Körpersprache. Macht. Erfolg.. Monika Matschnig
Wenn Menschen erfahren, dass ich Körpersprache-Expertin bin, reagieren sie häufig so: Sie erstarren, wissen nicht mehr wohin mit ihren Händen und fühlen sich unwohl. Sie denken vermutlich, dass ich auf jede kleinste Geste achte und sie im Handumdrehen »durchschaue«. Aber auch ein Experte für Körpersprache kann nicht zu 100 Prozent zutreffend analysieren, was in einem Menschen vorgeht. Tatsache ist jedoch, dass wir alle – ob nun Experte oder nicht – die Menschen um uns herum ständig beurteilen. Dies geschieht meist jedoch unbewusst. Es lohnt sich also, die eigene Beobachtungsgabe zu trainieren, um die Treffsicherheit zu erhöhen. Und das geht so:
Berücksichtigen Sie individuelle Gewohnheiten
Wie Sie inzwischen wissen, hat jeder Mensch seine individuelle Körpersprache – seine Baseline. Beobachten Sie deshalb immer zuerst das individuelle körpersprachliche Normalverhalten eines Menschen oder seine kommunikativen Gewohnheiten. Diese offenbaren sich am besten in einer stressfreien Situation. Je häufiger Sie mit einer Person in Kontakt treten, desto einfacher ist es, deren Baseline zu identifizieren. Denken Sie nur an einen Ihnen nahestehenden Menschen. Sie fühlen unbewusst sofort, wenn etwas nicht in Ordnung ist, wenn sein Verhalten von seiner Baseline abweicht, und sei es auch nur minimal.
Beobachten Sie deshalb genau das Verhalten Ihrer Mitarbeiter, Kollegen und Freunde und schaffen Sie jeweils eine Basis, um Verhaltensänderungen leichter wahrzunehmen. Sollten Sie keinen längeren Zeitraum zur Verfügung haben, dann nutzen Sie ein Gespräch über belanglose, nicht emotionale Themen, um das Verhalten Ihres Gegenübers zu beobachten. Prägen Sie sich Mimik, Körperhaltung, Armbewegungen, Stand, Sitzhaltung und allgemeine körpersprachliche Ausdrücke ein, die signifikant für diese Person sind:
Verändert sich während des Gesprächs die entschlüsselte Baseline, dann sollten Sie aufmerksam sein. Hat Ihr Gegenüber zum Beispiel seine Aussagen immer stark mit den Händen untermalt und zeigt plötzlich keine Gesten mehr, kann das auf eine wachsende Anspannung deuten. Wird ein neutraler Gesichtsausdruck plötzlich zum permanenten, jedoch unecht wirkenden Lächeln, kann das ein Zeichen von Angst sein. Auch wenn das Sprechtempo plötzlich erheblich schneller wird und die Stimmlage sich erhöht, ist das ein mögliches Zeichen von Nervosität. Andererseits kann eine plötzliche Abweichung vom üblichen Verhalten auch ein Hinweis darauf sein, dass die Person an für sie bedeutende Begebenheiten denkt oder bestimmte Gedankengänge durchspielt. Tja, und Gedanken lesen kann niemand.
Unterscheiden Sie universelle und individuelle Signale
Es gibt körpersprachliche »Vokabeln«, die bei allen Menschen ähnlich oder sogar identisch sind. Emotionen sind universell und auch international. Presst jemand beide Lippen zusammen und Teile der Lippen verblassen dabei, ist garantiert Wut oder Zorn im Spiel. Hebt jemand die Schultern an, um seinen empfindlichen Halsbereich zu schützen, ist sein Kopf starr und bewegen sich nur noch die Augen, kann man davon ausgehen, dass dieser Mensch ängstlich ist oder zumindest in diesem Moment Angst hat.
Setzen Sie Signale in den Kontext
Ein einzelnes Signal reicht nicht aus, um den Menschen dahinter einzuschätzen – ebenso wenig, wie sich aus einem einzelnen Wort der Inhalt eines Satzes herauskristallisieren lässt. Signale müssen häufiger oder in Kombination mit anderen auftreten. Nur weil sich jemand einmal kurz mit der Hand vor den Mund fährt, heißt das nicht automatisch, dass er etwas verheimlichen möchte. Interesse zeigt sich beispielsweise darin, dass jemand beide Augenbrauen leicht nach oben zieht, Ihnen konstanten Blickkontakt schenkt, sich Ihnen mit dem ganzen Körper zuwendet und die Mimik dabei entspannt wirkt. Wer ab und zu nickt, den Gesprächspartner eventuell leicht berührt oder eine Berührung andeutet, verstärkt diesen interessierten Eindruck noch.
Beobachten Sie jedoch in einem Meeting, dass der Kunde häufig auf die Uhr oder zur Tür blickt, mehr auf der Stuhlkante als auf dem Stuhl sitzt, den Oberkörper von Ihnen abwendet und mit der Fußspitze schon Richtung Tür wippt, sind auch diese Signale relativ deutlich. Lassen Sie ihn gehen, er hat kein Interesse oder keine Zeit mehr.
Idiosynkratische Signale
Bei manchen Menschen zeigen sich besondere individuelle Merkmale, die sogenannten idiosynkratischen Signale. Spricht zum Beispiel jemand grundsätzlich mit abgespreizten Fingern oder zuckt beim Gespräch permanent mit den Schultern, dann ist das ein für diesen Menschen typisches Verhalten.
Zudem fällt Körpersprache in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich aus, abhängig von gesellschaftlichen und beruflichen Normen, den kulturellen Gepflogenheiten, dem Geschlecht und den Erwartungen der Zuhörer, Mitarbeiter und Kollegen. So werden Sie sich als Führungskraft im eigenen Unternehmen anders verhalten und bewegen als in einem fremden. Mit einem gleichrangigen Kollegen werden Sie anders sprechen als mit einer Person, die einen untergeordneten Status hat. In der Kaffeeküche wird ein Gespräch eher im Plauderton ausfallen als am Besprechungstisch. Entsprechend locker wird auch die Körperhaltung sein.
Ein Seismograph für die Wahrheit
Wie können wir anhand nonverbaler Signale erkennen, dass der Gesprächspartner gerade nicht ganz ehrlich ist oder nicht zu dem steht, was er sagt? Ganz einfach: Gefühle wie Angst, Unsicherheit oder Nervosität offenbaren sich unbewusst in Gestik, Mimik und Körpersprache und lassen sich kaum kontrollieren. Besonders betroffen sind die distalen Bereiche. Das sind jene Teile des Körpers, die am weitesten vom Herzen entfernt sind, etwa Füße und Finger. Aber auch anhand von sogenannten Mikroausdrücken – kleinen schnellen Veränderungen im Gesicht – können wir wahrnehmen, was in unserem Gegenüber vorgeht. Beim Lügen oder Flunkern beispielsweise verändern sich Gesichtsausdruck und Körperhaltung – wenn auch nur für Bruchteile von Sekunden.
Viele Menschen nehmen diese Minisignale zwar nicht bewusst wahr, haben aber das untrügliche Gefühl, dass etwas nicht ganz stimmig ist. Psychologen haben herausgefunden, dass wir uns mit fünfmal größerer Wahrscheinlichkeit auf die Körpersprache verlassen, wenn bei einem Gesprächspartner ein Widerspruch zwischen dem gesprochenen Wort und seiner Körpersprache besteht. Trotzdem sollten Sie auch da nie vorschnelle Schlüsse ziehen. Hier sei noch einmal ausdrücklich erwähnt: Nur die Betrachtung des gesamten Körpers und der Gesamtsituation ermöglicht es uns, eine vermittelte Botschaft weitgehend zuverlässig einzuordnen.
Kennen Sie Ihre »ehrlichsten« Körperteile?
Das sind die Füße! Schuld daran ist das limbische System in unserem Gehirn. Es sorgt dafür, dass wir auf jene Körperteile, die am weitesten vom Gehirn entfernt sind, am wenigsten Einfluss haben. Wenn wir unser Gegenüber schnell einschätzen wollen, sollten wir also mit dem »Scan« unten beginnen und uns nach oben hocharbeiten. Wer zum Beispiel im Gespräch den Fuß in Richtung seines Gesprächspartners hält, ist mit dem, was er hört, einverstanden. Umgekehrt signalisiert ein abgewandter Fuß keine Übereinstimmung.
Mikroausdrücke – einen Lidschlag lang