Sammelband 6 Krimis: Der Killer in den Bergen und andere Krimis für Strand und Urlaub. Alfred Bekker
fünfzig großen Stauraum frei, über den wohl vorwiegend der Getränkenachschub heraufgeschafft wurde.
Ich nahm mir den nächsten Raum vor. Es war mit dem ersten zu fast hundert Prozent identisch – einschließlich des Lastenaufzugs. Der Boden glänzte, alles war Tipp Top hergerichtet.
Im dritten Raum fiel mir auf, dass der Vorhang des Lastenaufzugs geschlossen war. Ich ging hin, riss ihn zur Seite.
Aber offenbar handelte es sich wohl doch nur um die Nachlässigkeit eines Mitarbeiters im Buena Vista. Der Aufzug war leer.
Aus dem Nachbarraum hörte ich plötzlich ein Geräusch. Ein surrender Elektromotor.
Ich stürmte dorthin, wo ich die Ursache dieses Geräusch vermutete. Ins Nachbarzimmer! Jemand hatte den Lastenaufzug betätigt. Er war auf dem Weg nach unten.
Ich rannte zum an der Wand befindlichen Schaltpult. Der Aufzug ließ sich stoppen.
Ich blickte in den Schacht und sah, wie die Drahtseile vibrierten.
Balbo war gefangen.
Ich sah hinab in die Tiefe.
Schüsse krachten durch die aus dünnem Sperrholz gefertigte Deckenverkleidung hindurch und schlugen fingerdicke Löcher. Ich zuckte zurück.
„Hier ist das FBI! Geben Sie auf, Balbo!“, rief ich. „Sie haben keine Chance da herauszukommen! Wenn Sie noch einmal feuern, werde ich zurückschießen müssen! Und dass das Sperrholz nicht kugelsicher ist, haben Sie ja wohl gemerkt!“
Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen.
„Okay!“, rief Balbo schließlich. „Nicht schießen!“
„Ich hole Sie jetzt rauf!“, kündigte ich an.
18
Ricky Balbo ließ sich widerstandslos festnehmen. Ich nahm ihm die Waffe ab und legte ihm Handschellen an. Per Handy verständigte ich Milo. Der hatte inzwischen Verstärkung gerufen. Die Kollegen Clive Caravaggio, Orry Medina und Fred LaRocca waren auf dem Weg hier her.
„Sie haben Robin Carlos den Auftrag gegeben, zusammen mit Rick Mendoza einen Mordanschlag auf James Gutierrez zu verüben“, warf ich Balbo vor.
„Wer sagt dass? Carlos? Das ist nicht wahr!“
„Aber Sie kennen ihn, wie ich sehe...“
„East Harlem ist ein Dorf, da kennt jeder jeden.“
„Und da weiß man auch genau, wer vielleicht einen dreckigen Killerjob übernimmt. Sie konnten ja nicht ahnen, dass gerade an dem Abend, an dem Sie Gutierrez’ ausschalten wollten, ein paar FBI-Beamte in der Nähe waren. Ich bin gespannt, was Gutierrez dazu zu sagen hat, dass Sie...“
„Der bringt mich um, wenn Sie ihm diese Lüge erzählen.“
„Warum sollte Robin Carlos lügen? Der hat nichts mehr zu verlieren. Und Sie auch nicht. Also packen Sie aus! So etwas ist doch nicht auf Ihrem Mist gewachsen? Wer hängt noch mit drin? Hueldez vielleicht? Oder arbeiten Sie für Gutierrez’ Konkurrenz?“
„Ich sage kein Wort mehr“, erwiderte er. „Jedenfalls nicht, bevor nicht ein Anwalt anwesend ist.“
19
Zur selben Zeit trafen sich unsere Kollege Jay Kronburg im New Vanguard mit ihrem Informanten Greg Tambino.
„Ich kann Ihnen Benny Duarte auf dem Silbertablett servieren“, erklärte er. „Er trifft sich in Kürze mit einem neuen Lieferanten und nimmt von ihm eine Probelieferung entgegen. Ich weiß genau wann und wo.“
„Dann packen Sie aus, Tambino!“, forderte Jay Kronburg unmissverständlich.
„Ich möchte, dass Sie ein paar Dollar drauflegen und außerdem die Zusicherung, dass nicht gegen mich ermittelt wird...“
„Haben Sie sich denn was zu schulden kommen lassen, Tambino?“, fragte Leslie Morell.
Tambino verzog das Gesicht. „Wenn ich ein Engel mit lupenreiner Weste wäre, würde ich nicht an die Informationen herankommen, die Sie brauchen.“
„Also über einen Extra-Bonus können wir reden, wenn Sie uns helfen, Benny Duarte nicht nur bei der Übergabe einer Probelieferung zu erwischen, sondern dann, wenn es um das erste größere Kokain-Geschäft geht!“
„Das dachte ich mir schon“, nickte Tambino. „Sie hören von mir!“
„Alles andere wäre Sache des District Attorney“, fuhr Leslie Morell fort. „Wenn es um die paar Gramm Kokain geht, die Sie verkauft haben, kann man darüber sicher reden – aber nicht wenn irgendwelche größere Sachen an die Oberfläche kommen.“
„Ah, ja...“, murmelte Tambino.
Er schien sich etwas mehr versprochen zu haben.
„Da kann doch nichts kommen, oder?“, versuchte Jay sich bei seinem Informanten zu vergewissern.
„Natürlich nicht“, versicherte er.
Jay hob die Augenbrauen. „Also? Ich höre...“
„Donnerstag, 22.00 Uhr, dreihundert Meter auf der ersten Abzweigung von der Transverse Road No.1, wenn man in Ost-Westrichung fährt“, murmelte Greg Tambino. „Der Treffpunkt liegt mitten im Wald.“
„Und bis wann wissen Sie Ort und Zeitpunkt der ersten Großlieferung?“, hakte Jay Kronburg nach.
Greg Tambino zuckte die Achseln. „Wahrscheinlich schon kurz nachdem Benny Duarte es selbst weiß... Wir hören voneinander.“
„In Ordnung“, sagte Jay.
Greg Tambino trank sein Glas aus und verließ die Bar.
Leslie Morell blickte ihm nach. „Ein schwieriger Typ“, meinte er.
Jay zuckte die Achseln. „Wenn wir über ihn an Benny Duarte herankommen, wäre das ein wichtiger Schlag gegen den Drogenhandel in East Harlem. Außerdem könnten wir vielleicht einem neuen Großlieferanten den Zugang zum Markt versperren, noch bevor er hier im Big Apple so richtig eingestiegen ist.“
Jays Handy schrillte.
Es war Mister McKee.
„Wenn euer Treffen mit Tambino beendet ist, versucht ihr sofort Jeffrey Watson aufzutreiben. Wie es scheint, ist es kein Zufall, dass sich die sauberen Anwälte plötzlich im Reichtum schwimmen.“
„Lassen Sie mich raten,