Marathon in Gummistiefeln?. Manuel Stockinger

Marathon in Gummistiefeln? - Manuel Stockinger


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      Ist etwas wirklich nicht machbar, nur weil es vor uns noch niemand versucht, gewagt oder geschafft hat, oder gaukelt uns unser Hirn wieder etwas vor?

      Wer sein Leben so einrichtet, dass er niemals auf die Schnauze fallen kann, der kann nur auf dem Bauch kriechen

      Heinz Riesenhuber

      Geh auf Nummer sicher

      und wage das Risiko

      Stell Dir vor, Du befindest Dich an Deck eines Luxuskreuzers. 5.000 Tonnen, die kurz davor stehen, sich langsam in Richtung weites Meer in Bewegung zu setzen. Keine große Sache. Schließlich wird dieser Koloss sanft auf der Wasseroberfläche dahingleiten. Theoretisch zumindest. Doch plötzlich kommen Zweifel auf. Am Horizont machen sich erste Wolken bemerkbar. Die See wird wohl rauer werden. Und wie sicher kann man eigentlich sein, dass so ein Ding Wind und Wellen trotzen kann. Was, wenn dieses Monstrum wie ein Stein untergeht?

      Du siehst wie der Matrose die Verankerung des Bootes vom Steg löst und machst Dir Gedanken. Ob Deine Reise gut gehen wird? Was also tun? Die Flucht ergreifen und zurück nach Hause, denn da bist Du sicher? Oder sich dem Schicksal ergeben und auf das Beste hoffen.

      Wenn Du bei Deinem Spaziergang plötzlich ein Schild entdeckst, das vor bissigen Hunden warnt, wirst Du Dich hüten, weiterzugehen. Lieber einmal den längeren Fußweg außen herum benützen, als Nadel und Faden inklusive Tollwutspritze im Krankenhaus riskieren.

      Unsere Zweifel haben also nur einen Sinn: uns sicher durchs Leben zu bringen. Und da Du gerade beim Lesen dieses Buches bist, scheint es, als ob Dein Verstand bislang gute Arbeit geleistet hat. Sobald die Alarmsignale in Form Deiner Zweifel schrillen, wusstest Du, dass eine Gefahr lauert, das Risiko zu hoch ist, oder etwas schlecht ausgehen könnte. Klare Sache, vier Füße laufen schneller als zwei. Also lieber bleiben lassen. Gratuliere.

      Obwohl: Ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht. Es liegt also in unserer Natur, lieber nichts zu tun, wenn Zweifel auftauchen. Klar. Schließlich wollen wir unsere Sicherheit nicht gefährden. Wir betreten das Schiff nicht, wenn wir nicht sicher sind, dass es nicht untergehen wird. Wir sagen nein zur geplanten Reise nach Frankfurt. Ist ja schließlich viel zu weit weg und die Stadt ist uns fremd. Fremdes sorgt sofort für Unbehagen. Und nicht auszumalen, was im Auto auf dem Weg dorthin alles passieren könnte.

      Zu dumm nur, denn so verzichten wir auch auf die Highlights, die Frankfurt zu bieten hat, auf die Menschen, die wir dort kennen gelernt hätten. Nur um uns in Sicherheit zu wiegen. Denn nur dann werden wir nicht in der Großstadt überfallen, verirren uns in Frankfurt nicht und haben auf dem Weg dorthin keinen Unfall.

      Und leider ist unser Hirn durchgehend im Gefahrensuchmodus. Es gaukelt uns überall Bedrohungen vor, selbst dort wo keine sind. Und weil wir alles für bedrohlich halten, vermeiden wir Herausforderungen und Änderungen in unserem Tagesablauf, so gut es geht: nicht etwa, weil es tatsächlich heikel werden könnte. Nein, weil wir unseren Zweifeln blind gehorchen, anstatt ihren Wahrheitsgehalt zu hinterfragen.

      Das Wagnis, im hohen Alter an einem Rennen teilzunehmen, sorgt bestimmt bei manchem für Unbehagen. Die Situation ist uns unbekannt. Die Umgebung ist neu. Die Konkurrenz ist fit. Die Gefahr, sich zu blamieren, ist groß. Klare Sache: Lieber nicht am Rennen teilnehmen. Alles in Allem ist das mit dem Wagnis verbundene Risiko dennoch ein reines Hirngespinst. Weder hört die Welt auf, sich zu drehen, wenn wir nicht gewinnen oder vorzeitig abbrechen müssen, noch fallen wir tot um, wenn man uns belächelt.

      Also, was kann schon groß passieren?

      Aber nicht nur die großen Herausforderungen unseres Lebens, sondern auch alltägliche Wagnisse bringen uns schnell an unsere Grenze. So besuchen wir jedes Jahr denselben Urlaubsort, kaufen immer im gleichen Geschäft ein, nehmen den selben Weg zur Arbeit und essen im selben Restaurant das gleiche Gericht. Weil wir das alles eben schon kennen. Schade nur, wenn der neue Urlaubsort viel schöner wäre, das neue Geschäft eine größere Auswahl hätte, der andere Weg zur Arbeit viel kürzer wäre und das neue Essen im anderen Restaurant viel besser schmeckt.

      Wenn es nun aber so ist, dass uns vieles im Leben entgeht, wenn wir uns immer in Sicherheit wiegen und alles beim Alten lassen, besteht die größte Gefahr dann nicht darin, nichts zu riskieren? Ich denke schon.

      I am still learning.

      Michelangelo (im Alter von 87 Jahren)

      Lerne oder stirb

      Für Kinder ist die Welt ein reines Abenteuerland. Sie wollen alles entdecken, erkunden, erobern und erforschen. Ihr Drang zu lernen und zu verstehen ist unbegrenzt. Dabei fragen sie ihren Eltern Löcher in den Bauch. Woher kommen Babys? Warum ist Mama kleiner als Papa? Wozu ist eine Banane krumm? Warum ist Regen nass? Wie kommt das Gelbe in das Ei? Warum darf man in der Kirche nicht sprechen? Und vieles mehr.

      So saugen wir in jungen Jahren voller Neugier Informationen in uns auf, bis wir eines Tages Opfer unserer persönlichen Arroganz werden. Mit zunehmendem Alter denken wir nämlich, wir bräuchten nichts mehr zu lernen und wüssten schon alles. Ab diesem Zeitpunkt wehren wir uns dagegen, neue Informationen aufzunehmen und begnügen uns mit dem, was wir bereits wissen. Wir haben schlichtweg keine Lust mehr, uns mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Schade nur, dass mit dieser Einstellung der Weg zum persönlichen Wachstum versperrt ist.

      Michelangelo sagte im stolzen Alter von 87 Jahren: „Ich lerne immer noch.“ Kluger Michelangelo. Denn tatsächlich ist der Prozess des persönlichen Wachstums nie abgeschlossen.

      Wir können und sollten uns in beruflicher, persönlicher, finanzieller und gesundheitlicher Hinsicht immer verbessern. Tun wir das nicht, laufen wir Gefahr, immer am gleichen Rad zu drehen, immer dasselbe Lied zu spielen und weit unter unseren Möglichkeiten zu leben.

      Wenn wir nur auf unser altbekanntes Sparbuch vertrauen, werden wir nie erfahren, welche Möglichkeiten sich in Aktien und Anleihen verbergen.

      Nur weil wir uns einreden, dass uns Zigaretten entspannen, hinterfragen wir nicht, welchen Mechanismus diese tatsächlich in unserem Körper in Gang setzen.

      Weil unsere Beziehung die letzten 20 Jahre funktioniert hat, zeigen wir kein Interesse daran, wie andere ihre Partnerschaft erleben.

      Wir stagnieren, obwohl wir mehr Geld anhäufen, den Mechanismus von Zigaretten durchschauen und gesünder leben, und unsere Beziehung wesentlich verbessern könnten.

      Es existiert unendlich viel verborgenes Wissen auf dieser Welt, das unser Leben unendlich bereichern könnte. Wir müssen es nur entdecken und danach suchen.

      Wir brauchen sie also:

      Bücher, die uns inspirieren und in die Köpfe anderer Menschen blicken lassen.

      Seminare, die uns neue Wege und Möglichkeiten zeigen und Vorbilder, die uns helfen unser Leben zu verstehen.

      Und woher nehmen wir die Zeit dafür?

      Auf das Jahr hochgerechnet verbringen wir zum Beispiel zwei Monate vor dem Fernsehapparat. Zwei Monate verlorene Zeit, die wir investieren könnten, um unseren Kopf mit neuen Informationen, Gedanken, Ansichten und neuem Wissen zu füllen.

      30 Minuten täglich und die Auswirkungen auf Dein Leben werden fantastisch sein.

      Versprochen.

      Eines Tages werden wir alt sein und zurückdenken an all die Geschichten, die wir uns hätten erzählen können.

      „One Day Baby“ – Asaf Avidan

      Unser Sterben auf Raten

      Statistisch gesehen dürfen wir vom Zeitpunkt unserer Geburt an ca. 80 Jahre am Spiel unseres Lebens teilnehmen. Eine Statistik, die natürlich trügerisch ist, weil sie uns eine irreführende Lebenserwartung vorgaukelt. Sie verleitet zur Annahme, dass wir noch viel Zeit haben, noch Ewigkeiten auf Erden verweilen dürfen. Ewigkeiten, die es nicht einmal ansatzweise schlimm erscheinen lassen, wenn wir unsere Zeit


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