Mein Freund, der Kunde. Jürgen Frey

Mein Freund, der Kunde - Jürgen Frey


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Tergon Swiss Ergochairs: Was lässt sich daraus lernen?

      

Offensichtliche Schwächen können durch Stärken auf einem anderen Gebiet mehr als ausgeglichen werden.

      

Produkte müssen nicht schön oder trendig sein, solange sie nützlich sind und dieser Nutzen in den Mittelpunkt gerückt sowie klar kommuniziert wird.

      

Selbstbewusstsein im Hinblick auf die Kernkompetenz zeigt sich in umfangreichen Services und Garantien rund um das Kernprodukt.

       Die Außenwirkung entwickelter Kernkompetenz

       Unternehmen und Kunde auf Augenhöhe

      Wie nehmen Kunden ein Unternehmen wahr, das seine Identität kennt und seine Kernkompetenz entwickelt hat? Sie sehen einen Partner auf Augenhöhe, der es nicht nötig hat zu blenden und dem man vertrauen kann. Sie wissen auch, dass ein solches Unternehmen nicht allein über den Preis verkauft und nicht jedem Auftrag hinterherrennt. Vor allem aber fühlen sich Kunden zu einem solchen Unternehmen hingezogen. Stärke macht nun einmal attraktiv. Schließlich ziehen ja auch die erfolgreichen Fußballvereine die meisten Zuschauer ins Stadion und nicht die Absteiger. Noch einmal: Gemeint ist hier echte, innere Stärke und nicht Arroganz. Echte Stärke kommt aus dem Bewusstsein, das Richtige zu tun, es gut zu können und für andere damit einen Nutzen zu stiften.

      Mitarbeiter eines Unternehmens mit entwickelter Kernkompetenz brauchen keine Angst vor dem »Verkaufen« zu haben. Denn sie spüren die Neugier und das echte Interesse ihrer Kunden, mit einem attraktiven Unternehmen ins Geschäft zu kommen. Fragen Sie doch einmal einen Verkäufer bei Porsche, ob ihm das »Verkaufen« jemals schwergefallen ist. Kaum vorstellbar, dass er dies bejahen wird. Wahrscheinlicher ist, dass er genauso begeistert von dem Produkt Porsche ist wie seine Kunden. Deshalb unterhält er sich mit seinen Kunden wie unter Freunden über die neueste Technik.

      Die »Porsches« der Zukunft werden vielleicht Anbieter von Elektromobilität sein, die es schaffen, Spaß und Ökologie maximal miteinander zu verbinden. Oder es werden neuartige Banken im Bereich des »Corporate Microbanking« sein, die unserem bisherigen Finanzsystem eine sowohl sozialere als auch effektivere Alternative gegenüberstellen. Wir wissen es nicht. Fest steht aber, dass es für immer mehr Unternehmen rund läuft, wenn sie ihre Stärken entwickeln und sich ganz auf den Kunden ausrichten.

      Immer auf der Suche nach Chancen

       Auch die Chinesen konzentrieren sich jetzt

      Am Anfang dieses Kapitels haben Sie von dem »China-Schock« gelesen, der uns als schwäbischen Mittelständler vor Jahren wachrüttelte. Das Unternehmen drilbox konzentrierte sich danach konsequent auf seine Kernkompetenzen. Da es keine Unternehmernachfolge gab, wurde es schließlich gewinnbringend verkauft und ist heute unter neuer Leitung weiter erfolgreich. Aber auch die chinesischen Unternehmen haben sich enorm weiterentwickelt. Heute begnügen sie sich längst nicht mehr damit, Europa mit billigen Produktkopien zu überschwemmen. Sondern auch sie entwickeln immer mehr ihre Kernkompetenzen.

      Ein Beispiel dafür ist das chinesische Unternehmen Li & Fung. Ihr Organisationstalent und ihre atemberaubende Schnelligkeit haben viele chinesische Unternehmen in den letzten 15 Jahren bewiesen; Li & Fung wurde mit diesen Kernkompetenzen ein Vertriebsgigant und einer der weltweit größten Supply-Chain-Manager. Von Asien aus organisieren die rund 18 000 Mitarbeiter des börsennotierten Unternehmens die Beschaffungskette für so bekannte Marken wie Nike, Reebok, Zara und Esprit sowie für Handelsriesen wie Wal-Mart und Marks & Spencer. Für Walt Disney organisiert Li & Fung die Produktion sämtlicher Merchandising-Artikel. Auch Coca-Cola vertraut beim Merchandising dem Familienunternehmen der Brüder William und Victor Fung. Die beiden Milliardäre haben erkannt: Nicht die Produktion, sondern die Logistik ist das Rückgrat der Globalisierung.

      Sogar die Billigflieger sind den ewigen Preiskampf langsam leid, mit dem sie sich ihren eigenen Markt ramponiert haben. Vor Kurzem beschloss Ryanair-Chef Michael O’Leary, neben dem Preis die Zuverlässigkeit der Airline als Argument für die Kundengewinnung herauszustreichen. Tatsächlich können Billigflieger wegen ihres Geschäftsmodells, das auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen statt Umsteigeverbindungen setzt, manchmal eine höhere Pünktlichkeitsquote erzielen als die großen Airlines mit ihren komplexen Flugplänen. Die Kernkompetenz Zuverlässigkeit wurde aber seitens der Billigfluggesellschaften jahrelang überhaupt nicht an den Kunden kommuniziert, der einzig und allein über den Preis gewonnen werden sollte.

       Der Mittelstand hat den Bogen raus

       Mit Hochdruck am Erfolg arbeiten

      Viele Mittelständler arbeiten schon viel länger und konsequenter an ihren Kernkompetenzen als die Konzerne. Eines von zahllosen Beispielen ist die Firma Kärcher. Das traditionsreiche Unternehmen stellte unter anderem einmal Industrieöfen her. Seit der Entwicklung des ersten Hochdruckreinigers im Jahr 1950 konzentrierte sich der Mittelständler immer mehr auf dieses Geschäftsfeld. Heute ist Kärcher Weltmarktführer für Hochdruckreiniger. Viele sprechen längst von »kärchern« wenn sie »mit Hochdruck reinigen« meinen. Kärcher hat inzwischen so viele »Freunde« unter seinen Kunden, dass es Männer geben soll, die nach verschmutzen Außenmauern geradezu suchen, um wieder mit ihrem Kärcher »spielen« zu dürfen.

      Doch niemand muss Weltmarktführer sein, um seine Produkte an Kunden zu verkaufen wie an Freunde. Meine Mitarbeiterin erlebte das kürzlich, als sie sich ein neues Fahrrad kaufen wollte. Von aggressiver Werbung neugierig gemacht, stattete sie zunächst einem der größten Fahrradhändler der Republik einen Besuch ab. In der riesigen Verkaufshalle traf sie auf einen Verkäufer, der in seinem Anzug mit korrekt gebundener Krawatte auch gut zu einem Mercedes-Händler oder in eine Bank gepasst hätte. Schnell war er bei seinen Lieblingsthemen: Preise, Finanzierungen, Lieferbarkeit. Lust auf Fahrradfahren machte der Kundin dagegen nichts in diesem Laden.

      Ganz anders ein kleinerer Händler in Konstanz. Hier traf meine Mitarbeiterin auf junge Verkäufer in T-Shirts mit Schlüsselband. Es wurde viel gelacht und jeder Kunde wurde gleich angestrahlt. Beim Thema Fahrrad waren die Verkäufer in ihrem Element. Begeistert erzählten sie nicht nur von den Besonderheiten der einzelnen Modelle, sondern auch von ihren persönlichen Erfahrungen. In solchen Geschäften merkt der Kunde: Die Verkäufer verkaufen nicht irgendein Produkt. Sie verkaufen nicht heute Waschmaschinen und morgen in einem anderen Laden Schuhe. Sondern sie verkaufen das, was für sie selbst Teil des Lebensstils ist. Sie gewinnen Freunde für ein Produkt. Ihr Produkt.

       Methodenkoffer

      Wie werden die Märkte der Zukunft aussehen? Die besten Unternehmen beschäftigen sich regelmäßig mit dieser Frage. Sie bauen ergänzend zu ihren bestehenden Stärken neue Kernkompetenzen auf, um in den Märkten der Zukunft aktiv sein zu können.

      To do:

      

Suchen Sie ständig nach neuen Trends und Kundenbedürfnissen. Lesen Sie regelmäßig Tageszeitungen, Wirtschaftsmagazine und Wirtschaftsbücher. Schauen Sie auch auf den Trendsetter USA, zum Beispiel mit Google News U.S. unter der Rubrik »Business«.

      

Überlegen Sie, auf welche anderen Märkte sich das, was Sie gut können, übertragen ließe. Der Autovermieter Sixt zum Beispiel bietet heute auch Fuhrparkmanagement an.

      

Beschäftigen Sie sich mit Trend- und Zukunftsforschung. Überlegen Sie, welche Bedürfnisse Kunden, die Ihnen heute vertrauen, in Zukunft haben werden.

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