Radikal menschlich. Ilja Grzeskowitz
target="_blank" rel="nofollow" href="#fb3_img_img_65270898-2ac3-57a9-8545-ff3fe8e00aea.jpg" alt="image"/>Das Gleiche gilt für das nächste Bedürfnispaar. Um individuelle Anerkennung zu genießen, müssen wir uns von der Gemeinschaft lösen. Auf Gemeinsamkeit basierende Beziehungen funktionieren hingegen nur, wenn wir auf das Merkmal der Einzigartigkeit verzichten.
Es ist also sehr sinnvoll, das eigene dominierende Kernbedürfnis und auch das seiner Mitmenschen zu kennen. Warum? Ganz einfach. Wenn wir wissen, welches Motiv einen Menschen am stärksten antreibt, dann können wir ihn nicht nur besser verstehen, sondern auch viel besser mit ihm umgehen und kommunizieren. Stellen Sie sich nur einmal vor, Sie haben einen Mitarbeiter, dessen dominierendes Kernbedürfnis die Sicherheit ist. Wenn Sie diesem Menschen keine festen Rahmenbedingungen setzen, dann wird er schnell unzufrieden werden. Wäre hingegen die Freiheit das wichtigste Motiv, dann wären zu viele Routinen, Vorschriften oder Regeln kontraproduktiv. Sowohl für den Job als auch den persönlichen Alltag gilt darum:
Je besser Sie verstehen, was Sie und Ihre Mitmenschen antreibt, desto einfacher erreichen Sie Ihre Ziele.
Es sollte mittlerweile keine große Überraschung mehr sein, dass auch die Kernbedürfnisse keine rationalen Motive sind, sondern auf unbewusster Ebene ihren regelmäßigen und zuverlässigen Dienst tun. Kein Wunder, sind sie doch das Resultat unserer innersten Wünsche, Werte und Träume. Trotzdem kann man sie ziemlich gut an die Oberfläche holen und dann dort – wenn gewünscht – natürlich auch verändern. Achten Sie dann sehr bewusst auf ein konkretes Verhalten – bei Ihnen selbst und auch bei anderen Menschen – und stellen Sie sich dann folgende Frage:
»Welches Kernbedürfnis ist dadurch sichergestellt?«
Sie werden erstaunt sein, wie häufig Sie ab sofort ein Schmunzeln auf den Lippen haben werden. Eine Freundin postet überdurchschnittlich oft Selfies auf Instagram? Ganz klar, dies geschieht wegen ihres Bedürfnisses nach Anerkennung. Ihr bester Freund hat schon wieder ein neues Projekt gestartet, weil ihm langweilig wurde? Die Freiheit lässt grüßen. Ihr Kollege sagt immer wieder Ja, obwohl er eigentlich Nein meint? Logisch, es ist die Angst vor der Ablehnung und das Bedürfnis nach Verbindung zu anderen Menschen. Jemand ist seit Jahren unzufrieden mit dem aktuellen Job, traut sich aber nicht, etwas Neues zu beginnen? Das Sicherheitsbedürfnis ist einfach stärker als der Wunsch nach Veränderung.
Dies sind nur vier Beispiele von tausend anderen, und ich bin mir sicher, dass Ihnen auf Anhieb noch viele weitere aus Ihrem Alltag einfallen werden. Je bewusster Sie darauf achten, desto mehr werden Sie feststellen, dass so gut wie alle Verhaltensweisen dazu dienen, die vier Kernbedürfnisse Freiheit, Sicherheit, Individualität und Gemeinschaft sicherzustellen. Diese Quadriga zeigt: Die Bedürfnisse basieren alle auf einem Mangel, den wir durch unser Verhalten auszugleichen versuchen. Gelingt uns dies dauerhaft und ist insbesondere unser dominantes Kernbedürfnis erfüllt, dann kommen die beiden Wachstumsbedürfnisse ins Spiel.
Entscheidend ist, dass Sie Ihr dominantes Kernbedürfnis erkennen und erfüllen.
Wachstumsbedürfnis 1: Die Vision
Wir Menschen sind Wesen, die wachsen müssen. Um erfüllt und zufrieden leben zu können, reicht es nicht, ein statisches Dasein zu führen, mit dem wir nur den Status quo verwalten. Und weil das so ist, streben wir danach, einen Unterschied im Leben zu machen, etwas Bedeutendes zu hinterlassen und eine riesige Delle ins Universum zu hauen. Und hier kommt das Wort Vision ins Spiel. Darunter verstehe ich ein klares, anziehendes und hoch emotionales Bild unserer eigenen Zukunft, welches uns magisch anzieht und fast schon von selbst ins Handeln kommen lässt. Unsere Lebensvision ist sehr individuell und dient uns als Nordstern für die persönliche Entwicklung und das permanente Wachstum als Mensch.
Wachstumsbedürfnis 2: Die Mission
Echte Erfüllung erfahren wir immer dann, wenn unser Streben nicht egozentriert ist, sondern andere Menschen einbezieht. Genau hier setzt die Mission ein. Auf unbewusster Ebene haben wir das tiefe Bedürfnis, etwas zurückzugeben, unseren Erfolg zu teilen und andere Menschen zu unterstützen: in Form einer Stiftung, durch soziales Engagement oder schlicht und einfach dadurch, dass wir für unsere Mitmenschen da sind. Nicht, weil wir uns davon einen Vorteil versprechen, sondern einzig und allein, weil es nichts Schöneres gibt, als in strahlende Augen zu blicken. Die Mission ist größer als wir selbst und kommt immer erst dann ins Spiel, wenn wir einen gewissen Wachstumsgrad erreicht haben.
Eine kleine Zusammenfassung
Jeder Mensch wird von sechs Kernbedürfnissen angetrieben. Vier davon basieren auf Mangel (Freiheit, Sicherheit, Individualität und Gemeinschaft, wovon eines immer das dominierende ist), den wir durch unser Verhalten zu kompensieren versuchen. Sobald wir diese vier Bedürfnisse dauerhaft sichergestellt haben, kommen die beiden Wachstumsbedürfnisse Vision und Mission ins Spiel. In der Gesamtheit beschreibt das Modell daher auch so wunderbar, warum Wachstum für uns Menschen so wichtig ist. Erst, wenn wir uns als Persönlichkeit weiterentwickeln und im zweiten Schritt etwas an andere Menschen zurückgeben, erfahren wir dieses Gefühl der Zufriedenheit, welches mit Worten so schwer zu beschreiben ist. Und genau aus diesem Grund mag ich die Kernbedürfnisse so sehr.
Nicht nur verstehen wir dadurch besser, wie wir selbst und andere ticken, sondern es erklärt auch so wunderbar, warum persönliche Entwicklung nicht nur ein Selbstzweck ist, sondern die notwendige Voraussetzung für ein auf Sinn und Erfüllung basierendes Leben.
Je mehr wir verstehen, was uns wirklich antreibt und was unser dominantes Grundbedürfnis ist, desto leichter fällt es uns, ein Leben fernab den Erwartungen anderer zu führen und unsere Zukunft selbstbestimmt zu gestalten.
Das Motto heißt Change or die. Und in einer Zeit, in der die Rahmenbedingungen immer komplexer, die technische Entwicklung schneller und die Taktung der Veränderung rasanter werden, ist unsere individuelle Persönlichkeit der einzige Faktor, auf den wir uns wirklich verlassen können. Das Beste daran: Diesen Faktor können Sie von vorn bis hinten selbst beeinflussen.
Schließen möchte ich das Kapitel daher mit den Worten von Ralph Waldo Emerson, der diese Gedanken so treffend auf den Punkt gebracht hat: »Dich zu trauen, du selbst zu sein, in einer Welt, die permanent versucht, dich zu jemand anderem zu machen, das ist die größte Leistung überhaupt.« Trauen Sie sich also. Horchen Sie auf Ihre innere Stimme und finden Sie heraus, was Sie wirklich antreibt. Denn je mehr Ihr Wirken auf dem wahren Kern Ihrer Persönlichkeit basiert, desto leichter werden Ihnen notwendige Veränderungen fallen. Und im nächsten Kapitel werden wir uns ganz genau anschauen, wie Ihnen das am besten gelingt.
MACHER-MEMO: Die fünf großen Ideen dieses Kapitels
1.Die alte Changekurve ist nicht mehr aktuell. Stattdessen sind die vier Elemente des Change Loops für erfolgreiche Veränderung von entscheidender Bedeutung: Bewusstheit. Antrieb. Strategie. Handeln.
2.Alles verändert sich, nichts bleibt gleich. In Zeiten des permanenten Wandels lautet das Motto: Change or die. Verändern oder untergehen.
3.Der persönliche Umgang mit Veränderung wird die wichtigste Schlüsselkompetenz der Zukunft sein.
4.Sie können nur das verändern, was Ihnen bewusst ist.
5.Nutzen Sie das Modell