Seewölfe - Piraten der Weltmeere 673. Fred McMason
Impressum
© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-087-9
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Fred McMason
Falsche Freunde
Der Seewolf bietet seine Hilfe an – doch die hochnäsigen Lords bedanken sich mit Kanonenschüssen
Die Wolke an der nördlichen Kimm hing wie der Pesthauch des Todes über Wasser und Land. Sie glich einer wabernden Nebelbank, die der stetig wehende Südwest-Monsun nur langsam zerfaserte.
Es waren die letzten Boten des Untergangs und der Vernichtung etlicher portugiesischer Schiffe, die einem Branderanschlag der Arwenacks zum Opfer gefallen waren. Damit hatten sich die Seewölfe einen übermächtigen Gegner vom Hals geschafft und auch die englische Kriegsgaleone „Respectable“ vor der Vernichtung gerettet.
Die überheblichen Lords hatten jedoch keine Lehre aus der Bedrohung gezogen, wie Hasard grimmig feststellte. Sorglos, als sei absolut nichts geschehen, trieben sie sich weiterhin vor der Westküste Indiens herum, und das in einem Gebiet, das die Portugiesen für sich beanspruchten …
Die Hauptpersonen des Romans:
Sir Thomas Carnavon – der Kommandant der „Respectable“ hat mehr Glück als Verstand, als er über den Achtersteven treibend mit dem Schiff in eine Bucht gedrückt wird.
Sir Godfrey Ballantine – will sich mit dem Seewolf und Big Old Shane duellieren, „bricht“ sich aber vorher schnell die Hand.
Sir James Taurean – gibt zwar fromme Sprüche von sich, gerät aber aus dem Häuschen, als er was von Gold und Silber hört.
Dan O’Flynn – kann sich geschickt aus der Affäre ziehen, als ihm vorgeworfen wird, er habe mit seinen vier Kameraden desertieren wollen.
Philip Hasard Killigrew – braucht eine Menge Geduld und Gelassenheit, um auf die Verrücktheiten der Lords reagieren zu können.
Inhalt
1.
Philip Hasard Killigrew schob das Spektiv zusammen und reichte es an Don Juan zurück. Sein Gesicht war kantig, die Augen schmal. Mit einer unwilligen Bewegung warf er den Kopf zurück.
„Man kann sie beim besten Willen nur als grünschnäbelige Bastarde bezeichnen“, sagte er. „Sie haben nichts dazugelernt, überhaupt nichts. Sie schnüffeln weiter vor der Küste herum, bis sie erneut den Unwillen der Portugiesen erregen und in weitere Schwierigkeiten verwickelt werden. Das geht ganz einfach über meinen Verstand hinaus.“
Der Spanier nickte knapp und warf einen langen Blick achteraus zur nördlichen Kimm.
Dort traten aus dem Dunst immer deutlicher und klarer die gelohten Segel eines großen Schiffes hervor. Es gab nicht den geringsten Zweifel, daß es die „Respectable“ war. Sie segelte in einem Abstand von höchstens einer halben Meile unter Land. Hin und wieder, auch das war deutlich zu erkennen, wurde der Kurs ein wenig geändert, bis sie sich dem Landstrich noch weiter näherte.
Für einen Nichteingeweihten sah es aus, als nähmen die Leute auf dem Schiff irgendwelche Vermessungen vor, aber die Lords taten alles andere als das. Sie schienen sich eher auf einer Erholungsreise zu befinden.
„Nicht zu fassen“, sagte Don Juan kopfschüttelnd. „Sie haben etliche Treffer eingesteckt und sollten sich besser ernsthaft mit der Reparatur ihrer Kriegsmaschine befassen, statt sinnlos die See auszubeulen. Zur Zeit bietet sich eine Reparatur doch an, denn es ist vorerst nicht zu befürchten, daß uns weitere Portugiesen folgen.“
„Nein, das ist kaum anzunehmen. Durch den Branderangriff haben sie so ziemlich alles verloren, was an Schiffen noch brauchbar war. Ich habe ebenfalls daran gedacht, und es kann durchaus sein, daß die ehrenwerten Lordschaften bereits Ausschau nach einer versteckt liegenden Bucht halten, um ihre Wunden zu lecken. Allerdings müssen sie deshalb nicht unbedingt diese verrückten Kreuzkurse segeln.“
Hasards Zorn auf die Lords war berechtigt, denn gerade durch ihr seemännisches Unvermögen hatten sie sich selbst und die Arwenacks immer wieder in Schwierigkeiten gebracht.
Der Seewolf hätte sich nicht weiter um die Landsleute gekümmert und sie ihrem Schicksal überlassen, aber da waren fünf Arwenacks an Bord der Kriegsgaleone, die man gepreßt hatte, und um eben diese fünf Männer ging es ihm, sonst hätten die Lords zum Teufel fahren können.
Ihr Ziel war Madras, und sie hatten elf Tonnen Gold und Silber in den Laderäumen ihrer Schebecke, um sie dem Mogulkaiser Akbar zu bringen. Ohne das Erscheinen der „Respectable“ wäre die Reise auch ziemlich problemlos verlaufen, aber seit dieses unselige Schiff aufgekreuzt war, ging alles drunter und drüber, und es gab nichts als Ärger.
Seit der ersten Begegnung befanden sich Carberry, Ferris Tucker, Dan O’Flynn, Smoky und Roger Brighton an Bord der Kriegsgaleone. Man hatte die fünf schlicht und einfach gepreßt, natürlich unter Androhung von Gewalt, der Hasard zähneknirschend nachgegeben hatte.
Im Hintergrund der wabernden Dunstwolke, die noch von dem Brand herrührte, segelte die Galeone wieder einen Schlag auf die Küste zu, bis sie fast nur noch drei Kabellängen vom Ufer entfernt war.
Auf der Schebecke rauften sie sich fast die Haare, denn daß es ein waghalsiges und zudem noch völlig idiotisches Manöver war, wußte auch der letzte Mann.
Der Wind wehte auflandig, und so drohte das große Schiff auf Legerwall zu geraten.
Die Lords segelten, über Backbordbug liegend mit Steuerbordhalsen, einen südöstlichen Kurs, der ihnen jeden Augenblick zum Verhängnis werden konnte.
„Wenn sie jetzt nicht mehr durch den Wind auf den anderen Bug gelangen, dann ist für mich der Fall erledigt“, sagte Hasard erbost. „Diese geistigen Flachwassersegler werden jeden Moment aufbrummen. Sollte das der Fall sein, dann nehmen wir unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand unsere Männer an Bord und lassen die Lords in der Luft hängen.“
„Wird auch höchste Zeit“, sagte Ben Brighton erbost, der das Manöver durch das Spektiv verfolgte und dabei immer wieder den Kopf schüttelte.
Hasard ließ etwas härter anluven, um das Tempo der Schebecke zu verringern. Gespannt beobachteten sie, was sich auf der Galeone tat, die immer dichter unter Land geriet.
Ein paar Arwenacks feixten bereits bis zu den Ohren.
Offenbar hatte der ehrenwerte Sir Thomas Carnavon