Herr Erlings Magd. Karl Friedrich Kurz

Herr Erlings Magd - Karl Friedrich Kurz


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und im Vorratshaus zu tun. Wenn sie an Herrn Erling vorübergingen, knicksten sie und beugten ihre Knie, und wie hübsch sie dabei erröteten.

      Vielleicht hatten sie ein paar Sommersprossen im Gesicht; waren aber sonst überaus zart und lieblich. Herr Erling fragte sich selber, ob diese vier wohl lange zögern würden, wenn man sie nach Kongshaugen gerufen hätte. Weiss der Kuckuck, dachte er, wie eine gewisse Dame auf den närrischen Gedanken verfallen konnte, sich unnötig zu zieren und rar zu machen. Wer sollte klug werden aus dieser Pächterstochter Bertina — aber sie hatte nun einmal ihr dunkles Haar. Und sie hatte ausserdem, Gott verzeihe ihr, so vielerlei andere Seltsamkeiten an sich ...

      „Hei, du Mädchen mit den blonden Zöpfen!“ rief er keck. „Möchtest du wohl meinem Pferd einen Schluck Wasser geben?“

      „Warum denn nicht“, rief Eilifs Tochter und zeigte sich sogleich bereit. Sie wusch zuerst den Eimer am Brunnen und füllte ihn bis zum Rand. Ja, sie wollte es so gut wie nur möglich machen; sie hielt den Eimer zwischen ihren Knien, als Jarl den Kopf senkte. Und während er trank, streichelte sie seinen glatten Hals. „Er ist das schönste Pferd, das ich je gesehen habe“, sagte sie und richtete einen schnellen Blick auf den Reiter. Dann fing sie an bis an den Hals dunkel zu erglühen.

      Zerstreut schaute Herr Erling auf ihren runden feinen Nacken und auf das zierliche Haargekräusel darüber. Dann schüttelte er leise, fast traurig den Kopf und wandte sich zum Pächter zurück: „Fast hätte ich es vergessen, du Eilif ... Ich brauche noch ein paar Arbeiter. Die Stallungen sollen umgebaut werden. Verstehst du dich auf Zementguss und so?“

      „Meiner Seel, daran fehlt es nicht!“ ruft Eilif erfreut.

      „Melde dich morgen bei Magnus.“ Mit der Spitze seiner Reitgerte kitzelte er die Tochter leicht im Nacken, dankte und ritt davon. Die Reitgerte hatte einen goldenen Griff. Wahrlich, das war eine wichtige Begebenheit für Sandnes.

      Und die junge Dame Bertina bildete sich doch gar zuviel ein auf ihre dunklen Reize. „Haha“, lachte Herr Erling. Hat man je zuvor etwas Ähnliches von Hochnäsigkeit erlebt in dieser Gegend? Demnach, meinte Herr Erling, fände sich gar kein realer Grund mehr, stumm und stolz und unbemerkt an Mykja vorüberzureiten. So, wie die Dinge nun einmal lagen, konnte er sehr wohl auf den Tun traben, bis unter die Steintreppe, bis an die Hauswand heran. Ein scharfer Schlag mit der Reitpeitsche gegen die grauverwitterten Planken: „Hallo! Asbjörn — schläfst du?“

      „Ja, beim Hunde, ich schlief ... Ist das nicht Herr Erling selber?“ rief der Pächter und konnte, wie gewöhnlich, das rechte Wort nicht finden.

      Diesmal schielte Herr Erling doch nach den Fenstern empor, über den schwerfälligen Pächter hinweg. Alles vergeblich — kein Gesicht hinter der Gardine. Auf Mykja wollte keine Tochter erscheinen und sich irgendwo etwas zu schaffen machen. Niemand knickste, beugte das Knie und errötete. Hier verlohnte es sich kaum, auf dem feurigen Jarl zu sitzen und mit dem Sattelzeug zu knarren. Trotzdem zog Herr Erling das winzige Büchlein und den Goldstift aus der Westentasche. „Ich reite herum und suche Leute“, sagte er. „Wir haben mit Bauarbeiten begonnen. Komme morgen früh nach Kongshaugen herunter ... Wo hast du deine Tochter?“ fragte er in überflüssiger Strenge. „Ruft man sie nicht Bertina?“

      „Doch — und vielen Dank“, antwortete der Pächter Asbjörn verwirrt. „Also morgen früh? Ich werde zur Stelle sein ... und Bertina heisst sie, das ist sicher ...“ Und dann leuchtet sein Gesicht plötzlich auf; ein Gedanke kommt ihm, er steigt schnell die Steintreppe hinauf und ruft in den dunklen Gang: „Bertina — hörst du, Mädchen? Sogleich komm heraus ...“

      Stille.

      Asbjörn schaut Herrn Erling verständnislos an und murmelt: „Oh, dieses Frauenzimmer ...“ Auf einmal empört er sich, haut mit der Faust auf die Tür: „Bertina ...“

      Im dunklen Hausgang taucht Bertina auf, in kurzem Rock, die Ärmel hoch aufgekrempelt, sie trägt einen Milcheimer in der Hand. In Holzschuhen steht sie da, ohne Strümpfe und ist dennoch von einer seltenen Lieblichkeit.

      Der Pächter Asbjörn, froh, dem Gesichtskreis des Herrn entzogen zu werden, verschwindet eilig im Haus. Und dort oben steht also bescheiden und still Bertina. Wiederum wird es so unbegreiflich, so über alle Massen verwunderlich. Vor diesem schlichten Bauerndirndlein verliert Herr Erling seine Sicherheit, seine Überlegenheit und ist nicht länger der Prinz. „Wie, Bertina?“ fragt er mit hilflosem Lächeln. „Du willst in den Kuhstall? Kannst du denn melken ...?“

      „Ob ich melken kann?“

      „Du, mit deinen seidenfeinen Händen“, murmelt Herr Erling überwältigt.

      Nun lacht Bertina. Ein leises, ein seltsam heimliches Lachen, tief im Halse. „Aber Herr Erling — was glauben Sie denn ...?“

      Er schaut sie immerzu an, wiegt den Kopf und zweifelt. „Ich will dir etwas sagen, Bertina: So, wie du nun dort oben stehst, gleichst du der Prinzessin aus dem Märchen, die sich zu ihrem eigenen Vergnügen als Stallmagd verkleidete. Nein, ich glaube durchaus nicht, dass du melken kannst, ehe ich es mit eigenen Augen sehe. Aber ich glaube, dass du dich vor den Kühen fürchtest. Ja, wahrlich, das glaube ich — zeig mir doch noch einmal deine Hände ...“

      Sie tritt bis an den äussersten Rand der Treppe hinaus; ihre Gesichter sind jetzt auf gleicher Höhe, und sie streckt ihm ihre beiden Hände entgegen. Er beugt sich darüber ... „Mit solchen Händen ...“, sagt er leise, „... es wäre ein Verbrechen ...“

      Dass diese Worte nicht nur eine lockere Schmeichelei sind, sondern dass sie Herrn Erling aus tiefstem Herzen steigen, dieses versteht Bertina wohl irgendwie; und auch sie wird ein wenig unsicher. Sachte zieht sie ihre Hände zurück, bückt sich nach dem Eimer: „Nein, jetzt muss ich gehn ...“

      Grosser Himmel — und dennoch keine Befangenheit, kein Beben, keine aufflackernde Freude — immer nur diese demütige Scheu ... Bertina geht, ohne allzu grosse Hast, die Treppe hinunter, geht über den Hof, der hölzerne Milcheimer in ihrer Hand klappert.

      Und da scheint es fast so, als wolle Gottvater selber dem verliebten Herrn Erling ein Zeichen geben: Der Hofhund, der bis dahin nur auf seinen Hinterläufen gesessen und in der Luft schnupperte, fährt mit scharfem Kläffen auf und springt an Jarl empor; Jarl steigt. Doch Herr Erling ist nicht der Reiter, der so leicht aus dem Sattel fällt, und er ist vor allem nicht geneigt, einen Wink von oben oder von unten zu beachten. Er ist auch nicht der Mann, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Deshalb schwingt er sich zur Erde nieder und schreitet neben Bertina her, das Herz voll übermenschlicher Zärtlichkeit. „Ich habe dich gerufen, Bertina“, sagte er mit heiserer, jäh veränderter Stimme. „Aber du bist nicht gekommen.“

      Langsam dreht Bertina ihm das Gesicht zu, schaut ihm mitten auf die Stirn: „Ich darf nicht ein zweites Mal zu Ihnen kommen.“

      „Du darfst nicht?“ fragt er fassungslos. „Wer sollte es dir wohl verbieten?“

      „Nein, nein — niemand verbietet es ...“, entgegnet Bertina und senkt den Kopf.

      Und nun zaudert er nicht länger, sondern stürmt wild drauflos. „Du darfst nicht länger als Stallmagd auf Mykja herumgehn, Bertina“, sagt er heftig. „Das will ich nicht, verstehst du ...“

      Bei diesem jähen Ausbruch zuckt sie zusammen, schaut ihn fragend an und meint: „Das ist nun mein Los. Und es gefällt mir ganz gut so. Ich liebe die Tiere, und ich liebe die Wälder und die Stille.“

      Die ruhige Entschiedenheit, mit der sie das sagt, die einfache Selbstverständlichkeit, mit der sie ihr Leben hinnimmt, überrascht ihn derart, dass er alle Zurückhaltung vergisst und sich hastig zu ihr hinbeugt: „Fürchte dich nicht, Bertina! Du sollst es gut haben auf Kongshaugen; keine schwere Arbeit ... und schöne Kleider sollst du haben, Schmuck und alles ...“

      Dieses passt nicht für mich“, wehrt sie lächelnd.

      „Ich sage dir doch, du bist viel zu gut für Mykja ...“

      „Nein, nein — ich will nicht nach Kongshaugen.“

      In grenzenloser Verwunderung dreht Herr Erling


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