Habsburger - Eine Sammlung skurriler und unterhaltsamer Fakten. Gabriele Hasmann
der ständischen Opposition die Vormundschaft des Jungen hatte abgeben müssen, weigerte er sich und behielt sowohl das Geld als auch die Wertgegenstände. Knapp bei Kasse musste nun auch Ladislaus seine letzten Kleinodien beim Pfandleiher zu Geld machen. Friedrich eilte sofort los und holte die Kostbarkeiten zurück – um auch diese seinem Schatz hinzuzufügen.
Bildungslücken
Der lesefaule und asketische Kaiser
Friedrich III. verschenkte, wenn er denn schon Präsente überreichen musste, gern Bücher. Dabei handelte es sich im Mittelalter um durchaus wertvolle Gaben, da der Buchdruck noch nicht erfunden war und es sich bei jedem einzelnen Werk um ein Unikat handelte. Der Monarch selbst zeigte wenig Interesse am Lesen, wie ein Zeitgenosse einmal spöttisch anmerkte: „Der Kaiser gibt den Lorbeer, aber er kann ihn nicht schätzen. Eher liebt er das Lied, wie der Barbar es singt.“ Dennoch hat der Monarch Die Geschichte Österreichs bei Historiker Thomas Ebendorfer in Auftrag gegeben – ein Prestigeobjekt für seine „Scheinbibliothek“. Als der Autor seinen umfangreichen Wälzer im Jahr 1451 bei Friedrich III. ablieferte, verschlug es diesem die Sprache. Erschrocken bat er um eine Kurzfassung des Inhalts, damit er Auskunft geben konnte, sollte ihn jemand über die Vergangenheit des Landes befragen.
Zum Desinteresse gesellte sich bei Friedrich schon bald rigorose Askese. Seine hübsche und temperamentvolle Gemahlin Eleonore von Portugal verbitterte zunehmend an der Seite ihres Mannes, der Musik, Tanz, gutes Essen, Alkohol und Sex verschmähte.
Der Kaiser hatte zudem die spleenige Angewohnheit, niederzuschreiben, was ihn den ganzen Tag über bewegte – und dabei handelte es sich selten um helle Geistesblitze. Auf diese Weise entstand ein Sammelsurium an Textfragmenten mit Inhalten zu wissenschaftlichem Halbwissen, religiösem Glauben und antiker Mystik. Hinzu kamen selbst erdachte Lebensweisheiten und irgendwo aufgeschnappte Sprichwörter.
Im Alter befasste sich der Monarch mit Alchimie, in der Hoffnung, selbst Gold herstellen zu können. Das einzige konkrete Ergebnis seiner Labortätigkeit war ein Trank, der bei allen Leiden Heilung herbeiführen sollte. Seine Hofbediensteten bekamen dieses Elixier zu Versuchszwecken häufiger verabreicht als ihnen lieb war.
Ein rätselhafter Code
Des Kaisers Vorliebe für eine Vokalreihe
Kaiser Friedrich III. hegte eine fast schon kindliche Vorliebe für ausgefuchste Rätsel – sein größtes hat er der Menschheit hinterlassen: AEIOU! Mit dieser kryptischen Buchstabenfolge, deren Geheimnis bis heute nicht gelüftet ist, versah der schlitzohrige Monarch neben seinem Wappen alle möglichen Gegenstände in seinem Regentenhaushalt, egal ob es sich dabei um Kleinodien, Tafelgeschirr oder Wäsche handelte. Ebenso platzierte er die Vokalreihe als mystisches Besitzzeichen an diversen Bauwerken wie an seinen österreichischen Burgen in Wiener Neustadt, Graz und Linz sowie an der Orgelempore der Ruprechtskirche, dem ältesten Gotteshaus in Wien. Sie befinden sich darüber hinaus am Marmorgrab Friedrichs III. im Wiener Stephansdom. Auf Initiative Maria Theresias hin ziert das AEIOU seit 1752 außerdem das Wappen der Militärakademie Wiener Neustadt sowie die Siegelringe ihrer Absolventen.
Übermittelte der listige Habsburger mit der mysteriösen Signatur seinen Nachfolgern eine Botschaft oder handelte es sich um einen Code für seine Verbündeten? Interpretationsversuche wie unter anderen „Alles Erdreich ist Österreich Untertan“ oder „Austria erit in orbe ultima“ (lat. für „Österreich wird bestehen bis ans Ende der Welt“) stellen lediglich Theorien und keinesfalls des Rätsels Lösung dar. Sie sind sogar relativ unwahrscheinlich, da den Phlegmatiker Friedrich eher Ängste vor Räubern quälten als imperialistische Visionen. Es existiert außerdem eine Deutung die Geburtsdaten Friedrichs III. und seines Vorbilds Rudolf IV. betreffend.
Auch die Tatsache, dass König Salomo – sein Bruder im Geiste, was die Jagd nach Gold betrifft – diese Kürzel schon rund 450 Jahre zuvor verwendet hat, könnte hinter Friedrichs Ambition stehen.
Am wahrscheinlichsten aber ist: Der Habsburger war einfach zu einfallslos, um sich eine schlauere Signatur auszudenken.
Die Tricks des Kaisers
Zwietracht säen und Köder auslegen
Da der an sich eher lethargische Friedrich III. absolut kein Talent zum Herrschen hatte, musste er sich hin und wieder der einen oder anderen List bedienen, um als Monarch glaubwürdig zu bleiben. Wollte er beispielsweise das Volk daran erinnern, dass er die Allgewalt besaß, griff er zu folgendem Trick: Wer seine Regeln missachtete oder Gesetze brach, wurde vorerst nicht bestraft, sondern in Sicherheit gewiegt. „Die Rache ist die Wirtschafterin der Zeit“, stand in des Kaisers Notizbuch, und daran hielt er sich auch – er zog die Betreffenden erst dann zur Rechenschaft, wenn sie dachten, noch einmal davongekommen zu sein. Zudem säte der Habsburger still und leise, vermutlich mit einem schadenfrohen Grinsen im Gesicht, Zwietracht zwischen jenen, die sich in ihrer Abneigung gegen ihn einig waren. Bis eine der beiden Seiten seine Hilfe im Kampf gegen die andere benötigte und ihn um Unterstützung bat – woraufhin der Kaiser freundlich, aber bestimmt darum ersuchte, den Streit ohne sein Zutun und möglichst friedlich beizulegen. Oder er half der einen oder anderen Partei und forderte anschließend eine Gegenleistung.
Eine im krassen Gegensatz zu seiner beruflichen Durchtriebenheit stehende kindlich List wandte Friedrich III. in seinem Privatleben an: Als den alternden, nörgelnden Griesgram in seinen späten Jahren kaum jemand mehr ertrug, ihm sogar die Dienstboten wegzulaufen drohten, versteckte der Kaiser in den Räumen seiner Burgen winzige Goldschätze als Köder, die man behalten durfte, wenn man sie fand. Das funktionierte – zumindest eine Zeit lang. Als sich das royale Manöver erst einmal herumgesprochen hatte und die Motivationsklunker auch immer kleiner ausfielen, verstaubten seine Gemächer wieder zusehends. Auch die Küche blieb kalt und so verstarb der Kaiser tatsächlich an den Folgen übermäßigen Obstgenusses mit folgendem ruhrartigen Durchfall.
Der hartnäckige Verehrer
Wie eine Prinzessin unter die Haube kam
Friedrich III. hatte eine hübsche Tochter namens Kunigunde, die recht ungezwungen aufwuchs – bis sie ins heiratsfähige Alter kam. Sie wollte Matthias Corvinus, der schon 1470 beim Herrn Papa um die Hand des damals erst fünfjährigen Mädchens angehalten hatte. Doch der König von Ungarn passte nicht in die kaiserlichen Pläne, weshalb die 15-Jährige auf die Grazer Burg umsiedeln musste, um fern der Heimat ihren Liebeskummer zu verwinden. Dort wurde sie beinahe zum Opfer einer Verschwörung, die allerdings rechtzeitig aufgedeckt werden konnte, was der Prinzessin das Leben rettete.
Friedrich ließ seine Tochter daraufhin nach Innsbruck zu Herzog Siegmund bringen, dem er in Freundschaft verbunden war. In Tirol lernte das Mädchen den um 18 Jahre älteren bayerischen Herzog Albrecht IV. kennen, der sich von der Heirat einen Machtgewinn erhoffte. Kunigunde war mit der Ehe ebenfalls einverstanden und zog zu ihrem Bräutigam in spe. Doch noch während der tagelang dauernden Heiratsverhandlungen besetzte Albrecht die Reichsstadt Regensburg, woraufhin Friedrich die beinahe schon erteilte Einwilligung zur Vermählung wieder zurückzog. Kunigunde wurde als Spielball des machtpolitischen Kräftemessens wieder an den Hof in Innsbruck zurückgebracht und fand sich damit ab, nun doch nicht zu heiraten. Der bayerische Herzog dachte jedoch gar nicht daran aufzugeben, verbündete sich mit Siegmund und legte der jungen Frau eine gefälschte Erlaubnis Friedrichs III. zur Hochzeit vor. Kunigunde fügte sich dem scheinbaren Willen ihres Vaters und ehelichte den Betrüger. Der Kaiser schäumte vor Wut, als er von der Trauung erfuhr, und verstieß seine Tochter, von der er annahm, dass sie von dem Schwindel gewusst hatte. Eine Aussöhnung zwischen den beiden fand erst fünf Jahre später statt, eingefädelt von Maximilian I., Kunigundes Bruder. Sein Schwiegersohn blieb Friedrich jedoch bis zu seinem Tod verhasst.
Der eitle Pfau