Seewölfe - Piraten der Weltmeere 673. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 673 - Fred McMason


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Profos fragte nicht lange um Erlaubnis, und erst recht nicht dachte er an spätere Konsequenzen für sein eigenmächtiges Handeln. Hier ging es um das Leben des Jungen, denn wahrscheinlich konnte das Bürschchen nicht mal schwimmen, wie so viele andere auch nicht, und es würde jämmerlich irgendwo hinter dem Heck ertrinken.

      Carberry war mit zwei Schritten am Schanzkleid. Dort schwang er sich mit einem mächtigen Satz über Bord.

       2.

      Als der Profos wieder auftauchte, sah er das mächtige Heck der Galeone dicht vor seinem Kopf, wie es auf ihn zuschwang. Seitlich versetzt brodelte Schaum und Kielwasser. Hoch über ihm knatterte es laut, und er sah die Segel wie verrückt killen.

      Er holte tief Luft, prustete dann und sah sich nach dem Jungen um. Das Bürschchen war nicht zu sehen. Er blickte noch einmal hoch und sah Dan, Smoky und Ferris am Schanzkleid winken. Ziemlich verzerrt hörte er ihre Stimmen.

      „Mehr zum Land hin, Ed, dort tauchte er eben auf! Links von dir!“

      Wild und von der Angst erfüllt, der Junge könnte nicht mehr auftauchen, sah der Profos sich um. Dabei geriet er selbst in Gefahr. Dan O’Flynn rief ihm noch eine Warnung zu. Mehr konnte er nicht tun.

      Carberry hörte das auch noch. Doch da raste ein schaumiges, riesengroßes Gebilde auf ihn zu.

      Es war das Ruderblatt von der Größe eines Scheunentores, das mit einem wilden Wirbel immer größer vor ihm aufwuchs.

      Carberry hob beide Hände aus dem Wasser und stemmte sich gegen das monströse Gebilde, um das herum ein Sog schmatzte und gurgelte. Das mächtige Blatt drückte ihn erbarmungslos zur Seite, und er spürte, wie er in den fürchterlichen Sog geriet, der ihn in die Tiefe zog.

      Verzweifelt versuchte er sich dagegen zu wehren, doch der Sog war unglaublich stark, und er hatte das Gefühl, in einen riesigen Trichter geraten zu sein, durch dessen Schlund er auf den Meeresgrund gepreßt wurde. Undefinierbare Geräusche waren in seinen Ohren. Wildes Brausen dröhnte durch seinen Kopf, Blasen stiegen aus seinem Mund.

      Der Profos fand sich unversehens in einer Situation wieder, mit der er keinesfalls gerechnet hatte. Dabei hatte alles so einfach ausgesehen und schien nur ein Klacks zu sein.

      Der Sog drückte ihn tiefer unter das Schiff. Er sah einen riesigen Schatten über sich, den Schatten eines wahnsinnig schnell dahingleitenden Ungeheuers, das schnaubend und lärmend über ihn hinwegbrauste.

      Er erhielt wieder Auftrieb und schlug wild um sich. Die Luft wurde knapp, er mußte auftauchen. Ziemlich schnell glaubte er, der Oberfläche entgegenzutreiben.

      Ein harter Ruck ging durch seinen Körper, und abermals wurde er tief nach unten gedrückt, bis rote Ringe vor seinen Augen zu kreisen begannen und er fernes Glockenläuten zu hören glaubte.

      Fast unbewußt registrierte er, daß er gegen den Kiel des Schiffes geprallt sein mußte. Der plötzliche Anprall drückte ihn jetzt wieder nach unten, und die schreckliche Prozedur begann von neuem, bis ihm allmählich schwarz vor Augen wurde.

      Seine Lungen schmerzten. Wie Feuer brannte es darin. Seewasser war in seine Atemwege gedrungen. Gleichzeitig wurden die Ringe größer und farbiger, die in seinem Kopf kreisten. Auch glaubte er, das Dröhnen von Glocken jetzt lauter und deutlicher zu hören.

      Wieder erfaßte ihn ein harter Sog, der ihn aber wie einen Korken rasch an die Oberfläche spülte.

      Carberry riß verzweifelt die Augen auf und schnappte gierig nach Luft. Um ihn herum drehte sich alles in einem wirbelnden Kreis, doch es war nur das Schiff, das sich drehte und mit dem gewaltigen Heck durch den Wind ging. Ein schäumendes und blasenwerfendes Monstrum war das, das sich brüllend dagegen wehrte, an Land geworfen zu werden.

      Endlich hatte er sich freigestrampelt. Wie es den Anschein hatte, war auch die Galeone aus der Gefahrenzone heraus, doch darum konnte er sich jetzt nicht weiter kümmern.

      Wo war der Junge?

      Er hörte wieder Stimmen, die durcheinanderbrüllten. Die Gestalten erkannte er jedoch nur undeutlich. Außerdem waren da noch viele andere Geräusche – das Schreien von Männern, gebrüllte Befehle und das unaufhörliche Geknatter der killenden Segel.

      Hilflos schwamm er im Wasser, bis er schließlich wieder das Gebrüll hörte. Diesmal sah er winkende Hände, die weit voraus auf einen winzigen Punkt in der See zeigten.

      Dem Profos ging es jetzt besser. Er atmete noch ein paarmal tief durch und konzentrierte sich dann auf den Punkt. Doch als er ihn gerade sichtete, verschwand der Punkt in der Dünung. Sekundenlang ragte eine Hand aus dem Wasser.

      Carberry schwamm drauflos wie ein Wilder, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er die Stelle erreichte.

      Er tauchte tief und sah sich unter Wasser um. Einmal glaubte er einen Schatten zu sehen, aber es war eine Täuschung.

      Er hatte jetzt richtig Angst um das Bürschchen. Der Kleine würde hier jämmerlich ertrinken, und irgendwann würde seine Mutter vielleicht eine kurze Nachricht von seinem Tod erhalten. Damit war für die Admiralität die „Sache“ erledigt.

      Dann sah er ihn wieder, ganz in seiner Nähe.

      Der schmächtige Körper trieb auf, wahrscheinlich auch durch den unterseeischen Sog. Zwei Hände fuchtelten in der Luft herum. Ein leiser Schrei war zu hören. Der Junge verschwand wieder.

      Carberry sog tief die Luft in seine Lungen und tauchte jener Spur nach, die aus Luftblasen bestand. Er brauchte nur ein paar Augenblicke, bis er den absinkenden Körper entdeckte. In merkwürdig verkrampfter Haltung trieb dieser Körper ruhig dem Grund entgegen. Von dem wilden Sog war jetzt nichts mehr zu spüren.

      Der Profos mußte zweimal zugreifen, bis er das Bürschchen am Hemd zu fassen kriegte. Wieder wurde ihm die Luft knapp.

      Aber jetzt hatte er den Jungen und ließ ihn nicht mehr los. Er hielt ihn mit der linken Hand fest und schaufelte sich mit der Rechten der Wasseroberfläche entgegen.

      Die Galeone hatte sich inzwischen nicht weit entfernt. Carberry erkannte mit einem schnellen Blick, daß sie aus der Gefahrenzone heraus war. Das riesige Heck wies zum Land hin, und sie kämpfte sich mühsam gegen den auflandigen Wind frei.

      Na, zumindest das haben sie geschafft, dachte er. Eigentlich hatte er damit nicht mehr gerechnet und angenommen, sie würde auf Land geraten und dort aufbrummen.

      Das kleine Kerlchen, das er im Arm hielt, war bewußtlos. Es hatte wohl sehr viel Wasser geschluckt, doch nach ein paar Schwimmzügen begann es in seinem Arm zu zappeln.

      Carberry schwamm auf das Heck der Galeone zu. Es bereitete keine sonderliche Mühe, das Schiff einzuholen, denn noch kämpfte es gegen den Wind und lag fast auf der Stelle.

      „Hierher, Ed!“ schrie Smoky. Er hielt einen Tampen in der Hand und warf ihn zielsicher in Carberrys Richtung. Smoky stand ganz unten auf der Rüste, neben ihm hielt sich Ferris fest.

      An Deck war immer noch der Teufel los. Segelkommandos jagten sich. Die Kerle hingen wie Trauben an Schoten und Brassen.

      Smoky beugte sich tiefer hinunter und nahm Carberry den Jungen ab, der sich jetzt mit schreckgeweiteten Augen umsah und zu würgen begann. Offenbar wurde ihm seine Lage erst jetzt richtig bewußt.

      „Ist ja wieder gut, mein Kleiner“, murmelte Smoky. Er reichte den Jungen an Roger Brighton weiter und von dort aus wurde er auf die Planken der Kuhl gelegt.

      Carberry schwang sich ebenfalls hinauf und kümmerte sich sofort um den Jungen. Sie legten ihn auf die Seite und hoben ihn schließlich hoch, bis er Salzwasser ausspie und nur noch keuchte.

      „Was geht denn hier vor?“ erklang hinter ihnen eine eisige Stimme. Sie waren so mit dem Jungen beschäftigt, daß sie John Macleod nicht bemerkt hatten.

      Jetzt stand er da, bekleidet mit seinem schwarzen hohen Biberhut mit der Goldschnalle, seinem käsig wirkenden und ewig leicht


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