Goodbye, McK... & Co.. Edgar K. Geffroy

Goodbye, McK... & Co. - Edgar K. Geffroy


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»Sie buchen Beratungsdienste einzeln und verlassen sich weniger auf Anbieter von Gesamtlösungen. Sie werden geschickter darin, abzuschätzen, welche Aufträge sie an Externe vergeben müssen und welcher Dienstleister jeweils am besten geeignet ist.«2 Es werden demnach nicht mehr Anbieter von Komplettlösungen gesucht, sondern Beratungsleistungen werden als einzelne Module so zusammengesetzt, dass sie in Summe zum gewünschten Ergebnis führen. Für große Beratungsunternehmen bedeutet das, dass ihre mangelnde Fähigkeit, ihren jeweiligen Kunden als Ganzes zu sehen, bald zum Problem werden könnte. Denn genau das ist unumgänglich, wenn man als Berater seinem Kunden Lösungen liefern möchte, die auch übermorgen noch greifen.

      Auch andere Veränderungen der jüngsten Zeit wirken sich auf die Beratungstätigkeit aus: Wir leben im Moment in einer Welt, die sehr stark durch Werte geprägt ist. Werte fallen heute deutlich schwerer ins Gewicht als noch vor zehn Jahren. Sie sind elementar wichtig für unser Denken, Fühlen und Handeln. Sie steuern uns, treiben uns an oder bremsen uns. Meist geschieht das vollkommen unbewusst. In Unternehmen wird der Begriff Wertebewusstsein heute stärker denn je mit Erfolg und Misserfolg in Verbindung gebracht. Ist ein Unternehmen in einer Phase des Umbruchs – wie beispielsweise bei einer bevorstehenden Fusion, einer Übernahme oder einem Generationswechsel –, erleben die Menschen in den unterschiedlichen Positionen eine Werteveränderung, die auf beratende Tätigkeiten dramatische Auswirkungen hat. Vom Berater ist dann der neutrale Blick von außen auf das gesamte Business des Kunden gefragt. Es ist sein Job, in solchen Situationen ein Begleiter zu sein.

      Für Berater wird es demnach immer schwieriger, ihre Kunden optimal zu betreuen und neues Business zu generieren, weil sich der Fokus der Kunden bereits verändert hat. Nicht mehr der Allrounder ist gefragt, sondern ein Mensch mit Expertise, Fokussierung, Unverwechselbarkeit und Nahbarkeit. Diese essenziellen Anforderungen haben viele noch nicht verstanden. Die meisten Berater entwickeln ein Konzept für ihren Kunden, liefern es ab und sagen ihm: »Jetzt ist es an dir, das umzusetzen!« Doch der Kunde ist gar nicht in der Lage, dieses Konzept zu realisieren, weil er nicht weiß, wie er es in die Praxis überführen soll. Glücklicherweise gibt es aber auch Berater – wenn auch nur eine Minderheit –, die dem Kunden beim Prozess der Umsetzung begleitend zur Seite stehen und auch Verantwortung für die Umsetzung übernehmen.

      Gute Praxishandbücher für Berater gibt es jede Menge. Doch keines dieser Werke vermag es, einen Ausblick zu geben, mit welchen Anforderungen an seine Person der Berater der nächsten Generation konfrontiert sein wird. Hinweise darauf sucht man auch im World Wide Web vergebens. Hier setzen wir mit unserem Buch an und wollen diese Lücke füllen.

      Dieses Buch ist kein Praxisbuch. Es betrachtet Praxisbücher von der Metaebene aus – und liefert den Blick von außen, die ganzheitliche Betrachtungsweise. Wir möchten damit bei Menschen in ganz unterschiedlichen Beratungsfeldern ein Verständnis dafür wecken, wie sich ihre Branche in den nächsten fünf, zehn oder gar zwanzig Jahren weiterentwickeln wird.

      Edgar K. Geffroy, Benjamin Schulz

Teil 1

      Berater sind aus unserer heutigen Wirtschaftswelt nicht mehr wegzudenken – sie werden immer gerne dann geholt, wenn eine Situation externe Unterstützung und den Blick von außen erfordert. Über viele Jahrzehnte hinweg galten Berater als »Ärzte eines Wirtschaftssystems«3, die Antworten auf Fragen versprachen, die sich auf Top-Führungsebene Tag für Tag in den Unternehmen stellten. Dort rückte dann eine Liga von Strategen an, die sich zum Teil über Wochen und Monate in bereitgestellten Räumlichkeiten einschlossen und höchstens dann mal gesehen wurden, wenn ein Toilettengang nötig oder der Kaffee ausgegangen war. Was genau hinter diesen Türen stattfand, bekam niemand so recht mit. Die Mitarbeiter eines Unternehmens verfolgten die Anwesenheit der Berater immer mit großer Skepsis bis hin zu Ablehnung, denn wenn sie wieder gingen, war meist nichts mehr wie vorher. In den Köpfen der Mitarbeiter kreisten Fragen wie: Wie schlecht steht es tatsächlich um unseren Arbeitgeber? Wird jetzt alles umstrukturiert? Werden wir jetzt alle entlassen?

      Im Management dagegen empfand man die Anwesenheit der Berater als eine Art Sicherheit, denn schließlich hatte man nun jemanden im Haus, der sich mit dem Markt auskannte, der wusste, was in Zukunft passieren würde, welche Technologien eventuell von Bedeutung sein würden und was getan werden musste, um die Konkurrenz abzuhängen. Dass man unternehmerischen Erfolg nun kalkulieren und planen konnte, statt nach seinem Instinkt handeln zu müssen, schuf eine durchaus zufriedenstellende Ausgangslage. Und tatsächlich wurden Firmendaten in ihre Einzelteile zerlegt, analysiert und neu zusammengefügt, um daraus zukunftsträchtige Vertriebsstrategien, Produktionsabläufe oder ganze Geschäftsprozesse zu entwickeln.

      Gerade die Undurchsichtigkeit der Vorgehensweise war lange Zeit das Erfolgsgeheimnis der Beraterbranche. Sobald der Tag der Präsentation der Ergebnisse gekommen war, bekam die Unternehmensführung eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Analyse der Ist-Situation und eine Darstellung der Soll-Situation. Nun wurden die Ergebnisse an die Verantwortlichen weitergereicht – zur eigenen Umsetzung. Gerade wenn es sich um komplexere Projekte handelte, die sich noch über viele Monate oder Jahre erstrecken konnten, war ein Monitoring des Strategieerfolgs so gut wie unmöglich. Klappte alles wie ausgearbeitet, war das dem Können der externen Spezialisten zuzuschreiben. Verlief ein Projekt aber wenig erfolgreich oder wurde es gar zum Desaster, hatte die Unternehmensführung das Ganze einfach nicht richtig verstanden oder falsch umgesetzt – oder der Markt hatte sich inzwischen wieder so weit verändert, dass die Umsetzung gar nicht funktionieren konnte. Wie man es auch drehte und wendete, die Berater waren immer fein raus.

      Aus heutiger Sicht unverständlich ist auch die Art und Weise, wie in den Zeiten des Beraterbooms generell Geschäfte abgeschlossen wurden. Da kamen die Chefs der Beratungsunternehmen in die Firmen, verkauften ihr Konzept für Millionen und schickten tags darauf eine Crew von meist absoluten Frischlingen an den Start. Der Kunde hatte also selbst nicht den geringsten Einfluss darauf, wer letztendlich Einblick in sein Allerheiligstes bekommen würde.

      Auf der anderen Seite boten die Unternehmensberatungen ihren Mitarbeitern das Beste, was man sich für seinen beruflichen Werdegang nur erträumen kann: Praxistraining am lebendigen Objekt. Und das zu Experten-Tagessätzen. Also sehr lukrativ obendrein, und zwar nicht nur für die Chefs der Beratungsunternehmen, sondern auch für alle Neuankömmlinge in der Branche. Sie hatten von Beginn an ein stattliches Einkommen, das zudem schnell anwachsen konnte, wenn man sich nur genügend ins Zeug legte. Dass das auch funktionierte, erfuhren die Youngster am eigenen Leib und kamen schnell auf 15-Stunden-Tage. Ein aufreibender Job, der wenig Zeit für Privates, geschweige denn für Familiengründung ließ.

      So schreibt Ex-Berater Ewald Weiden mit ein paar zynischen Zwischentönen, die er sich nach vielen Jahren im Beraterzirkus nicht verkneifen kann: »Anfangs fühlt sich die Verbindung von Reise- und Privatleben zwar auch nicht anders an als eine Fernbeziehung – und ist damit für Absolventen heutzutage oftmals nichts Ungewöhnliches. Doch spätestens nachdem der unbefristete Vertrag unterzeichnet ist, und damit die Karrierepfade für die Zukunft gelegt werden, stellt sich die Frage, wie die privaten Ziele auf Dauer damit vereint werden können. Männliche Berater können das Thema meistens noch etwas hinauszögern, da weiterhin das Gefühl des Fliegens von Blüte zu Blüte überwiegt. Als Unternehmensberaterin wird der Wunsch nach eigenem Nest und Nachwuchs allerdings schneller dringlich, tickt doch eine biologische Uhr. Wo sich die Herren der Schöpfung Zeit lassen können, stehen die Karrierefrauen unter dem Druck, nicht nur die einsamen Nächte in Hotels auszufüllen, sondern auch langfristig eine Beziehung aufzubauen.« 4

      Ein ganz anderes Thema ist die Leistung, die ein Berater unterm Strich erbringt. Die Spannbreite des tatsächlichen Könnens ist für potenzielle Kunden so unübersichtlich wie der Beratermarkt selbst. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Bereits kleinste Empfehlungen können als Beratertätigkeit deklariert werden, sofern sie zur Lösung eines Problems beitragen. Darin liegt die große Schwierigkeit. Es gibt kein Berufsbild, keinen vorgeschriebenen Bildungsweg und keine offizielle Zulassung für Berater. Auch die Berufsbezeichnung Unternehmensberater ist nicht geschützt. Um ein wenig Struktur in die Branche zu bringen, hat man im Jahr 2011 die Europäische Beraternorm mit festen Standards eingeführt. Unternehmensberatungen sind aufgefordert, sich dieser Norm freiwillig


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