Mythor 23: Befehle aus der Schattenzone. Peter Terrid

Mythor 23: Befehle aus der Schattenzone - Peter Terrid


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      Nr. 23

      Befehle aus der Schattenzone

      von Peter Terrid

      Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

      Nachdem der Lichtbote nach seinem Sieg über die Finsternis die Welt sich selbst überlassen hatte, begannen die Kräfte des Bösen, die sich in die Dunkelzone geflüchtet hatten, wieder zu erstarken. Inzwischen greifen sie aus der Dunkelzone, einem Ring kosmischer Trümmer, der die Welt umgibt und in eine Nord- und eine Südhälfte teilt, an und beeinflussen bereits weite Teile der nördlichen Länder und deren Bewohner.

      Das gilt besonders für die Caer, ein Kriegsvolk, das, von Dämonenpriestern angeführt, einen Eroberungsfeldzug beginnt und seine Nachbarn mit Feuer und Schwert heimsucht.

      Natürlich gibt es auch Kräfte, die auf Seiten der Lichtwelt gegen die Mächte des Dunkels angehen! Da ist Mythor, den man den Sohn des Kometen nennt, und da sind die Vertreter verschiedener Stämme und Völker, die sich auf Burg Anbur sammeln, um einen Feldzug gegen die Caer zu beschließen.

      Doch Mythor hat gegenwärtig kaum noch Kampfgefährten, und die in Anbur Versammelten verfolgen zumeist eigennützige, selbstsüchtige Ziele und sind untereinander zerstritten.

      Hinzu kommt noch, dass die von Gianton, der Trutzburg des Bösen, ausgehende Macht sich sogar in Anbur selbst manifestieren kann durch BEFEHLE AUS DER SCHATTENZONE ...

      Die Hauptpersonen des Romans

      Mythor – Der Held der Lichtwelt als Gast auf der Burg Anbur.

      Graf Corian – Herr der Burg Anbur.

      Vassander – Erzmagier von Ugalien.

      Thonensen – Corians Leibmagier.

      Nottr – Auf den Barbaren wartet der Scheiterhaufen.

      Nyala – Die Herzogstochter in der Gewalt der Caer-Priester.

      1.

      Schwarz wie der Odem des Bösen war die Nacht, kühl, und über den Himmel jagten die düsteren Schemen der Wolken, eilend, als scheuten sie sich, über dem Land zu schweben.

      Es war still. Nur das Hufgetrappel der Pferde durchdrang diese Stille, der Schall von Horn auf Fels, ab und zu das Knirschen der Zähne auf dem Zaumzeug, hier und da ein heiser hervorgestoßener Befehl.

      Der Trupp ritt unermüdlich durch die Nacht. Das Ziel war nahe, bald würde es erreicht sein.

      Dann musste sich das Schicksal der Gefangenen vollenden.

      Nyala hielt sich noch gut auf ihrem Pferd, obwohl sie ermattet war vom langen Reiten. Fast noch mehr als der Verlust an Körperkraft schwächte sie die stete Auszehrung des Gemüts, das bedrückende Schweigen ihrer Häscher, der Abteilung Caer-Krieger, die ihr das Geleit gaben. Neben diesen Gestalten zu reiten, unter einem windgepeitschten Himmel, dessen sturmzerzauste Wolkendecke nur ab und an einmal aufriss, um dem fahlen Schein des Vollmonds Platz zu machen, der die Gestalten für kurze Augenblicke aus dem undurchdringlichen Dunkel riss und in bleichen Schein tauchte. Doppelt schauerlich wurden die grimmigen Gestalten, die Nyala umgaben, in solchen Augenblicken.

      Kalter Wind strich über das karge Land. Nur Fels war zu sehen, kein Grün, die wenigen Bäume reckten ihre kahlen Äste als flehentliche Geste dürr in den Himmel. Einmal auch sah Nyala am Fuß eines solchen Baumes bleich das Gebein eines Toten blinken, grässliches Omen für die Reise, die Nyala angetreten hatte.

      Sie konnte den Gefährten ihrer Not nicht sehen, Coerl O'Marn ritt hinter ihr. Das war gut so, der Anblick des gläsern gewordenen Gesichts hätte Nyala der letzten Festigkeit beraubt, ihr Gemüt dem würgenden Zugriff der Furcht haltlos ausgesetzt.

      Was stand ihr bevor, welchem Schicksal wurde sie von der schweigsamen Reiterschar entgegengeführt? Es konnte nichts Gutes sein, das stand für Nyala fest. Sie brauchte nur einen Blick zur Seite zu werfen und einen Augenblick abzuwarten, in dem das Licht des Mondes voll auf einen der Caer-Krieger fiel, dann sah sie genug.

      Schauer liefen über Nyalas Leib. Die bange Ahnung hatte die Tochter des tainnianischen Herzogs Krude von Elvinon befallen, dass sie einer Zukunft entgegenritt, die schlimmer sein würde als der Tod.

      Was sie erwarten konnte, hatte Coerl O'Marn bereits erlitten. Der Dämonenkuss hatte aus dem Ritter des Caer-Heeres einen Willenlosen gemacht, der jede Eigenständigkeit verloren zu haben schien.

      Nyala riss sich zusammen. Sie wollte die geringe Möglichkeit wahren, die sie sich ausgerechnet hatte. Sie wusste, dass ihr Vater in der Gewalt Drudins war – zu ihm hoffte die Tochter Krudes geführt zu werden, erfüllt zugleich von Furcht und der aberwitzigen Hoffnung, sich selbst und den Vater der furchtbaren Gewalt Drudins entwinden zu können. Die Caer-Krieger, die schweigsam neben ihr ritten, sollten sie an dieses Ziel führen, und wenn es danach ging, verlief der Ritt zu Nyalas Zufriedenheit.

      Der Trupp ritt einen Steilhang hinauf. Für einen kurzen Augenblick erhellte das kalkige Licht des vollen Mondes die Spitze, den Felsen darauf. Eine Schauermaske schälte sich aus dem diffusen Dunkel, ein niederträchtiges Gesicht schien Nyala höhnisch anzugrinsen. Dann war die Erscheinung verschwunden, und als Nyala den Felsen erreicht hatte, lag vor ihren Augen ausgestreckt das Land, das die Caer-Feste Gianton umgürtete.

      Der Sturmwind drängte das schüttere Gewölk hastig über den Himmel. Nur für wenige Augenblicke waren Einzelheiten erkennbar.

      Das Zeltlager, das sich vor Nyala erstreckte. Zelt an Zelt, allesamt vermutlich bewohnt, Heimstatt einer Streitmacht des Schreckens. Dahinter erhob sich Gianton, wuchtete ein Gebirge aus steinernen Quadern düster drohend in den nachtschwarzen Himmel. Eine Festung des Grauens, die Burg des Bösen, das waren Nyalas erste Empfindungen.

      Die Reiter verlangsamten den Schritt ihrer Pferde. Sie näherten sich der Titanenstadt vorsichtig.

      Von irgendwoher sickerte es heran, das Gefühl, das in immer stärkerem Maß von Nyala Besitz ergriff.

      Erst eine leise Ahnung von Bangigkeit, dann ein spürbares Unbehagen. Immer eindringlicher wurde das Gefühl, es setzte sich im Körper fest wie ein Geschwür.

      Je näher Nyala mit ihren Begleitern der Titanenstadt kam, je tiefer sie in den stumm drohenden Zeltring um die zyklopische Festung der Caer eindrang, um so stärker wurde das Gefühl des Unheimlichen. Es war eine Vorahnung des Grauens, die Nyala beschlich, und sie begann sich immer mehr vor dem Augenblick zu fürchten, da sich dieses leise Grauen in nacktes Entsetzen wandeln würde, in die grausige Gewissheit des unfassbar Bösen.

      Langsam durchritten die Caer-Krieger den Zeltgürtel, der Gianton umgab. Wie viele Tausendschaften der schrecklichen Caer-Krieger mochten hier lagern, sich für ihr grässliches Tun wappnen, Schwerter schärfen, Pfeile anspitzen, grauenvolle Riten vollziehen ...?

      Eine Gestalt stellte sich unvermittelt dem Trupp in den Weg. Nyala erschrak. Ein Priester der Caer, ein Novize.

      Hinter ihm tauchten andere Novizen auf. Einen Augenblick lang verharrten beide Gruppen. Keines der Pferde schnaubte oder stampfte.

      Mit einer herrischen Geste bedeutete der Anführer des Reitertrupps den beiden Gefangenen, von den Pferden zu steigen. Nyala gehorchte sofort.

      Harte Fäuste trieben sie unnachsichtig vorwärts, harte Fäuste nahmen sie mit sicherem Griff in Empfang. Kein Wort wurde gesprochen, aber zwischen den Zelten fegte heulend der Wind.

      Der Weg wurde fortgesetzt.

      Offenbar hatten die Krieger der Caer nicht das Recht, die eigentliche Titanenstadt zu betreten.

      Was das im einzelnen bedeutete, wagte Nyala sich gar nicht erst auszumalen.

      Waren die Caer-Priester nicht einmal davor sicher, dass ihre Krieger die Geheimnisse der Titanenstadt keinem Unbefugten verrieten – wie mochten sie dann verfahren mit denen, die verschleppt wurden in die düsteren Winkel Giantons? Gab es für einen solchen Unglücklichen überhaupt noch die Möglichkeit,


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