Die 16 Lebensmotive in der Praxis. Группа авторов
sind wir intrinsisch motiviert – wir erledigen also eine Aufgabe, weil sie uns Spaß macht und wir mit ihr ein verfolgtes Ziel erreichen können. Bewegt man sich innerhalb dieser Schnittmenge, benötigt man keine besondere Willenskraft, um die Aufgabe zu erledigen, und fällt eventuell sogar in einen »Flow«.
Je stärker unsere impliziten Motive und expliziten Ziele voneinander abweichen, umso mehr Kraft kostet uns ein Verhalten. Nach einer Studie von Nicola Baumann, Rainer Kaschel und Julius Kuhl können bedürfnisferne Ziele sogar zu psychosomatischen Beschwerden wie Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen, Schlafproblemen, Angst und / oder Hilflosigkeit beitragen.2 Das Reiss Profile bietet also eine Möglichkeit, frühzeitig ein Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse zu entwickeln und sich selbst zu Flow- statt Stresserlebnissen zu führen.
Fazit: Training, Coaching und Beratung mit dem Reiss Profile
Klassische Trainings-, Coachings- und Beratungsansätze setzen meist kurzsichtig auf der Ebene der Kompetenzen oder des Verhaltens an. Diese Maßnahmen können zwar vorläufig durchaus das gewünschte Ergebnis bewirken. Eine stabile Verhaltensänderung setzt aber voraus, dass die individuellen Motive und Einstellungen des Menschen berücksichtigt werden, da diese gemäß des Zwiebelmodells der menschlichen Persönlichkeit letztlich unser Verhalten bestimmen. Das Reiss Profile ermöglicht den Durchblick bis zum eigentlichen Kern der Persönlichkeit eines Menschen. Ein motivorientierter Trainings-, Coachings- und Beratungsansatz setzt daher an dem an, was bestehen bleibt: unseren individuellen Werten und Bedürfnissen, die sich auf alle anderen Ebenen unserer Persönlichkeit auswirken.
In der Arbeit mit dem Reiss Profile wird mit den individuellen Ausprägungen der 16 Lebensmotive zunächst ein Bewusstsein für die Motivstruktur eines Menschen geschaffen. Darauf aufbauend können in einem zweiten Schritt Glaubenssätze aufgedeckt und z. B. mit den aus der Schematherapie nach Young abgeleiteten Methoden hinterfragt und bearbeitet werden. Auf der Ebene der Wahrnehmung können Self-hugging-Tendenzen besprochen und in positivem Sinne genutzt werden. Denn Andersartigkeit ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung – vorausgesetzt, Unterschiedlichkeit wird nicht nur respektiert, sondern auch wertgeschätzt und ins eigene Leben integriert. Die notwendigen Fähigkeiten dafür werden auf der nächsten Ebene bearbeitet. Je nach Motivstruktur können Lernfelder abgesteckt und individuell-passgenaue Methoden und Maßnahmen für eine gesteigerte Leistung und mehr Zufriedenheit abgeleitet werden. Und diese können letztlich auf der Verhaltensebene auch von anderen beobachtet werden.
In den folgenden Beiträgen geben Ihnen zahlreiche Experten einen detaillierten Einblick in die verschiedenen Anwendungsgebiete des Reiss Profiles in Training, Coaching und Beratung. Denn wenn wir uns schon nicht aussuchen können, was wir wollen, so können wir uns über das Reiss Profile in den verschiedensten Kontexten zumindest bewusst machen, was wir brauchen. Und darauf aufbauend ist es nur noch ein weiterer kleiner Schritt, unser Tun noch besser auf unser Wollen abzustimmen.
Markus Brand
ist Diplom-Psychologe, Trainer, Coach, Speaker und Autor. Seit 2002 ist er Gründer und Geschäftsführer der b2 consulting GmbH. 2006 gründete er gemeinsam mit Frauke Ion die Institut für Lebensmotive GmbH, die er seitdem leitet. Er ist einer der erfahrensten Reiss Profile Master weltweit und Mitinhaber der Lizenz für das Reiss Motivation Profile in Großbritannien. Markus Brand ist Erfinder des MasterClubs für Reiss Profile Master und von der Reiss Profile Europe B. V. als Instructor qualifiziert, auch andere für die Nutzung des Tools auszubilden.
Frauke Ion
ist seit 1988 als Consultant, Trainerin und Business-Coach tätig und blickt auf langjährige Führungserfahrung zurück. Seit 2005 leitet sie ihr eigenes Beratungs- und Trainingsunternehmen ion international, seit 2006 ist sie Gründerin und Mitinhaberin der Institut für Lebensmotive GmbH sowie Lizenznehmerin für das Reiss Motivation Profile in Großbritannien. Sie ist ausgebildete Trainerin und Business-Coach und u. a. für die Programme von FranklinCovey, Insights Discovery und das Reiss Profile zertifiziert.
1 Sie können das entsprechende Arbeitsblatt auch auf unserer Website herunterladen: http://www.institut-fuer-lebensmotive.de/item/die-16-lebensmotive.html
2 Vgl. den Artikel Selbst, bitte melden! aus der Zeitschrift Psychologie Heute, Januar 2004.
∎ RALF TEICHGRÄBER
Teamentwicklung mit dem Reiss Profile
Der nachfolgende Beitrag bietet praxis- und umsetzungsrelevante Hinweise für die Konzeption, Gestaltung und Durchführung von Teamentwicklungsprozessen. Nach der Einführung geht es um die Frage, zu welchen Anlässen sich das Reiss Profile als Basis für eine Teamentwicklung eignet (Kapitel 2). Anschließend werden begleitende Methoden zum Einsatz des Reiss Profiles in Teamentwicklungsworkshops vorgestellt und den jeweiligen Workshop-Zielen zugeordnet (Kapitel 3). Welche Konsequenzen die Ergebnisse des Teamprofils für die Workshop-Gestaltung und -Moderation haben (welche Inhalte, welche Lernformen, welches generelle Setting), wird in Kapitel 4 anhand eines konkreten Beispiels erörtert.
1. Einführung
Die Idee dahinter
Das Reiss Profile bietet die Möglichkeit, die individuelle Bedürfnisstruktur von Teammitgliedern abzugleichen und daraus Optimierungen im Team abzuleiten. Dies betrifft die generelle Zusammenarbeit in Teams, aber auch spezielle Anlässe wie »Neue Teammitglieder«, »Veränderung der Aufgabenstellungen in Teams«, »Konflikte« etc. Durch den Austausch über individuelle Bedürfnisse wächst das Verständnis für ungewöhnlich scheinende Absichten, Kommunikationsimpulse und Verhaltensweisen des Einzelnen. Zusätzlich ermöglicht das Reiss Profile dem Trainer1, den Workshop motivorientiert auf die Bedürfnisse der Teilnehmer auszurichten und damit gleichzeitig das Verstehen der Motive in der Praxis sichtbar zu machen.
Ich habe mich ausdrücklich dafür entschieden, bei der geläufigen Begrifflichkeit der »Teamentwicklung« zu bleiben, auch wenn heute im Zuge der zunehmenden Verallgemeinerung und der Übertragung von trendigen Begriffen aus dem Bereich der Personalentwicklung z. B. das Wort »Teamcoaching« (Alf-Jähnig et al. 2010) ähnlich verwendet wird.
Ein persönliches Wort vorweg: Auch ich als Autor bin von Motiven geprägt