Spitzenteams der Zukunft. Richard de Hoop
Achtung: Das Teamrollenmodell ist kein Persönlichkeitsmodell! Sie »sind« nicht ein bestimmtes Instrument, sondern Sie spielen in unterschiedlichen Teams unterschiedliche Instrumente mehr oder weniger gut. In der Regel beherrscht jeder zwei bis drei Instrumente gut, drei bis vier Instrumente passabel und zwei bis drei Instrumente gar nicht gut. Durch Üben können Sie Ihre Fähigkeit auf allen Instrumenten – das heißt in sämtlichen Rollen im Team – verbessern!
Machen Sie den Test!
Auf meiner Website www.richarddehoop.de finden Sie unter der Rubrik »Das Orchesterspiel« einen kostenlosen Test, mit dem Sie herausfinden können, was Ihre bevorzugten Teamrollen sind. Der Test besteht aus 48 Fragen. Sie erhalten die Auswertung gratis per E-Mail – dazu noch jede Menge Tipps für Ihre bevorzugten Teamrollen. Spielen Sie gerne Geige oder trommeln Sie lieber? Finden Sie es heraus!
http://dehoopentertrainment.nl/de/orkestspel
Was unterscheidet Spitzenteams von übrigen Teams?
Spitzenteams unterscheiden sich von anderen Teams dadurch, dass die Teamrollen für das jeweilige Ziel perfekt besetzt sind. Jede Person spielt im Team exakt die Rolle, die ihrem Charakter, ihren Neigungen und ihren Talenten entspricht. Gleichzeitig sind sämtliche Teamrollen, die nötig sind, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, auch mit mindestens einer Person vertreten. Belbin konnte nachweisen, dass sogar ein Team aus mittelmäßig Begabten, bei dem die Rollen sehr gut besetzt sind, erfolgreicher ist als ein Team aus Hochbegabten. Es zeigte sich, dass sogenannte »Apollo-Teams«, die ausschließlich aus klugen Köpfen bestehen, sogar häufig scheitern, weil sie sich zum Beispiel gerne in Diskussionen über die beste Lösung verzetteln und zu wenig Teamdynamik entfalten.
Ein Spitzenorchester kann viele verschiedene Stücke spielen. Das gilt auch für Spitzenteams. Jeder im Teamorchester ist dann Virtuose auf seinem Instrument. Jedes Teammitglied weiß, welche Rollen ihm am meisten liegen. In Spitzenteams darf jeder seine Lieblingsrolle spielen. Alle kennen den Wert ihres Beitrags. Sie wissen, dass es bei den Teamrollen kein Besser und Schlechter gibt. So wie kein Violinvirtuose einen Pianisten beneidet, so beneidet auch in Spitzenteams niemand einen anderen um seine Rolle. Spitzenteams sind krisenfest und geben so schnell nicht auf.
Wie ist Belbin gerade auf diese acht Rollen gekommen?
Das Modell von Meredith Belbin ist psychologisch fundiert. Die acht Rollen korrespondieren mit vier psychischen Grundkräften, die in jeder Gruppe von Menschen in jeweils aktiver oder reaktiver Ausprägung wirken. Diese Grundkräfte sind Tatkraft, Willenskraft, Denkkraft und Gefühlskraft. Daraus ergeben sich die folgenden acht möglichen Kombinationen:
aktive Tatkraft (Bass)
reaktive Tatkraft (Trompete)
aktive Willenskraft (Trommel)
reaktive Willenskraft (Klavier)
aktive Denkkraft (Gitarre)
reaktive Denkkraft (Harfe)
aktive Gefühlskraft (Horn)
reaktive Gefühlskraft (Geige)
Nehmen Sie zum Beispiel die Gitarre und die Harfe im Team. Beide bringen Denkkraft ins Spiel, jedoch auf unterschiedliche Weise. Die Gitarre als aktive Denkerin ist der kreative Kopf. Sie strebt ständig danach, Neues zu erschaffen: Designs, Produkte, Prozesse, was auch immer. Die Harfe dagegen analysiert mit ihrer Denkkraft viel lieber Bestehendes. Aktive Gitarre und reaktive Harfe können sich im Team sehr gut ergänzen: Dann produziert die Gitarre Ideen und die Harfe überprüft, ob diese Ideen Hand und Fuß haben. Für die Umsetzung von Ideen sind wieder andere Instrumente nötig. Da braucht es Willenskraft und Tatkraft.
Wie sehr sind Teammitglieder auf einzelne Instrumente festgelegt?
Es scheint durchaus so etwas wie das »geborene Klavier« oder den »typischen Bass« zu geben. Belbin fand heraus, dass manche Menschen immer wieder nach derselben Teamrolle streben. Persönlichkeitsmerkmale, Werte, äußere Bedingungen sowie positive oder negative Erfahrungen in Teams beeinflussen die Wahl der Teamrolle. In der Regel sind es jedoch mindestens zwei oder drei Teamrollen, die Menschen in Teams gerne einnehmen und gut ausfüllen. Hinzu kommt: Alles ist immer eine Momentaufnahme! Menschen verändern sich mit der Zeit und entwickeln sich weiter. Dadurch können sich auch die Präferenzen bei den Teamrollen verschieben.
Eine große Chance für Teams liegt darin, dass Teammitglieder in bestimmten Situationen Teamrollen aktivieren, die sie bisher nicht oder zu wenig gespielt haben. Denn nicht immer kann ein Team um eine Person ergänzt werden, die genau die jetzt nötige Teamrolle spielt. Angenommen, in einem Projekt geht es viel zu langsam voran. Eine Trommel wäre gut, steht aber gerade nicht zur Verfügung. Dann ist die Frage: Wer im Team kann trommeln? Es könnten jetzt Teammitglieder die Rolle der Trommel übernehmen, bei denen das nur die dritt- oder viertstärkste Teamrolle ist. Aber weil dringend mehr Tempo gebraucht wird, kann und soll jemand die Rolle besetzen.
Wie genau hängen Charakter und Teamrolle zusammen?
In der Forschung von Meredith Belbin kristallisierten sich bestimmte Charaktermerkmale heraus, die einen besonders großen Einfluss auf die Wahl einer Teamrolle haben. Charakteristisch sind zum Beispiel zwei Gegensatzpaare. Erstens: Ist eine Person eher introvertiert oder eher extravertiert? Und zweitens: Ist eine Person eher angespannt oder entspannt? Ein stiller und in sich ruhender Mensch ist zum Beispiel von Natur aus gerne Bass. Dagegen dürfte sich ein Mensch, der ständig unter Strom steht, und dabei auch noch sehr extravertiert ist, als Trommel ziemlich wohl fühlen. So lassen sich schließlich alle acht Instrumente in einem Quadrantenmodell mit den beiden Achsen Introversion/ Extraversion sowie Anspannung/Entspannung einordnen.
Genau in der Mitte steht die Harfe. Harfen sind faktenorientiert, kritisch und analytisch. Sie sind weder auffallend introvertiert oder extravertiert noch besonders angespannt oder entspannt. Mit ihrem Bemühen um Objektivität sind sie gewissermaßen neutral. Bei allen übrigen Instrumenten erkennen Sie in der Grafik, dass diese recht unterschiedlich angeordnet sind. Die Gitarre zum Beispiel wird im Team gerne von Menschen gespielt, die zwar eher introvertiert, jedoch weder auffallend angespannt oder entspannt sind. Das Klavier auf der anderen Seite ist eher extravertiert, weil es sich für die anderen Teammitglieder und deren Talente interessiert. Willenskraft und Zielorientierung sorgen für Anspannung in dieser Teamrolle. Doch im Vergleich zur energischen Trommel ist es nur eine leichte Anspannung.
Abbildung: Quadrantenmodell sämtlicher Teamrollen
Was bedeutet Belbins Modell für Führungskräfte?
Als Meredith Belbin Ende der 1960er-Jahre mit seinen Forschungen begann, herrschte noch ein sehr traditionelles Verständnis von Führung. Seit Urzeiten waren Führungsansprüche mit dem Lebensalter verknüpft. Belbin bringt das Beispiel eines traditionellen Restaurants, wo früher der Oberkellner stets älter war als seine Kollegen und die Hilfskellner die Jüngsten waren. Neben dem Lebensalter war seit der Industrialisierung Bildung eine Voraussetzung für Führungspositionen. In den letzten Jahrzehnten sind Leistungsfähigkeit, Fitness, Durchsetzungsvermögen sowie kommunikatives Geschick als wünschenswerte Eigenschaften für Führungskräfte hinzugekommen.
Belbin konnte mit seinen Forschungen nachweisen, dass weder die ältesten noch die gebildetsten noch die aggressivsten oder redseligsten Führungskräfte die besten Ergebnisse erzielen. Entscheidend für Führungskräfte ist vielmehr, die Stärken der anderen im Team zu erkennen und diese richtig einzusetzen. Führung bedeutet nach Belbin, dem gesamten Team die bestmöglichen gemeinsamen Resultate zu ermöglichen. Dazu müssen sämtliche Teammitglieder diejenigen Rollen einnehmen, die ihren Talenten am besten entsprechen. Durch Übung können sie sich in diesen Rollen bis zur Virtuosität weiterentwickeln.