Wenn die anderen das Problem sind. Susanne Klein

Wenn die anderen das Problem sind - Susanne Klein


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direkte Kolleginnen und seit langem gute Freundinnen. Gemeinsam bearbeiten sie nun ein Projekt. Sie vereinbaren, erst einmal zu recherchieren und dann ihre Ergebnisse zusammenzubringen. Ihr Auftrag war es, ein neues Sendeformat für den Kinderfunk zu entwickeln, eines, das es bisher noch nicht gegeben hat:

Sabine: „Also ich habe an verschiedenen Stellen recherchiert, überlegt und Gespräche geführt, auch mit den Redaktionsleitern, und folgende Ideen entwickelt …“

      Sabine berichtet dann etwa eine halbe Stunde von ihren tollen Ideen, und Andrea wird es immer mulmiger zumute. Sie hat ungefähr die gleiche Recherche gemacht wie die Freundin. Das muss den Redaktionsleitern negativ aufgefallen sein. Nach draußen muss die Arbeit der beiden völlig unkoordiniert gewirkt haben. Außerdem findet sie die Ideen von Sabine – um es klar auszudrücken – unmöglich. Nur wie sagt sie das der Freundin? Ein Konflikt ist da, und Sabine weiß noch gar nichts davon. Geht Andrea nun über alles hinweg – aus Freundschaft? Oder spricht sie mit Sabine und bittet sie, zukünftig die Recherche besser aufeinander abzustimmen? Sagt sie ihr, dass sie die Ideen grauenhaft findet? Oder stellt sie lieber erst einmal ihre Ideen vor – in der Hoffnung, die Freundin möge auf eine ihrer Ideen anspringen?

      „Na, was sagst du dazu?“ Mit diesem Satz wird Andrea aus ihren Gedanken gerissen. Wenn es doch nicht Sabine wäre, dann könnte sie hier ganz sachlich bleiben. Aber so …

      „Also, äh … Ich bin erst einmal platt von so viel Information“, rettet sie sich.

      „Nicht? Gute Arbeit, was? Nun bin ich aber auf deine Ideen gespannt.“

      Das erleichtert Andrea. Sabine erwartet keine Bewertung ihrer Ideen. Wahrscheinlich geht sie selbstverständlich davon aus, dass Andrea alles ganz prima findet.

      „Erst einmal ist mir der Spruch eingefallen: ‚Zwei Deppen – ein Gedanke‘. Wir haben absolut die gleiche Recherche durchgeführt. Die Redaktionsleiter müssen gedacht haben, wir sind völlig unkoordiniert …“

      Und dann beginnt Andrea mit ihrem Bericht. Beim nächsten Mal, so hat sie sich vorgenommen, will sie mit Sabine die Recherche besser abstimmen. Und jetzt hofft sie immer noch, dass Sabine eine ihrer Ideen gut findet oder dass sie aus beiden Ideen etwas Neues zusammenfügen können. Noch einmal Glück gehabt. Was aber, wenn sie wirklich einmal formulieren muss, wie sie Sabines Ideen findet? Sicherlich wird Sabine eingeschnappt reagieren. Die freundschaftliche Basis behindert hier also eher die Findung einer guten Idee, anstatt sie zu beflügeln. Und das ist genau der Punkt, auf den die meisten Menschen nicht vorbereitet sind.

      Teamkonflikt

      Erkennungszeichen: zu viel Sympathie und freundschaftliche Verbindungen

      To Do:trotz persönlicher Verbindungen versuchen, eine sachliche Klärung herbeizuführen, nicht zu viel als gegeben voraussetzen, wie bei anderen Personen auch genau nachfragen

      Kränkungen und Verletzungen

      Kränkungen gehören zu den Themen in Konflikten, die sehr schlecht heilen, auch wenn eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann. Die Kränkung oder Verletzung bleibt bestehen und lässt sich auch nicht wieder ungeschehen machen. Oftmals kann nach schweren Kränkungen oder Verletzungen nicht mehr zusammengearbeitet werden. Es bleiben im wahrsten Sinne des Wortes „Narben“ zurück, über die man bei jedem weiteren Projekt stolpert.

      Bruch aufgrund einer Nebensächlichkeit

      Wenn alle Seiten es möchten und sich alle Beteiligten engagieren, dann kann es auch zu einem Vergessen kommen und damit zu einer Heilung. In den meisten Fällen allerdings trennen sich die Wege. Das geschieht oftmals nicht sofort, sondern es handelt sich um einen schleichenden Prozess. Man zieht sich etwas zurück und kooperiert auf einer oberflächlicheren Ebene weiter miteinander. Zwangsläufig geschieht dann wieder etwas, das Missstimmung bringt, und der Abnabelungsprozess schreitet voran. Am Schluss führt dann ein eigentlich nebensächliches Thema, das bei einer guten Beziehung problemlos wäre, zu einem Bruch. Die Beteiligten haben das Gefühl, das Maß sei nun endgültig voll.

      Diese Situation tritt schnell ein, wenn Freiberufler kollegial zusammenarbeiten. Die Schwellen sind hier niedriger als bei Kollegen mit fester Anstellung. Als Freiberufler verbunden zu sein birgt immer die Möglichkeit in sich, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Als Kollegen in einem Unternehmen hingegen muss man oft Jahre miteinander auskommen – ob man das gerne hat oder nicht.

      Kränkend sind oft nicht die großen Beleidigungen, die für jeden schnell als Kränkungen zu erkennen sind, sondern eher Feinheiten, die gerne übersehen werden, aber eine Zusammenarbeit nachhaltig schädigen können.

      Krise bei Freiberuflern

      Wenn sich beispielsweise Freiberufler zu einem Team zusammengeschlossen haben und unter einem gemeinsamen Namen firmieren, dann werden hier Abstimmungsprozesse notwendig, die jeder alleine für sich nicht bräuchte. Da aber das Selbstverständnis immer noch das der Selbstständigkeit ist, fällt die Abstimmung in dieser Konstellation besonders schwer. In der Regel wird einer der Beteiligten zum Finanzverantwortlichen und regelt die Geschäfte – auch stellvertretend für die anderen. Kommt es beispielsweise zu einer Krise – oft bei der ersten großen Steuerzahlung, dann kann das schon die Liquidität beeinträchtigen. Der Finanzverantwortliche ist hier besonders gefragt. Dabei entstehen auch Fehlentscheidungen, die die anderen gerne überprüfen. Diese Überprüfung verursacht wieder Kosten, die von allen getragen werden müssen. Die Kosten für neue Konsultationen werden umso höher, je mehr dem Finanzbeauftragten misstraut wird. Hier beginnen ganz leicht die Kränkungen. Der Finanzbeauftragte ist gekränkt, dass die an–deren das Bedürfnis haben, seine Arbeit zu überprüfen. Das gibt er zurück, sobald er eine Chance sieht. Es entsteht eine neue Kränkung.

      Beispiel

      „Hör mal, Franz, mein Steuerberater schickt nun an dich – als unseren Finanzbeauftragten – seine Rechnung. Es ging um die Überprüfung des Jahresabschlusses im Sommer – du erinnerst dich sicherlich. Es sind sechs Stunden aufgelaufen, die für uns alle Klarheit in das Geschehen gebracht haben.“

      Das klingt zunächst sachlich, aber es sind Kränkungen enthalten: Zum einen wird deutlich, dass dem Jahresabschluss, den Franz betreut hat, kein Glauben geschenkt wurde. Seine Leistung wurde also angezweifelt. Zum anderen wird deutlich, dass es mehr Klarheit gab mit der Unterstützung der Kollegen. Das hätte sich Franz anders gewünscht. Er selbst wollte den Jahresabschluss absolut korrekt abgeben. Die Retourkutsche kommt unbesehen:

      „Ich denke nicht, Herbert, dass wir diese Kosten als Gemeinschaft übernehmen können. Ich habe kein Budget dafür eingeplant. Es war dein besonderer Wunsch, die Zahlen von deinem Steuerberater überprüfen zu lassen, es war nicht mein Auftrag. Am besten, du stellst einen Antrag an die Gesellschafterversammlung und bittest um Kostenübernahme. Dann entscheiden alle gemeinsam, was mit dieser Rechnung geschehen soll.“

      Gekränkter Kollege schlägt zurück

      „Gekränkter Franz schlägt zurück“, könnte man diese Antwort nennen. Er möchte die Kosten nicht übernehmen, weil seiner Meinung nach eine Prüfung nicht notwendig gewesen wäre. Die Prüfung an sich bezweifelt seine Kompetenz. Also gibt er die Kränkung zurück.

      Der scheinbar sachlich geführte Dialog kann zu einem großen Konflikt führen, denn nun wird auch sein Kollege Herbert reagieren. Er wird gekränkt sein, dass er nicht wie sonst immer im Vertrauen arbeiten kann. Er muss sich zukünftig ein Budget freigeben lassen. Das entspricht nicht der bisherigen geschäftlichen Zusammenarbeit zwischen den beiden. Die Bittstellerposition, in die er nun gedrängt wird, erschüttert ihn. Er ist dem Gutdünken der Kollegen ausgeliefert, die darüber befinden werden, ob die Rechnung bezahlt wird oder nicht. Diese aber kennen wiederum weder die Sachlage genau noch die Gespräche, die geführt wurden. Er fühlt sich nicht mehr respektvoll behandelt. Das kränkt.

      Er hat übersehen, dass er seinen Kollegen zuvor bereits gekränkt hat; er hatte nur die Sache im Blick, nicht die Gefühle des Kollegen Franz. Und umgekehrt versucht Franz


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