Revolution? Ja, bitte!. Andreas Buhr
Es gibt wahrscheinlich noch viel mehr. Darüber hinaus haben wir noch nicht einmal begonnen, die Auswirkungen der durch Klimawandel bedingten Wanderungsbewegungen zu quantifizieren. Auch andere Nomadenpopulationen entstehen, wobei die Zahl der digitalen Nomaden bis 2035 auf 25 Millionen geschätzt wird. Der Planet organisiert sich unbestreitbar neu. Unsere Aufgabe in diesem globalen Wandel sollte es sein, allen einen integralen Zugang zu Wohlstand, Gemeinschaft und Chancen zu bieten. Deshalb habe ich CULTU.RE gegründet: eine Bewegung, die Technologie und Menschlichkeit verbinden und dazu nutzen will, Wohlstand zu erzeugen und globalen Frieden herzustellen. Ja, ich gebe zu, das ist ein sehr hohes Ziel, aber wir haben heute die Technologie und das Wissen, um einen Riesenschritt in diese Richtung machen zu können.
Florian: Wow!
Toni (lacht): Ja, finde ich auch cool.
Andreas: Toni, du bist nicht nur von Bitcoins begeistert, sondern auch ein politisch denkender Mensch. Du beschäftigst dich mit Fragen über Demokratie und der gerechten Verteilung von Wohlstand. Sind Bitcoins auch politisch relevant?
Toni: Und ob! Bitcoins verändern die Welt! Das hört sich bombastisch an, ist aber ganz simpel: Wer wirtschaftlich mitspielt, kann auch politisch mitreden. Bisher sind viele Entwicklungsländer auf die Spenden aus anderen Ländern oder auf das Geld von internationalen Organisationen angewiesen. Mit diesem Geld sind immer auch Auflagen verbunden, die meistens den jeweiligen Geldgebern nützlich sind. Die Spielregeln können jetzt geändert werden. Bitcoin hat schon jetzt eine Marktkapitalisierung von über 160 Milliarden Dollar (Stand 1. Quartal 2018). 160 Milliarden Dollar – stellt euch das mal vor! Das ist mehr als das geschätzte Vermögen von 85 % der Nationen, wobei Bitcoin nach weniger als zehn Jahren des Bestehens zwischen Finnland (Platz 28) und Tschechien (Platz 29) rangiert.
Andreas: Das hört sich nach Revolution an!
Toni: Das ist es auch. Aber keine, die auf der Straße stattfindet mit Menschen, die Plakate schwenken. Diese Revolution findet im Internet und in den Köpfen der Menschen statt. Die Revolution wird auch nicht über Nacht kommen, sondern wachsen. Die Menschen haben genügend Zeit, sich darauf einzustellen.
Andreas: Sind Bitcoins denn auch etwas für die Reichen und Wohlhabenden dieser Welt?
Toni: Aber ja, die können damit richtig viel Geld machen! Deswegen sollten die Banken auch nicht weinen, dass es sie irgendwann nicht mehr gibt, sondern einfach in die Kryptowährung einsteigen. Es gilt: Wer mitmacht, kann Geld machen. Ich kenne einen Postboten, der hat in 14 Tagen mehr Geld gemacht als in seinem ganzen bisherigen Leben.
Andreas: Die Kursschwankungen aber sind enorm …
Toni: Ja, da muss man cool bleiben. Das lohnt sich aber. Wenn mich Leute fragen, wie sie mit Bitcoins Geld machen können, sage ich immer: kaufen und halten. Mehr braucht es nicht. Wer es ruhiger mag, sollte in die Technik dahinter investieren, in die Blockchains. Wie schon der Börsenguru André Kostolany gesagt hat: Wer mit Gold Geld machen will, sollte nicht ins Gold, sondern in die Schaufel investieren. Das ist immer eine sichere Nummer.
Florian: Letzte Frage: Wann hast du deine erste Bitcoin gekauft?
Toni: Ich habe meine erste Bitcoin nicht gekauft. Ich habe sie geschenkt bekommen! Ich hielt einen Vortrag darüber, wie wenig echte Demokratie wir in unserem Alltag haben. Danach kam ein Zuhörer auf mich zu und überreichte mir einen silberfarbenen USB-Stick. Auf dem war meine erste Bitcoin! Er meinte, das, was da drauf wäre, würde mehr Demokratie in die Welt bringen als alles andere. Und er hatte recht!
Florian: Hast du den Stick noch?
Toni: Nein. Und das ärgert mich sehr! Denn die Bitcoin auf dem Stick ist heute einiges wert! Also, wenn du irgendwo einen silbernen USB-Stick findest, lass es mich bitte wissen! (lacht)
Die Zeiten, in denen Unternehmer von einer Bank zur nächsten tingeln mussten, um neue Geschäftsideen finanzieren zu können, und am Ende dann doch eine Absage kassierten, neigen sich dem Ende zu. Denn nun gibt es Crowdfunding. Crowdfunding, auch Schwarm- oder Gruppenfinanzierung genannt, heißt übertragen auf die Finanzierung von Projekten: Viele Menschen sind von einem Projekt überzeugt und entschließen sich deshalb, es durch einen eigenen Beitrag mitzufinanzieren. Damit wird die Finanzierung zugleich zu einem Markttest, denn nun entscheidet nicht mehr ein einzelner Bankangestellter über die Verwirklichung des vorgestellten Projekts, sondern viele Einzelpersonen, die manchmal nur wenige Euro spenden, in der Masse aber die Finanzierung ermöglichen, weil das Produkt oder die Dienstleistung sie überzeugt. Crowdfunding gibt es auch in der Politik: Barack Obama, der erste schwarze US-Präsident, hat zu großen Teilen seinen Wahlkampf mit Crowdfunding finanziert. Obama, nicht zu Unrecht »König des Crowdfundings« genannt, hatte als Person überzeugt. So haben viele Wähler für seinen Wahlkampf Geld gespendet. Auch Filmprojekte, die von der Filmförderung abgelehnt werden, müssen heute nicht mehr in staubigen Schubladen der Vergessenheit anheimfallen; sie finden ihren Weg dennoch ins Kino. Finanziert werden sie heute einfach von den Zuschauern selbst, wie etwa die beliebte Fernsehserie Stromberg, die den Büroalltag vieler Menschen auf die Schippe nimmt und enorm viele Fans für den Kinofilm mobilisieren konnte.30 Kein Wunder also, dass Crowdfunding-Plattformen wie Pilze aus dem Boden schießen.31
Roboter helfen alten Menschen
Japan hat – mehr noch als Deutschland – ein Problem mit der Bevölkerungsentwicklung. Es gibt mehr alte als junge Menschen. Das schafft Probleme in der Altenpflege und in der Landwirtschaft. Niemand ist da, der die Ernte einholt. Für die Alten ist es irgendwann zu beschwerlich. Was tun? Technikverliebt, wie die Japaner sind, setzen sie bei der Lösung lieber auf Roboter als auf die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte.32 So unterstützt ein speziell angefertigter Roboteranzug, der über der Kleidung getragen wird, die alte Bäuerin beim Pflücken des Obstes. Federn, Griffe und Stützapparate, die in den Roboteranzug integriert sind, helfen bei der mühsamen Arbeit.33 Auch digital gesteuerte Traktoren werden in der japanischen Landwirtschaft vermehrt eingesetzt. Selbst in der japanischen Altenpflege setzt man auf die digitalen Helfer.34 Sie sollen den Pflegebedürftigen heben, waschen und füttern, aber auch melden, wenn er hingefallen ist. Ohne die digitalen Roboter wird die große Gruppe der hochbetagten Japaner in Zukunft nicht zu versorgen sein.
Zukunftsprobleme gibt es auch in den Vereinigten Staaten. Anders als in dem rund 9800 Kilometer entfernten Japan, wo man eine gesündere Esskultur pflegt, hat man in den USA große Probleme mit Diabetes. Softdrinks, Fast Food und der hohe Konsum an Zucker haben Diabetes zur Volkskrankheit werden lassen. Ein Milliardengeschäft. Und so verwundert es nicht, dass Google in die Pharmaindustrie eingestiegen ist. Unter dem Namen Verily Life Science entwickeln die Suchmaschinenoptimierer gemeinsam mit dem Konzern Sanofi eine Kontaktlinse, die den Blutzucker über die Augenflüssigkeit misst. Doch Google wäre nicht Google, wenn das Unternehmen nicht vorhätte, die Gesundheitsvorsorge schlichtweg zu revolutionieren. Sie wollen – wie immer – Pioniere sein. So basteln die klügsten Köpfe von Google an einem digitalen Armband, das jederzeit den Gesundheitszustand des Trägers wiedergibt. Gearbeitet wird in den Google-Laboren auch an winzigen Nanopartikeln, die in den Körper geschleust werden und dort auf Krankheitssuche gehen sollen.35
Moonshots
Google X ist, seitdem es als Forschungsabteilung der Holding Alphabet Inc. unterwegs ist, wie ein Spürhund auf der Suche nach neuen Ideen jenseits der Suchmaschine. Die deutschstämmige Google-X-Topmanagerin Obi Felten lud nicht zufällig 200 Teilnehmer ins Berliner Humboldt Carré, um über nichts anderes zu diskutieren als über verrückte Ideen für die Zukunft.36 Moonshots nennen sie diese Ideen bei Google. »Warum«, so fragte der Spanier Rodrigo García González auf der Veranstaltung, »können wir Wasserflaschen nicht