Montenegro Reiseführer Michael Müller Verlag. Achim Wigand

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um die Altstadt zu­sam­menge­wach­sen. Am nord­west­li­chen Ende der Urbanisation liegt der Kur­ort Igalo, quadra­tisch­ zugeklotzt durch einen riesigen Hotelkasten, das an­geglie­derte Gesundheits­in­s­ti­tut und meh­rere Rehakliniken. Grund für die Kon­zen­tra­tion medizinischer Ein­rich­tun­gen sind die Thermalquellen, die im Ufer­bereich Igalos dem Meer zufließen. Die­ses Wasser und der davon durch­tränkte Heilschlamm werden für ba­de­the­rapeuti­sche­ Anwendungen ein­ge­setzt. Auf einem blickdicht zu­ge­wach­se­nen Hügel neben den­ Hoch­haus­bau­ten befindet sich die riesige Villa Galeb (137 Zimmer!), von Tito zum­ Angeben vor internationalen Gästen oder zur ei­ge­nen Erholung genutzt.

      Ein paar Schritte die Uferpromenade weiter beginnt Topla, der Strand­rum­mel (in Iga­lo noch kurortlich gebremst) setzt hier mit voller Kraft ein. Am Ufer reihen sich Ca­fé an Pizzeria und Piz­ze­ria an Eisdiele, den Hügel hinauf zie­hen sich Villen und vi­ken­dicas (Ahnen Sie noch das englische weekend in die­sem Wort?) vor allem wohl­habender ser­bischer Bürger. Die Vegetation indes gibt einen Aufschluss auf die Orts­be­zeich­nung: topla heißt nämlich „warm“, und so gedeihen hier Dattel­palmen, Ki­wi­ran­ken, Granat­apfel­bäu­me und Aga­ven in den zahl­reichen Vor­gärten. Zu To­pla­ ge­hört außerdem das Gebäude der ehe­ma­ligen Kloster­schule, deren Schul­bän­ke der­einst vom Dich­ter­fürs­ten Petar Petrović Njegoš gedrückt wurden. Heute be­fin­det sich hier das Hei­mat­mu­seum Herceg Novis. Eben­falls zu be­sich­ti­gen ist das - un­auf­re­gen­de - Wohn­haus von Ivo Andrić.

      Hinter dem kurzen Fußgängertunnel am Meer entlang beginnt dann das ei­gent­li­che­ Herceg Novi, die touris­ti­sche In­frastruktur gleicht der Top­las. Hin­ter Forte Ma­re, der unte­ren Be­fes­ti­gungs­an­lage, reihen sich noch einige gro­ße Ho­tels am Was­ser, dann wird es deut­lich ru­hi­ger. Meljine schließ­lich be­her­bergte frü­her ein Fe­rien­heim für Ma­ri­ne­an­ge­hö­ri­ge und ihre Familien, jetzt prunkt auch hier ein Luxushotel mit Jachthafen.

Herceg Novis leicht morbider Charme

      Herceg Novis leicht morbider Charme

      Als Ausgangspunkt für Exkursionen in das ganze Land ist Herceg Novi si­cher­lich ei­ne unglückliche Wahl, die Rand­la­ge an der Nordgrenze sorgt für er­hebli­che Fahr­zei­ten zu eigentlich je­dem Ziel außerhalb der Bucht von Ko­tor. Für Strand­ferien mit­ ge­le­gent­lichen Ex­kur­sio­nen bie­tet die Stadt aber durch­aus aus­reichendes Po­ten­tial auch für einen län­geren Urlaub. Außerdem sind es nur wenige Kilometer in das über der Stadt thro­nende Orjen-Gebirge mit seinen tol­len Wander­mög­lich­kei­ten. Wer nur eini­ger­maßen zeitig auf­steht, schafft es spielend morgens auf den Ra­doš­tak (1455 m) und kann den gan­zen Nachmittag am Strand in der Son­ne liegen.

      Herceg Novi ist eine der jüngeren An­siedlungen in der Bucht von Ko­tor. Die Gründung datiert auf das Jahr 1382, als der bosnische König Tvrtko I. den Ein­gang zur Bucht mit einer Festung sichern ließ; der in ihrem Schutz ent­ste­hen­den­ Ansiedlung gab er den Na­men des Heiligen Stefan. Ungefähr 80 Jahre später ver­stärkte Stjepan Vuksić, der nach dem Untergang des bos­ni­schen Königreichs als Her­zog von Hum zum stärksten Regionalfürs­ten avan­ciert war, die Befestigung des Stütz­punkts erheblich und sorgte damit für den heutigen Namen: Herceg Novi - „die Neugründung des Herzogs“. 1482 besetzten die Türken die Stadt und damit auch­ den Zugang zur Boka. Mit Ausnahme eines kurzen spanischen In­ter­mezzos 1538/39 behielte sie für gut 200 Jahre die Kontrolle über Stadt und Bucht. In dieser Zeit­ entstand das Ge­sicht der heutigen Altstadt mit den gro­ßen meer- und berg­sei­ti­gen Befesti­gungs­anlagen. 1687 bis 1797 durften dann die Venezianer die Stadt ih­rem­ Herr­schaftsgebiet einverleiben, es folg­ten Franzosen (bis 1813), 1813/14 ei­ni­ge Mo­nate der Eigenständigkeit und schließ­lich die österreichischen Habs­bur­ger, die bis 1918 blieben. Seitdem ge­hört Herceg Novi zu Montenegro.

      Forte Mare: Nach recht plausiblen ar­chä­ologischen Vermutungen liegt hier die Keim­zelle der 1382 als Sveti Stefan ge­gründeten Stadt, die sich im Schutz der Ufer­be­festigung zur heutigen Alt­stadt entwickelte. Nach der Eroberung bau­ten die Tür­ken die Anlage massiv aus und gaben ihr die grundlegende Struk­tur. Mit den Ar­bei­ten am Abba-Pasha-Turm, so der türkische Name des Bau­werks, wurde 1542 be­gon­nen, sein heu­tiges Gesicht bekam das mächtige Wehr aber erst 1883, als die ös­ter­rei­chi­schen Herrscher der Bucht es mit Zin­nen und Kanonen­ram­pen ver­sa­hen. Der­ Name Forte Mare stammt aus ve­ne­zia­ni­scher Zeit. Auf der obersten Platt­form steht­ eine große Ki­no­lein­wand, die u. a. zum Kino­fes­ti­val be­spielt wird.

Die Mauern von Herceg Novi

      Die Mauern von Herceg Novi

      Kanli-Kula: Die „blutige Festung“ (türk. kan = Blut) - woher der schaurig mar­tia­li­sche Name kommt, ist heute nicht mehr klar, vermutlich wurden im In­nen­hof des Fes­tungsbaus Hin­rich­tun­gen durch­geführt. An diesem taktisch be­deut­samen Punkt­ mit dem 85 m ho­hen Aus­blick auf den Bucht­eingang be­fand sich das mili­tä­ri­sche Kom­man­do der Stadt. Der genaue Ent­stehungs­zeit­raum ist nicht be­kannt, aber der tür­ki­sche Rei­se­schriftsteller Evliya Che­lebi er­wähnt das fertige Bau­werk erst­mals um 1650. An den aufge­mau­er­ten Kalk­stein­wän­den kann man gut die ver­schie­denen Bau­ab­schnitte ab­le­sen, die Bau­zeit scheint sich recht lan­ge hin­ge­zo­gen zu haben. Im In­ne­ren des ca. 60 x 70 m großen Baus be­fin­det sich heute eine große Frei­luft­büh­ne für Theater- und andere Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen.

      Španjola: Die Spanier hielten die Stadt nur für ein Jahr (1538/39), schafften es aber, sich mit dem Aus­bau eines klei­nen türkischen Forts kultur­his­to­risch zu verewigen. Nach der Wieder­er­obe­rung rissen die Tür­ken 1548 das Bau­werk nieder, um eine deut­lich grö­ßere Anlage an gleicher Stelle zu er­rich­ten. Bis zu Beginn des 20. Jh. wur­de der mit mehreren Mauern gesicherte Kom­plex mi­litä­risch genutzt, im Zwei­ten­ Welt­krieg unterhielten die italie­ni­schen und deutschen Faschisten hier zeit­wei­lig­ ein Gefängnis.

      ♦ Zu Fuß erreicht man die Festung, wenn man beim Busbahnhof die Magistrale überquert und­ dann den Treppensteig 13. Jula bergauf geht. Der Eingang in das Innere der Festungs­an­lage ist ziemlich ver­steckt im Nordturm.

      Manastir Savina: Der Klosterkomplex bei Meljine ist das wichtigste orthodoxe Bau­denkmal in der ansonsten ja katho­lisch geprägten Bucht. Er besteht aus zwei Kir­chen auf dem Hauptplateau, beide der Mutter Gottes gewidmet, dem Wohn- und­ Versorgungsbau der Mön­che und einer dritten, bergseitig et­was ab­ge­setz­ten Kir­che zu Ehren des ser­bi­schen Gründungsheiligen Sava. An der Stelle der klei­ne­ren­ Marien­kirche stand be­reits seit 1030 ein Gebetshaus, der heu­ti­ge Bau stammt aus der Mitte des 15. Jh., zu dieser Zeit beginnt hier auch das mo­nas­tische Leben. Die un­terste Schicht der Fresken im Kirchen­in­nern stammt von der Hand des jun­gen Lovro Dobričević, der später mit den Fres­ken der Kathedralen von Kotor und Du­brov­nik sowie mit der Gestal­tung der Kir­chen auf der Klosterinsel Gospa od Škrplja (→ Perast) sein Meister­werk ab­lie­ferte; in seinem Frühwerk über­kreu­zen sich byzantini­scher und go­tischer Stil auf interessante Art. Die grö­ßere Kir­che wur­de 1777-1799 nach ei­n­em Entwurf von Nikola Fo­retić aus der re­nom­mier­ten Schu­le von Korčula ge­baut, hier fusionieren by­zan­ti­ni­scher und barocker Stil.­ Im Kloster Sa­vi­na ver­brachte Dichter­fürst Petar II. Pe­tro­vić Njegoš einen Teil sei­ner Schul­zeit.

      Komnenović-Villa (Regionalmuseum): In dem herrschaftlichen spätbarocken An­we­sen des großserbischen Patrioten Mirko Komnenović befindet sich heute das Re­gional­museum der Stadt Herceg Novi. Der berühmte Sohn der Stadt über­ließ


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