Perry Rhodan 3066: Drangwäsche. Michael Marcus Thurner

Perry Rhodan 3066: Drangwäsche - Michael Marcus Thurner


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es besondere Farbkombinationen, bei dem anderen Atmosphärezusammensetzungen. Auch einzelne Keime und Bakterien werden als Grund für den Auslöser der Drangwäsche genannt.«

      »Ich weiß«, grollte Icho Tolot. »Komm auf den Punkt!«

      Matho Thoveno druckte mehrere Kärtchen aus, die Ergebnisse der vielfältigen Untersuchungen an Tolots Körper abbildeten, und betrachtete sie mit einem Stirnrunzeln.

      »Was interessanterweise nicht erwähnt wird«, murmelte er, »sind Strahlenbelastungen, wie sie an Bord eines Raumschiffs nun mal vorkommen.«

      »Ich habe 38,3 Prozent meiner Lebenszeit auf den verschiedensten Raumern verbracht und niemals ein vergleichbares Phänomen beobachtet.«

      »Schiff ist nicht gleich Schiff. Die RAS TSCHUBAI ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Und in einem unterscheidet es sich gravierend von anderen Raumern. Nicht wahr?«

      Tolot verstand. Der Ara bewies wieder einmal, warum er dank seiner Art zu denken in der RAS TSCHUBAI unersetzbar war.

      »Der Hypertransflug ... dass ich daran nicht gedacht habe.«

      »Wahrscheinlich bringt die einsetzende Drangwäsche derartige Nachlässigkeiten mit sich. Aber dafür bin ja ich da. Es gibt tatsächlich statistisch relevante Hinweise, dass der Hypertransflug unterschwellige Effekte auslöst. Sie sind allerdings für sich genommen trotz ihrer nachgewiesenen Relevanz marginal und kaum anmessbar. Aber sie bauen sich nur langsam ab, vermutlich. Ich muss das weiter untersuchen, weil es nicht die ganze Antwort auf dein Problem sein kann.«

      »Drangwäsche ist kein Problem«, korrigierte Tolot. »Sie ist ein Teil meiner Existenz, Teil meines Lebensrhythmus.«

      »Für alle anderen Wesen an Bord ist sie ein Problem. Womöglich hat auch die Nähe zur Vektormaterie in Ancaisin als Brandbeschleuniger gewirkt. Wie auch immer: Die Drangwäsche wird sich nicht vermeiden lassen.« Matho Thoveno blickte ihn aus seinen roten Augen an, das erste Mal seit Beginn der Unterhaltung. »Ich prophezeie dir eine besonders heftige Vurhatu-Phase. Ich werde Kommandant Holonder und anderen Entscheidungsträgern an Bord des Schiffs raten, dich so schnell wie möglich irgendwo abzusetzen. Ich möchte, dass du von Bord der RAS TSCHUBAI verschwindest.«

      4.

      Neuer Auftrag, neues Glück

      Onker Dous Leben hatte den Gipfel der Monotonie erreicht. Monotonie war gut, denn sie bedeutete, dass es an Bord der RAS TSCHUBAI ruhig war. Und Ruhe hieß für ihn weitgehend friktionsfreie Arbeitsschichten.

      Selbstverständlich gab es immer wieder Probleme im Freizeitbereich. Ogygia, das Rekreationsdeck mit dem gewaltig großen Freizeitpark im Zentrum, stand oftmals im Brennpunkt. Wenn Rauschmittel oder Langeweile im Spiel waren – oder wenn wieder mal ein paar Terraner meinten, sich unbedingt mit einem Epsaler anlegen zu müssen.

      »Versucht es bloß nicht!«, warnte Dou das Trio. »Ich müsste euch wegen Widerstands gegen die Interne Sicherheit beim Bordrat melden – und ich müsste euch vielleicht wehtun.«

      »Red nicht so geschwollen daher!«, sagte Mimigo Hantubele, das Großmaul der Truppe. »Gegen drei von uns hast du keine Chance. Also geh uns aus dem Weg, Kleiner.«

      Hantubele war ein notorischer Unruhestifter. Ein begabter Labortechniker zwar, aber mit einem viel zu hohen Aggressionspotenzial. Irgendwie war der Rudyner vor der Abreise der RAS TSCHUBAI bei der Aufnahme neuer Besatzungsmitglieder durchgerutscht. Kein System war perfekt. Selbst die Semitronik ANANSI beging Fehler. Weil man in den Charakter von Individuen nicht hineinschauen konnte.

      »Ihr hattet genug Vurguzz für heute. Zieht euch in die Kabinen zurück und schlaft euren Rausch aus!«

      »Willst uns wohl Vorschriften machen, du abgebrochener Sitzriese?«, höhnte Hantubele, während seine Kumpanen dazu johlten. »Mir reicht's endgültig mit der Bevormundung durch die Interne! Wenn ich einen draufmachen möchte, mache ich einen drauf!«

      »Tu. Es. Nicht«, wiederholte Onker Dou und stellte sich möglichst breitbeinig hin. Die Konfrontation war nicht mehr aufzuhalten.

      »Ich spuck dir auf die Glatze, du Quadratziegel!«, rief Hantubele, ging einen Schritt vor, schnappte nach Dou – und fuhr ins Leere. Der Zweimeterriese stolperte vorwärts und fing seinen Schwung am Stamm einer Buche ab, die in diesem Viertel Ogygias verstärkt vorkamen.

      Hantubeles Begleiter erwachten aus ihrer Starre und stürzten sich ebenfalls auf Dou. Beide würden spätestens am kommenden Tag bereuen, was sie angestellt hatten. Mit dicken Köpfen würden sie zu Kreuze kriechen und sich für ihr Verhalten entschuldigen. In diesem Moment aber waren sie nicht mehr zu bremsen.

      Onker Dou unterdrückte einen Seufzer. Die Monotonie war doch nicht so gut, wie er es gerne gehabt hätte. Sie bot den Besatzungsmitgliedern zu wenige Gelegenheiten, sich aneinanderzureiben.

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      Illustration: Dirk Schulz

      Hantubele kehrte zurück. Mit einem Zornesschrei stürzte er sich auf Onker Dou.

      Onker Dou schüttelte ihn ruckartig ab, streifte die Ärmel seiner sauberen Uniform hoch und erledigte seinen Job.

      *

      Klavs Herm Luetyens empfing Onker Dou in der Schiffszentrale. »Ich habe gehört, es gab ein wenig Ärger in Ogygia?«

      »Nicht der Rede wert«, antwortete Dou knapp.

      »Du hast die Situation bereinigt?«

      »Ja.«

      »Und ich darf wieder mal mit einer Beschwerde des Bordrates wegen des Einsatzes von unverhältnismäßiger Gewalt rechnen?«

      »Ja.«

      Luetyens seufzte tief. »Diese Klagen nehmen überhand, Onker.«

      »Ich habe getan, was getan werden musste. Du weißt, dass wir einige Unruhestifter an Bord haben. Ich bin strikt gegen Gewalt. Aber wir müssen Grenzen ziehen.«

      »Wer war es denn dieses Mal?«

      »Mimigo Hantubele.«

      »Ich verstehe. Und ich finde ihn in der Medoabteilung?«

      »Er wird ambulant behandelt. Ich habe darauf geachtet, dass er morgen seinen Dienst antreten kann. Ich plädiere übrigens dafür, ihn bis zum Ende der Reise aus dem Verkehr zu ziehen und anschließend von Bord zu expedieren.«

      »Das werden wir auch tun, aber ... Nun, lassen wir das. Wir müssen über ein anderes Thema sprechen. Über eine besondere Aufgabe, für die ich dich gerne gewinnen möchte.«

      »Und zwar?«

      »Es geht um einen anderen ... Unruhestifter an Bord. Einen, den du in den nächsten Tagen überwachen sollst.«

      »Was ist daran besonders?«

      »Er ist schwer zu handhaben.«

      »Das ist Hantubele ebenfalls.«

      »Aber Hantubele ist kein Haluter.«

      »Oh.« Onker Dou sah seinen Vorgesetzten an. »Du meinst nicht zufällig den einzigen Haluter, den wir an Bord haben ...?«

      »Richtig. Wir reden von Icho Tolot, der in den nächsten Tagen in eine Drangwäsche geraten wird. Ich möchte, dass du dich um ihn kümmerst und darauf achtest, dass keine Katastrophe geschieht.«

      Haluter: na toll. Haluter in Drangwäsche: tollkühn.

      *

      Auf einen Haluter aufzupassen, der kurz vor der Drangwäsche stand, kam noch vor der Herausforderung, einen epsalischen Springfloh zum Haustier zu erziehen.

      Icho Tolot betrat den kleinen Besprechungsraum der Zentrale. Onker Dou gesellte sich zu ihm und nickte, ohne ein Wort zu sagen. Sie waren die einzigen Anwesenden, nur ANANSI hörte zu und protokollierte die Unterhaltung.


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