Selbstcoaching. Stefanie Demann
Selbstcoaching ist weder eine neue Disziplin noch handelt es sich hierbei um Zauberei oder eine Geheimwissenschaft. Die Methoden, Techniken und Mechanismen des Selbstcoaching sind seit Jahrtausenden bekannt. Nur hießen sie bei den alten Griechen noch nicht Selbstcoaching, sondern zum Beispiel „Kultivierung des Charakters“ (ἕξιϚ, hexis). Aristoteles beschreibt in seiner „Nikomachischen Ethik“ die Charakterbildung als einen lebenslangen Prozess mit dem Ziel, als guter Mensch glücklich zu werden. Auch wenn die Moralvorstellungen der Antike nicht mehr ganz der heutigen Norm entsprechen, hat sich das Ziel doch herzlich wenig verändert: Wir wollen glücklich sein – auf unsere ganz persönliche Art und Weise.
Einsatzbereiche des Selbstcoaching
Konkret können Sie Selbstcoaching einsetzen bei Fragen zu den Be reichen:
■ Selbstfindung
■ Stärkung Ihres Selbstbewusstseins
■ Ausbildung Ihrer Persönlichkeit
■ Motivationsprobleme
■ Entscheidungsangst
■ Sackgassen-Gefühl
■ Umbrüche
■ Frust und Unzufriedenheit
■ Torschluss-Panik und Midlife-Crisis
■ Burn-out-Prävention
■ Orientierung vor neuen Lebensabschnitten
■ Festigung des eigenen Standings
■ Erfolge und Misserfolge
Persönlich Einfluss nehmen
Selbstcoaching hilft Ihnen dabei, jene Bereiche weiterzuentwickeln, auf die Sie persönlich Einfluss haben: Ihr Denken, Ihr Verhalten und Ihre Gefühle. Dafür bietet Ihnen dieses Buch die besten Tools. Die hier vorgestellten Selbstcoaching-Tools sind erprobt, einfach anzuwenden und funktionieren wirklich. Trauen Sie sich zu, sie anzuwenden.
Den Lauf der Dinge werden Sie mit Selbstcoaching zwar nicht aufhalten. Mit Selbstcoaching werden Sie die Welt nicht aus den Angeln heben. Es werden auch immer wieder Dinge passieren, ohne dass Sie etwas dagegen tun können. Dennoch brauchen wir nicht fatalistisch die Hände in den Schoß zu legen: „Ich kann ja sowieso nichts ausrichten.“ Als Selbstcoacher tun Sie das Beste, zu dem Sie imstande sind – und das ist mehr, als die meisten anderen Menschen tun.
Herausfinden, was Sie tun wollen
Aber was jetzt tun? Etwas treibt Sie um und Sie möchten dem auf den Grund gehen. Vielleicht wissen Sie schon, was Sie ändern möchten, aber nicht wie. Möglicherweise haben Sie nur ein Gefühl, das Ihnen sagt, dass Sie etwas tun müssen. Sie wissen aber noch nicht, was. Egal, was jetzt gerade los ist: Sie können mit Selbstcoaching herausfinden, was es ist und welche Möglichkeiten Sie haben, etwas zu tun.
SELBSTCOACHING-TOOL
1
Mit dem Drei-Minuten-Selbstcheck herausfinden, was gerade mit Ihnen los ist
Nehmen Sie sich drei Minuten Zeit, in denen Sie unbeobachtet sind, jetzt sofort, heute Abend, morgen früh. Setzen oder legen Sie sich hin. Schließen Sie die Augen. Atmen Sie einfach so weiter, wie Sie möchten. Was spüren Sie in diesem Augenblick?
Ruhe – Nervosität
Frieden – Erschöpfung
Entspannung – Anspannung
Zufriedenheit – Rastlosigkeit
Glück – Trauer
Nach dieser kleinen Übung, die Sie übrigens gerne ab und zu wiederholen können, brauchen Sie weder sich noch Ihre Gefühle zu bewerten. Egal, wie Sie sich gefühlt haben, es gibt weder Richtig noch Falsch. Im Augenblick müssen Sie noch gar nichts unternehmen. Denn in diesem Kapitel geht es um die Fragen, wie es Ihnen geht und was Sie umtreibt. Der Selbstcheck dient zu Beginn Ihres Selbstcoaching dazu, zur Ruhe zu kommen und sich eine Pause zu gönnen, ohne Druck und Aktionismus.
Wenn Sie gerne meditieren, habe ich hier noch eine weitere Übung für Sie:
SELBSTCOACHING-TOOL
2
Mit dem Fünf-Minuten-Selbstcheck herausfinden, was Sie gerade bewegt
Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit, in denen Sie unbeobachtet sind, jetzt sofort, heute Abend, morgen früh. Setzen oder legen Sie sich hin. Lesen Sie langsam weiter und lassen Sie sich einfach mitnehmen, ohne entscheiden, bewerten oder etwas tun zu müssen. Und das ist Ihr Meditationstext:
„Ich bin müde von einem stressigen Tag, fühle die Anstrengung und den Frust über alles, was nicht so verlaufen ist, wie ich es mir gewünscht habe. Ich darf mich so fühlen. Ich muss nichts tun.
Ich spüre meinen Kopf, meinen Rücken, meine Beine. Die Beschwerden, die da sind.
Ich darf sie fühlen. Ich muss nichts tun.
Egal, welche Gefühle mich jetzt durchfluten, ich lasse sie zu. Alles ist erlaubt: Trauer, Scham, Ärger, Wut, Angst, Überforderung.
Ich fühle mich so und muss nichts tun.
Ich suche jetzt keine Lösung, alles darf so sein, wie es ist.
Ich danke mir selbst, dass ich zulasse, wie es ist. Ich danke mir selbst, dass ich so fühlen darf. Ich genieße es, dass ich mir das einfach so erlaube.“
Aufschreiben, was Sie denken
Für alle, die gerade die Augen verdreht und die mit Meditation nichts am Hut haben, gibt es mit Tool 3 eine Alternative: Der Zehn-Minuten-Selbstcheck bietet Ihnen eine ganze Reihe von Fragen, die Sie sich selbst beantworten. Bitte ohne Seitenblick darauf, was wohl andere dazu sagen würden. Niemand bekommt Ihre Antworten zu sehen, also seien Sie ehrlich. Antworten Sie spontan, ohne lange alle Möglichkeiten, Konsequenzen oder Bedeutungen abzuklopfen – am besten schriftlich. Diese zehn Minuten bringen Ihnen den größten Nutzen, wenn Sie wirklich aufschreiben, was Sie denken. Färben Sie Ihre Antworten nicht schön, pfeifen Sie auf rhetorisch ausgefeilte Formulierungen, verbannen Sie den inneren Kritiker, der gleich wieder alles bewerten will und Ihnen einflüstert:
■ „Na ja, sooo gut warst du in Sport nun auch wieder nicht, der drahtige Thorsten hat bessere Körbe aus der Distanz geworfen!“
■ „Wie süß! Du wolltest wirklich mal Imker werden?“
■ „Ach ja? Du möchtest der Welt ein selbst geschriebenes Buch hinterlassen?! Hat nicht dein Deutschlehrer noch in der elften Klasse gesagt, dass du Kommas setzt wie mit dem Salzstreuer?“
■ „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel ist also dein Lieblingsfilm, na ja, geht es auch etwas origineller?“
Also: Niemand liest in diesem Moment Ihre Gedanken, niemand bekommt jemals diese Aufzeichnungen zu sehen. Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf und schreiben Sie Ihre Antworten so auf, wie Sie Ihnen einfallen.
SELBSTCOACHING-TOOL
3
Mit dem Zehn-Minuten-Selbstcheck herausfinden, was mit Ihnen gerade los ist
■ Womit habe ich mich früher am wohlsten gefühlt? Was habe ich am liebsten getan? Mit wem war ich am liebsten zusammen?
■ Welche Fächer habe ich in der Schule am liebsten gemacht? Was ist mir leichtgefallen? Was konnte ich besser als andere Kinder meines Alters?
■ Wobei habe ich momentan den meisten Spaß?
■ Was muss passieren, damit ich einen Tag gelungen nenne?
■ Was mache ich, wenn ich nicht mehr arbeiten müsste?
■ Was mache ich am liebsten?
■ Wofür gebe ich gern Geld aus?
■ Welche Filme schaue ich am liebsten? Was gefällt