch mit geschlossenen Augen auf seinem Lager aus Stroh und lauschte dem melodischen Gesang, bevor er sich erhob und zum Fenster ging. Der Tag war noch jung, die ersten Sonnenstrahlen stiegen soeben jenseits des Dschungels empor.

      Dunkel und geheimnisvoll toste der Fluß durch das enge Tal. Er stürzte nur einen kurzen Fußmarsch entfernt in schäumenden Kaskaden über glattgeschliffene Felsen in die Tiefe. Sobald die Sonne in voller Größe über dem Wald stand, würde der Fluß zu einem gleißenden Lichtermeer werden.

      Khande Rao stand lange regungslos am Fenster und genoß die kühle, reine Morgenluft. Er sah zu, wie die Dämmerung die Schatten der Nacht verdrängte und die Helligkeit des Tages schließlich Sieger blieb. Aber er wußte auch, daß die Nacht wiederkehren würde. Er hatte gelernt, daß dieser stete Wechsel wie der wohl immerwährende Kampf zwischen Gut und Böse war, zwischen Göttern und Dämonen.

      Das Geräusch leiser, schlurfender Schritte schreckte ihn aus seinen Überlegungen. Der alte Raghubir schritt den steinigen Weg vom Ufer herauf, um seine prächtig gedeihenden Blumen zu gießen. Sie verliehen den Terrassen entlang der Böschung einen Hauch unvergänglicher Schönheit.

      Khande bewunderte den alten Brahmanen, den schon der Vater seines Vaters gekannt hatte. Der weißhaarige Raghubir schleppte einen prall gefüllten Wasserschlauch, ein Gewicht, das sogar jüngere Männer in die Knie gezwungen hätte.

      Als er das Wasser versprüht hatte und wieder zum Fluß zurückwollte, hastete ein Mistträger die ausgetretenen, engen Stufen hinauf. Er balancierte zwei Eimer an einer Spange auf der Schulter und schien helfen zu wollen.

      Khande Rao konnte nicht verstehen, was die beiden Männer miteinander sprachen, doch er erkannte, daß der Greis den anderen schroff zurückwies. Der Mistträger indes ließ sich nicht vertreiben.

      Raghubir packte zu und wollte den Diener die Stufen hinunterstoßen, doch der war flink und krallte sich in seinem Gewand fest. Zeternd schlug der Alte um sich.

      Beide gerieten an den Rand der Terrasse, die schmal und hoch war. Der Morgennebel hatte die geschliffenen Steine glitschig werden lassen. Als Raghubir den Mistträger trat, glitt dieser aus und stürzte in die Tiefe, wo er regungslos liegenblieb.

      Der Greis schien selbst erschrocken über sein Tun. Ängstlich blickte er sich um.

      Blitzschnell huschte Khande Rao vom Fenster zurück, weil er nicht entdeckt werden wollte. Sein Vater hatte ihn gelehrt, gütig zu sein, nachgiebig und hilfsbereit. Aber nun hatte er gesehen, wie ein Brahmane die Hand gegen einen Diener erhob, um zu töten.

      Übelkeit stieg in ihm hoch. Er fror plötzlich, und sein Herz pochte wild in der Brust. Trotzdem beugte er sich wieder vor, weil er sehen wollte, was geschah.

      Raghubir war die Stufen hinuntergeeilt. Der Mistträger lag regungslos da, die Beine ausgebreitet und die Arme wie schützend über den Kopf erhoben.

      Khande Rao, in seiner kindlichen Neugier, konnte das Gesicht des Alten deutlich erkennen. Der Greis schwitzte. Die Furcht, entdeckt zu werden, spiegelte sich in seinen Zügen. Ohne länger zu zögern, nahm er den Toten bei den Füßen und zerrte ihn den Hang hinunter bis an das Ufer des reißenden Flusses. Dann holte er die Eimer, legte sie neben den Diener und verschwand zwischen den Bäumen.

      Khande stand wie versteinert. Unfähig, wirklich zu begreifen, starrte er hinunter auf die Terrasse. Er hatte einen Diener sterben sehen, was gewiß nicht weltbewegend war, aber durch die Hand eines Brahmanen, der im Dorf als heiliger Mann galt. Und dieser „Heilige“ schlich wie ein Dieb davon.

      Wie konnte jemand dem Guten das Wort reden und zugleich eine solche Tat begehen?

      Irgend etwas zerbrach in diesem Moment in ihm. Er trat vom Fenster zurück und ließ sich auf seine Schlafstatt sinken.

      Eine flüsternde Stimme redete ihm ein, daß vieles anders war, als er bislang geglaubt hatte. Nicht die Liebe hatte Bestand in dieser Welt – sie war lediglich von kurzer Dauer. Einzig das Böse schien mächtig genug, alles zu überdauern.

      Trotz seiner Jugend gelangte er zu der Erkenntnis, daß es besser sei, über das Geschehene zu schweigen.

      Die Sonne war inzwischen zwei Handbreiten höher gestiegen. Ihre Strahlen tasteten durch den Raum und ließen den Staub flimmern, als von draußen her Geschrei laut wurde.

      „Ein Toter liegt am Fluß!“ vernahm der Knabe.

      Eine


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