Nonstop. Boris Herrmann
Ich wünsche Boris, dass die Vendée Globe für ihn ganz persönlich erfolgreich sein wird. Natürlich, dass er ankommt und sportlich erfolgreich ist, aber auch, dass er tolle Erlebnisse hat und seine Klimabotschaft vermitteln kann.
Sorgen Sie sich um Ihren Mann, wenn er da draußen auf See ist?
Tatsächlich nicht, wenn er segelt. Weil er mir, wenn wir zusammen auf dem Boot waren, so sehr das Gefühl gegeben hat, dass es sein Zuhause ist und er genau weiß, was er tut. Er ist kein Draufgänger, der für einen Sieg alles riskieren würde. Er würde sich nicht selbst in Lebensgefahr bringen. Ich habe keine Sorge, wenn er auf dem Boot ist. Eher bei den langen Autofahrten von Hamburg nach Frankreich …
Wie stehen Sie mit Ihrem Mann in Kontakt, wie werden Sie das Rennen verfolgen?
Boris ist es wichtig, dass wir jeden Tag telefonieren. Das machen wir auch. Man sollte jeden Tag einmal die Stimme des anderen hören. Und wir schreiben uns viele Mails. Das Rennen werde ich intensiv verfolgen. Wenn ich nachts stille, läuft sicher der Tracker (lächelt).
Sind Sie selbst Seglerin?
Keine Regattaseglerin wie Boris. Eher eine Schönwetterseglerin. Ich bin in Kiel aufgewachsen und dort viel an der Yachtschule gesegelt, wo ich die Schönheit des Meeres ausgiebig mitbekommen habe. Mich hat Segeln immer als Abenteuer fasziniert.
Haben Sie sich beim Segeln kennengelernt?
Nein, wir haben uns außerhalb des Segelkontexts kennengelernt. Das war 2014 in einem Café in Hamburg-Ottensen. Ich hatte damals keine Ahnung, was er macht. Sein Name sagte mir nichts. Ich weiß aber noch, dass ich ihn einer Freundin als »Zehn von Zehn auf der Punkteskala« beschrieben habe (grinst). Meine Mutter sagte später, dass ein Abenteurer doch gut zu mir passt und wir die Freude daran teilen Neues zu erleben.
Segeln Sie hin und wieder mit Ihrem Mann?
Am Anfang öfter. Manchmal endete das auch blutig (lacht). Als wir einmal vor Fehmarn mit einem Katamaran unterwegs waren, bin ich unter dem Trampolin gelandet. Dabei habe ich mich verletzt, wollte ihm das aber nicht zeigen. Als wir die Situation wieder im Griff hatten, fragte er, ob wir noch weitersegeln wollen. Ich habe die Zähne zusammengebissen und ja gesagt. Das blutige Dilemma sah ich erst später, als ich aus der Hose stieg. Auf der Malizia war ich auch einige Male dabei …
Malizia heißt jetzt Seaexplorer – Yacht Club de Monaco und startet Sonntag in die Vendée Globe. Wie erinnern Sie das Segeln auf diesem Imoca-Geschoss?
Ich war in verschiedensten Bedingungen dabei. Es ist ein ganz anderes Segelgefühl. Absolut faszinierend. Wenn das Boot Fahrt aufnimmt, hörst du erst die Foils leise summen. Dann hebt man ab, spürt den Wind. Es ist ein Gefühl fast wie Fliegen. Was es ja auch irgendwie ist. Es hat was Befreiendes, sich nur mit der Kraft des Windes zu bewegen. Da fängt man in Traumbedingungen dann an zu juchzen. Aber tauschen möchte ich nicht mit Boris. Und ich bewundere Greta Thunberg, die Boris im vergangenen Jahr über den Atlantik gesegelt hat. Das war von ihr als Nichtseglerin eine gar nicht hoch genug einzuschätzende Leistung, vor der ich totalen Respekt habe.
Kinder an den Schutz der Meere heranzuführen, ist uns ein besonderes Anliegen.
Sie und Ihr Mann sind sehr engagiert im Kampf gegen den Klimawandel und für den Schutz der Meere. Im Team Malizia wird Ihr gemeinsames Ansinnen auch im Slogan »A Race we must win« reflektiert. Ihre Rolle?
Begonnen hat das Projekt »My Ocean Challenge« offiziell 2018. Aber eigentlich schon viel früher. Ich habe als Lehrerin in der Schule bei den Schülern mit Themen wie der Jules Verne Trophy getestet, ob man sie über so ein Segelabenteuer rund um die Welt auch an Themen wie Meeresschutz heranführen kann. Das hat überraschend gut geklappt. Die waren regelrecht aus dem Häuschen. Dann habe ich sehr intensiv recherchiert, was es für Kinder und Jugendliche bereits gibt. Ich war erstaunt, wie wenig das war. Ich habe mich wie in einem kleinen Online-Studium mit den Themen auseinandergesetzt. Dann haben wir »My Ocean Challenge« Schritt für Schritt erst national entwickelt und später international ausgeweitet, sind an wissenschaftliche Institutionen wie das Max-Planck-Institut für Meteorologie oder das Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel herangetreten und werden inzwischen auch von einigen Stiftungen gefördert. Ich kümmere mich während meiner Elternzeit ehrenamtlich weiter darum.
Ihre Motivation?
Wir glauben, dass der Schlüssel zum Schutz der Ozeane darin liegt, Kindern, also der nächsten Generation, zu erklären, wie wichtig und wunderbar die Meere sind. Weil es spannender ist, verbinden wir den sportlichen Wettstreit auf den Meeren mit den noch viel größeren Herausforderungen Klimawandel und Meeresschutz. Wir wollen die Themen anfassbar machen. Wichtig war und ist mir, dass die Lerninhalte mit Positivem wie der Schönheit der Meere oder der fantastischen Artenvielfalt geknüpft sind.
Sie haben Lernmaterialien entwickelt, die Lehrer, Bildungsinstitutionen und auch Einzelpersonen kostenfrei von der Malizia-Homepage runterladen können. Warum der Name »My Ocean Challenge«?
Weil der Name jedem den Raum lässt, die eigene Herausforderung in Inhalt und Umfang zu finden und für sich zu definieren. Es soll bewusst eine persönliche Ansprache sein, die viel Freiraum lässt. Das gesamte Lernprogramm und alle Unterlagen sind kostenlos und inzwischen in acht Sprachen zu haben: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch, Japanisch und Chinesisch. Wir werden dazu jetzt noch einmal parallel zur Vendée Globe eine Aufmerksamkeitskampagne starten.
Sie haben inzwischen mit den Lernmaterialien, aber auch mit Vor-Ort-Aktivitäten, ganzen Schulklassen als Fans und Besucher des Teams Malizia in verschiedenen Häfen und besonderen Aktionen fast 20.000 Kinder und Jugendliche erreicht …
Ja, es macht viel Freude, das zu erleben. Monaco etwa hat unser Programm für alle Grundschulen als verpflichtend eingeführt. Die schleswig-holsteinische Bildungsbehörde empfiehlt es für die Lehrerausbildung. Und wir haben eine Partnerschaft mit der IOC-UNESCO. In vielen Schulen in ganz Europa und Übersee wird damit in Einzelprojekten oder auch fächerübergreifend gearbeitet. Wir sind gut vorangekommen, aber noch lange nicht am Ziel.
Einen weiteren Schritt geht Ihr Mann, der in der Vendée Globe bei seiner Premiere nicht nur sicher durchkommen und ein gutes Ergebnis erzielen will, sondern auch wertvolle Daten für die Wissenschaft sammelt …
Wir sind bei einem Vortrag von Wissenschaftlern zur Bedeutung von Messdaten auf das Thema aufmerksam geworden und haben entschieden, dass wir einen Beitrag leisten wollen. Boris kann da mit seinem Boot und der Messtechnik an Bord vor allem in entlegenen Revieren viel rausholen. Für die Wissenschaft ist das sehr wichtig. Von der Seaexplorer werden Daten gesammelt, die eine vergleichbar hohe Qualität haben wie die gesammelten Daten auf Forschungsschiffen. Die Seaexplorer erreicht gerade in den schwer zugänglichen Südmeeren Gebiete, von denen es bislang noch keine Daten gibt. Das ist höchst spannend. Diese Daten werden einer internationalen Datenbank zur Verfügung gestellt, sodass Wissenschaftler darauf zugreifen können.
Der glücklichste Moment im Ziel: die Familie wieder zusammen.
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