Spitzenteams der Zukunft. Richard de Hoop

Spitzenteams der Zukunft - Richard de Hoop


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sie eine Führungsrolle im Team einnehmen, dann sorgen sie dafür, dass jemand diese Instrumente spielt.

      Together forever and never apart: Virtuosen sind keine Solisten

      Wie werden Normalos zu Teamvirtuosen? Keine Frage: Es hat mit Arbeit zu tun! Auch das ist wieder genau wie in der Musik: Ohne Fleiß kein Preis. Musik kann die große Leidenschaft eines Menschen sein – und doch muss er üben, üben, üben bis zur Meisterschaft. Von nichts kommt nichts. In den Teams der Zukunft ist es genauso. Die Arbeit muss Spaß machen, klar, sonst hat alles keinen Sinn. Mit Spaß allein wird aber niemand zum Teamvirtuosen. Die Bereitschaft, sich anzustrengen, zu trainieren, sich zu engagieren, muss hinzukommen. Auch in Zukunft werden wir in einer Leistungsgesellschaft leben. Nichts wird uns einfach so in den Schoß fallen. Am Ende der Anstrengung steht aber auch das gute Gefühl, gemeinsam etwas Sinnvolles geschafft zu haben.

      Vielleicht kennen Sie aus meinem ersten Buch die Untersuchung des schwedischen Psychologen Anders Ericsson, der sich mit Spitzenleistungen in Sport und Musik beschäftigt hat. In einer Langzeitstudie unter Schülern an Konservatorien zeigte sich, dass alle, die später Virtuosen waren, mindestens 7500 Stunden geübt hatten. Möglicherweise kennen Sie auch die »10.000-Stunden-Regel«, die der Autor Malcolm Gladwell in seinem Buch Überflieger propagiert. Gladwell sagt: Außergewöhnlich erfolgreiche Menschen – egal auf welchem Gebiet – haben sich mindestens 10.000 Stunden mit einer Sache beschäftigt. Fleißig, ausdauernd und diszipliniert.

      Ich finde solche Untersuchungen spannend, möchte hier aber auch eines deutlich machen: Weder allein durch Üben noch durch alleine Üben wird jemand zum Virtuosen! Neben all diesen Stunden Ausdauer braucht ein Virtuose noch zwei weitere Dinge: erstens Talent und zweitens andere Menschen. Ja, es stimmt: Man kann durch Üben eine Menge erreichen, manchmal fast alles. Dennoch haben Menschen unterschiedliche Talente. Wer übt und übt und übt, obwohl er zu einer Sache nur wenig Talent hat, der wird irgendwann vielleicht durchaus erfolgreich damit sein. Glück und Erfüllung erfährt dieser Mensch am Ende aber wahrscheinlich nicht.

      Fleiß und Disziplin sind wichtig. Noch wichtiger ist, dass wir unsere wirklichen Talente und Neigungen erkennen und entwickeln. In Spitzenteams gibt es immer Mitglieder, denen das nicht nur für sich selbst gelingt. Sondern die auch die Talente der anderen Teammitglieder erkennen und fördern. Unsere Casting-Shows suggerieren manchmal, jeder hätte für alles Talent. Das ist nicht die Realität. Wir haben alle Talente, aber eben unterschiedliche. Irrsinnig viel Fleiß in etwas zu stecken, was am Ende keine Erfüllung bringt, ist bitter. Nehmen Sie zum Beispiel den australischen Schwimmstar Ian Thorpe, der heute wegen Depressionen behandelt wird und Probleme mit Drogen hat. Oder nehmen Sie Andre Agassi, der von seinem Vater getrieben wurde, aber anscheinend selbst nie richtig Lust auf Tennis hatte.

      Ein weiterer Punkt ist fast noch wichtiger: Teamvirtuosität kann sich nur im Team entwickeln! Virtuosen sind keine Solisten. Zwar kann jeder bei sich selbst anfangen, an seinen Talenten zu arbeiten und diszipliniert zu üben. Erst im Zusammenspiel von Individuum und Gruppe entfaltet sich dann aber die wahre Virtuosität. Stellen Sie sich einmal vor, die Welt der Musik bestünde nur aus Stücken für Soloinstrumente beziehungsweise Solostimmen. Dann würde quer durch alle Genres nur ein Bruchteil dessen existieren, was Musik so großartig macht. Im Zusammenspiel entfaltet sich erst das ganze Potenzial der Musik. Und in der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Gesellschaft entfaltet sich das volle Potenzial des Menschen.

      Es gilt deshalb das Grundprinzip: Werde selbst besser, um die Qualität deines Teams zu erhöhen! Jeder, der alleine etwas eingeübt und einen Fortschritt erzielt hat, sollte sich sofort wieder Feedback von der Gruppe holen. Denn individuelle Fähigkeiten sind immer nur so gut, wie sie sich im Zusammenspiel mit dem Team einsetzen lassen. Nach jeder Schulung oder Fortbildung ist deshalb ein Reality-Check angesagt: Was bringt das jetzt dem Team?

      Feel the Beat

      

Richten Sie Fortbildungsmaßnahmen konsequent an den Talenten und Bedürfnissen Ihres Teams aus. Sorgen Sie stets dafür, dass neue Fähigkeiten Einzelner sofort im Team angewandt und produktiv gemacht werden können.

      Das Bewusstsein für individuelle Talente und das Wechselspiel zwischen Individuum und Gruppe sind heute in den meisten Organisationen noch eher schwach ausgeprägt. Typisches Beispiel: Brainstorming. Zu solchen Kreativmeetings werden üblicherweise alle möglichen Mitarbeiter verdonnert, ohne Rücksicht darauf, ob sie zu einem solchen kreativen »Spinnen« überhaupt Talent haben. Ganz zu schweigen davon, ob ihnen so etwas Spaß macht. Da sitzen dann etwa die »Bässe«, die fleißigen Arbeiter, im Brainstorming, langweilen sich und ärgern sich im Stillen, weil ihre Arbeit liegenbleibt. Wer dagegen im Team gerne »Klavier«, »Gitarre« oder »Trompete« spielt, hat nicht nur Talent zum Brainstorming, sondern auch richtig Spaß daran. Das andere Extrem zum übertriebenen Brainstorming-Kollektivismus sind dann die vermeintlichen Genies auf dem Chefsessel und die einsamen Entscheider in den Unternehmen, die ihre Ideen nie mit anderen austauschen, sondern einfach anordnen, was sie für richtig halten. Auch davon gibt es heute noch viele.

      Die Teams der Zukunft werden ausbalancierter sein als die meisten Teams, die wir heute kennen. Die Sensibilität für die Talente der jeweils anderen wird enorm zunehmen. Gerade die in ihren Talenten am weitesten entwickelten Menschen sind zunehmend in der Lage, sich selbst zurückzunehmen. Es ist eine psychologische Binsenweisheit, dass auftrumpfende Egos oft innerlich unsicher sind. In den Spitzenteams der Zukunft dominieren Menschen, die mit einer ruhigen Selbstgewissheit agieren. Sie packen ihr Ego ein, weil es ihnen auch selbst im Weg ist. Ein schöner englischer Spruch dafür lautet: »From ego to we go!« Tatsächlich ist das übertriebene Ego einzelner Teammitglieder heute oft eine große Bremse. Mit weniger Ego geht es gemeinsam kraftvoll nach vorne!

      We will be heroes: Darauf kommt es in den Teams der Zukunft an

      Wie werden wir in einer immer komplexeren und dynamischeren Welt zusammenarbeiten? Eine Prognose wagt Dr. Peter Essens, Principal Scientist im Bereich Sozialforschung bei der TNO, der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung. »Um zukünftige komplexe Probleme anpacken zu können«, sagt Peter Essens, »brauchen wir Modelle, um schnell und ad hoc zwischen sehr unterschiedlichen Organisationen Zusammenarbeitsverbände zu formen: die sogenannten Multi-Team-Systems.« Dazu wird es laut Essens nötig sein »nicht in Organisationen und Prozessen zu denken, sondern vom Menschen als Motor ausgehend – auch über Organisations- und Abteilungsgrenzen hinweg.« Schon heute haben sich herkömmliche Formen des Teambuilding, wie sie zum Beispiel das klassische Modell von Bruce Tuckman mit den Phasen forming, storming, norming und performing beschreibt, vielerorts erledigt. Das gilt für viele internationale Konzerne mit kulturell höchst diversen Teams.

      Es ist jetzt schon kaum noch Zeit, sich erst langsam zusammenzufinden, durch eine obligatorische Krise zu gehen, Regeln zu definieren und dann – irgendwann – zu funktionieren und Ergebnisse zu liefern. Teams müssen immer öfter sofort und spontan funktionieren. »Ad hoc«, wie es Peter Essens nennt. In einer Netzwerkwirtschaft müssen sich dann auch noch Menschen aus ganz verschiedenen Organisationen und Kulturen projektbezogen sehr schnell zusammenschließen können. Oft gehen sie nach kurzer Zeit wieder auseinander. Das erfordert die Multi-Team-Systems, von denen Peter Essens spricht. Für die einzelnen Menschen kommt hinzu, dass sie gleichzeitig Mitglied in immer mehr Teams sind. Anders als früher können Teammitglieder auch seltener auf jahrelange Erfahrung mit ein und derselben Tätigkeit zurückgreifen. Es gibt heute Teams, in denen für die meisten Mitglieder die meisten Aufgaben neu sind.

      Diese Herausforderungen haben drei Hauptkonsequenzen: Erstens müssen wir möglichst alle Teamvirtuosen werden. Wer weiß, welche Teamrolle er wie gut beherrscht, und wer gleichzeitig andere sehr gut einschätzen kann, der findet überall schnell seinen Platz. Zweitens müssen wir endlich Teams, Strukturen, Prozesse und Organisationen um die Menschen herum bauen, statt wie bisher von Menschen zu verlangen, dass sie sich vorgegebenen Strukturen möglichst gut anpassen. Ausgehend von Zielen und Personen ergeben sich Strukturen und Prozesse. Drittens müssen wir den Umgang mit Vielfalt beherrschen. Diversity ist längst kein reines gesellschaftspolitisches Schlagwort


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