Wyatt Earp Staffel 12 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 12 – Western - William Mark D.


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nun war ein Mann vor ihm geflüchtet! Einer hatte Angst gezeigt!

      Jedenfalls hatte Jake Lead es so ausgelegt. Ein sonderbares Gefühl ergriff Besitz von ihm. Er stand noch sekundenlang wie paralysiert da und starrte hinaus auf den Vorbau, wo der lange Cowboy längst verschwunden war. Neben der Tür stand der kleine gelbgesichtige dickbauchige Barbier. Er hatte die Klinke noch in der Hand.

      Da kam plötzlich Leben in die Gestalt Jake Leads. Er stieß einen Rasierstuhl zur Seite, so daß er polternd in eine Konsole stürzte und einen Seitenspiegel in Scherben schlug. Schon stand Jake in der Tür. Er sah gerade noch den Cowboy in Websters Saloon treten.

      Jake wußte sicher nicht, was er tat, als er mit großen Schritten dem fremden Cowboy folgte.

      Als er die Tür der Schenke aufstieß, stand Billinger schon drüben an der Theke und hatte seine Bestellung aufgegeben. Hatte er gespürt, daß ihm Lead gefolgt war, oder hatte er ihn oben in dem großen Thekenspiegel gesehen? Auch das ist niemals ermittelt worden.

      Jedenfalls drehte sich der Cowboy plötzlich um. Die beiden Männer standen nur etwa neun Yards auseinander und maßen sich mit abschätzenden Blicken.

      Und was in den nächsten Minuten geschah, ist in mehreren Versionen berichtet worden.

      Der achtundfünfzigjährige Salooner Jimmy Winters hat dem Sheriff und später auch dem Richter erklärt, daß Billinger die Hand zwar ebenfalls angewinkelt, aber gar keine Anstalten zu einem Revolverduell getroffen hatte. Er behauptete, daß Lead den Kampf ohne jedes Wort und jeden Anruf­­ ohne jede Warnung eröffnet hät­te.

      Der damals siebenundachtzigjährige Jeffrey Lonegan, der in der Stadt eine Schmiede betrieb, hatte gesagt, daß er von seinem Platz am Fenster aus nur Billinger hatte beobachten können. Lead habe noch zu nahe an der Tür gestanden, als daß er ihn hätte sehen können. Billinger hätte die Hände beide herunterhängen gehabt und überhaupt nichts getan, was darauf hindeutete, daß er einen Revolverkampf plante.

      Die siebzehnjährige Esther Winters, die Nichte des Salooners, hatte erklärt, daß beide Männer die Arme angewinkelt hatten und dann gleichzeitig aufeinander geschossen hätten.

      Diese Version klang am glaubhaftesten – aber niemand schenkte ihr Glauben.

      Die vierte Erklärung hatte der siebenunddreißigjährige Joseph Cyril Flambush gegeben, der in dem großen Mietstall von Big Joe arbeitete. Mit großer Bestimmtheit hatte der Peon erklärt: »Lead hat ohne Anruf geschossen.«

      Dann gab es noch drei weitere Zeugenaussagen, die aber nicht sonderlich ins Gewicht fielen, da die drei Männer zum Zeitpunkt des Geschehens stark angetrunken waren. Sie hatten an einem der Tische gesessen und gepokert. Es waren Joe Falbers, Hard Perkins und der kleine Hosenschneider Jimmy McDonald.

      Ja, und da war noch der geistesschwache Ernie Closters gewesen. Er hatte am Stirnende der Theke gestanden, über sein leeres Bierglas gebeugt, wie so oft. Auch er hatte eine Aussage gemacht. Aber darauf hatte überhaupt niemand gehört. Und ausgerechnet er hatte die Wahrheit gesagt!

      »Der Fremde hat sofort geschossen. Und zuerst! Dann erst hat Lead gezogen…«

      Aber was gilt schon das Wort eines Armen im Geiste?

      Die Schüsse fielen, und Edward Billinger war von zwei Kugeln tödlich niedergestreckt worden. Langausgestreckt lag er vor der Theke und war tot.

      Als Calhoun, der Deputy, die Schenke betrat, stand der Pulverrauch noch beizend in der Luft. Der Hilfssheriff sah Jake Lead mit dem Revolver neben der Tür stehen.

      »Lead«, erklärte er, »Sie sind wegen Mordes festgenommen.«

      Er hatte es ganz ruhig gesagt, ohne jede Leidenschaftlichkeit.

      Lead hatte wie vom Blitz getroffen dagestanden. Dann war plötzlich Leben in seine Gestalt gekommen. Er hatte sich herumgeworfen und riß einen schweren Faustschlag zum Schädel des knorrigen Deputy hoch, der Calhoun zurücktaumeln ließ.

      Da griff der Deputy zum Revolver.

      Lead hob seine Waffe an.

      »Lassen Sie die Kanone stecken, Calhoun, sonst lege ich Sie neben ihn!«

      Ja, diese Worte hatte er gesagt. Alle vier Zeugen hatten es so gehört. Jeder wiederholte aber das, was er glaubte, gehört zu haben. Nur der schwachsinnige Closters wiederholte die Worte genau.

      Dann war plötzlich der Sheriff in der Schankhaustür erschienen. Er warf einen Blick durch den Raum, und ohne festgestellt zu haben, was sich abgespielt hatte, erklärte er:

      »Lead, Sie sind festgenommen!«

      Die folgenden Minuten spiegelten sich in den Zeugenaussagen sehr verschieden wider. Der Salooner erklärte, daß Jake Lead sofort auf den Sheriff angeschlagen hatte.

      Der steinalte Schmied war anderer Ansicht. Lonegan meinte, daß Lead einen Stuhl genommen und damit um sich geschlagen habe. Der Peon Flambush hingegen behauptete steif und fest, daß Lead sich niedergeworfen und geschossen habe. Die Tochter des Wirtes glaubte sich daran erinnern zu können, daß Lead sich zuerst mit dem Deputy herumgeschlagen habe.

      Weitere Zeugen wurden dazu nicht gehört.

      Es war die Tragik des einundzwanzigjährigen Jake Lead, daß gerade er, der niemals fair gewesen war, im entscheidenden Augenblick seines Lebens jedenfalls nicht unfair gehandelt hatte und gerade dafür dann bitter bestraft wurde.

      Jake Lead hatte keine Chance in der Verhandlung. Dieser wenig sympathische Mann, der dazu noch absolut unumgänglich war, wurde von Richter Salomon Gipps zum Tode durch den Strang verurteilt.

      Salomon Gipps war ein altmodischer Mann. Die ganzen drei Jahre über hatte Jake Lead die Worte seines Urteils im Ohr gehabt und würde sie bis zu seiner letzten Stunde nicht daraus fortbannen können:

      »Hiermit verurteile ich den Mörder Jason Lead zum Tode durch den Strang aus irischem Hanf!«

      »Aus irischem Hanf!« murmelte Lead nun, drei Jahre später, wieder vor sich hin und starrte in die Straße, die nur wenig von Lichtstreifen durchkreuzt wurde. Es wurde sehr früh dunkel in diesen späten Dezembertagen.

      Es ging auf Weihnachten zu; aber dafür hatte der Heimkehrer keine Gedanken. Er war vor neun Tagen aus Fort Worth entsprungen.

      Siebzehnmal hatte er die Flucht versucht. Sechzehnmal war es ihm mißglückt, diesmal gelang es. Zwei Wachsoldaten und einen Schließer hatte er auf der Strecke gelassen.

      Es hatte selten einen Sträfling in Fort Worth gegeben, der mit solch verbitterter Energie an seiner Flucht gearbeitet hatte. Jake Lead wollte weniger die Freiheit als Rache.

      Schnurstracks hatte er den Weg nach Westen eingeschlagen. Von Texas aus durch ganz New Mexico hinüber ins ferne Arizona. Anfangs war er nur nachts geritten. Dann aber, als er die texanische Grenze hinter sich hatte, war er zeitweilig auch am Tag geritten. Aber das war gefährlich, da anzunehmen war, daß sein Steckbrief schon über die Telegraphenstationen durchgegeben worden war.

      Und jetzt war er nun hier in Fairbanks.

      Es war noch früh am Abend, aber die Dunkelheit hatte schon ihre schwarzen Tücher über die Stadt gebreitet. Nebeldunst stand in der Mainstreet von Fairbanks.

      Der entsprungene Sträfling stieg bei Hanemachers Drugstore vom Pferd und bog in eine Quergasse ein.

      Am Ende der Straße war Jordans Mietstall. Und dahinter lag But Griffith’s Zimmerei.

      Lead führte sein Pferd an die Halfterstange vor dem Mietstall. Da fiel das Tier am wenigsten auf. Dann schlenderte er weiter auf die Zimmereiwerkstatt zu.

      Unten links in der Wohnstube sah er Licht. Vom Vorbau aus konnte er durch das Fenster den Zimmermann mit seiner Frau und vier Kindern am Abendbrottisch sitzen sehen. In der Werkstatt war alles still.

      Jake Lead kannte sich hier gut aus, denn er hatte eine Weile bei Griffith gearbeitet.

      Er gab sich nicht einmal große Mühe, die Tür zur Werkstatt


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