Fettnäpfchenführer Japan. Kerstin und Andreas Fels

Fettnäpfchenführer Japan - Kerstin und Andreas Fels


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Einfluss des sich ausbreitenden vegetarischen Buddhismus offiziell den Verzehr von Fleisch verboten. Da in Japan das Meer an keiner Stelle weiter als 150 Kilometer entfernt ist, ist Fisch die logische Alternative.

      Nur, wie macht man ihn länger haltbar? Die buddhistischen Mönche experimentieren so lange mit dem leicht verderblichen Fisch, bis sie herausfinden, dass sich dieser nach Gärung länger hält. Reis beschleunigt die Gärung und macht den Fisch noch schmackhafter. Mitte des 17. Jahrhunderts wird mehr und mehr Reis angebaut und ein Teil der Ernte zu Reisessig verarbeitet. Der Arzt MATSUMOTO Yoshiichi kommt auf die clevere Idee, den tagelangen Gärungsprozess zu verkürzen, indem er den Reis ganz einfach mit Essig mischt. Jetzt geht alles viel schneller.

      Doch seinen endgültigen Durchbruch erlebt Sushi Anfang des 19. Jahrhunderts in der Millionenstadt Edo, die später einmal Tôkyô heißen wird. In den überfüllten Straßen drängen sich die Angehörigen der verschiedenen Stände. Samurai stolzieren mit ihren edlen Seidengewändern umher, doch auch der niedrigste Stand – die Kaufleute – hat es in Edo zu großem Reichtum gebracht. Sie dürfen zwar nur einfache Baumwollgewänder tragen, stehen den Samurai aber durch aufwendig gefärbte Muster kaum nach. Kein Wunder, dass im immer beliebter werdenden kabuki-Theater denn auch häufig der tüchtige Kaufmann über den gerissenen Samurai siegt. Und natürlich sind die Kaufleute immer in Eile – Zeit war schon damals Geld. Da kommt es gerade recht, dass HANAWA Yôhei (1799–1858) eine neue Form des Sushi erfunden hat, das nigiri-Sushi. Im Gegensatz zu dem bislang verbreiteten Sushi, das noch umständlich in Formen gepresst wurde, formt Hanawa seinen Reis per Hand – und belegt diesen mit rohem Fisch. In wenigen Minuten ist das Fast Food fertig. Dieses flotte Sushi wird schnell beliebt, wie man an den verschmutzten Vorhängen an Hanawas Stand erkennen kann. An diesen Vorhängen wischen sich die Kunden die Hände sauber – je verschmutzter also der Stoff, desto besser das Essen.

      Heute muss ein traditioneller Sushi-Koch in Japan eine mindestens fünfjährige Lehre absolvieren – bei Köchen, die den giftigen Kugelfisch zubereiten, dauert die Lehrzeit sogar zehn Jahre. Traditionell ist die Herstellung von Sushi Männersache. Frauenhände sind angeblich zu warm, um den klebrigen Reis richtig zu formen.

       Was können Sie besser machen?

      Neben den beiden bereits oben erwähnten Regeln gibt es noch zahlreiche weitere, die beim Essen mit Stäbchen zu beachten sind. Auch wenn Sie während Ihres Aufenthaltes vermutlich keinen japanischen Freiherrn Knigge beeindrucken müssen, hinterlassen Sie einen guten Eindruck, wenn Sie folgende Schnitzer vermeiden: Halten Sie die Stäbchen nicht in der Faust (so wie Sie es mit Besteck ja auch nicht tun), sondern in der üblichen Haltung (s.o.) locker zwischen den Fingern. Ebenfalls barbarisch kommt es rüber, wenn Sie Essen mit den Stäbchen einfach aufspießen – auch wenn Ihnen dies gerade am Anfang Ihrer hashi-Laufbahn als schnelle und daher verlockende Alternative erscheinen mag. Die Stäbchen abzulecken, damit auf Menschen oder Dinge zu zeigen sowie sie als Zahnstocher zu missbrauchen, ist ebenfalls so tabu, wie es hier das Ablecken des Messers ist. Ebenso wenig sollten Sie mit dem Stäbchen Schüsseln zu sich heranziehen oder gar Sojasoße von den Esswerkzeugen tropfen lassen.

      Vorsicht ist auch beim Ablegen der Stäbchen geboten. Nicht nur, dass Sie diese nicht, wie bereits oben erwähnt, in die Schüssel stecken sollten, auch das Ablegen der hashi quer über der Schüssel kommt nicht gut an. Wenn Sie die Essstäbchen gerade nicht benutzen, sollten Sie sie auf der Stäbchenbank (hashioki) ablegen. Falls es keine gibt, können Sie die Stäbchen auch auf einen Teller legen.

      Beim Zerkleinern von zu großen Bissen können Sie diese mit den Stäbchen wie mit einer Art Zange zerteilen. Benutzen Sie sie aber nicht wie eine Säge. Falls Sie eine Rede halten wollen oder müssen: Verzichten Sie darauf, mit den Essstäbchen gegen ein Glas oder Ähnliches zu schlagen, um Aufmerksamkeit zu erlangen.

      Alles zu kompliziert? Lieber bei Messer und Gabel bleiben? Auch keine Lösung. Zumindest in Sushi-Restaurants gilt dieser Wunsch als Beleidigung für den Küchenchef, denn er unterstellt, dass er die Häppchen nicht richtig zubereitet hat. Also kämpfen Sie sich lieber durch – und üben Sie vielleicht zu Hause in einem unbeobachteten Moment ganz in Ruhe. Kleinen Kindern bringt man das Essen mit Stäbchen übrigens bei, indem ein Gummiband um das hintere Ende gebunden wird. So rutschen sie nicht auseinander und können als eine Art Zange benutzt werden. Diesen Trick aber bitte ebenfalls nur in den eigenen vier Wänden zum Üben verwenden.

       WELCHE SUSHI-SORTEN GIBT ES?

       Norimaki

      Die Anfänger-Sushi. Leicht zu essen und auch mit unverdächtigen Zutaten gefüllt erhältlich, zum Beispiel als kappamaki mit Gurke. Bei dieser Sushi-Art wird mithilfe einer Bambusmatte eine Rolle aus Reis und verschiedenen Zutaten hergestellt. Hosomaki sind mit nur einer Zutat gefüllt, futomaki mit bis zu drei. Die ganze Rolle ist außen von einem Blatt nori (getrocknetem und geröstetem Seetang) umwickelt. Die Rolle wird dann in Scheiben geschnitten.

       Nigiri

      Hier wird ein kleiner Klumpen Reis mit einer Zutat (z. B. Fisch, Muscheln oder Ei) belegt. Je nach Zutat kann noch ein dekoratives nori-Bändchen um das Paket gewickelt sein. Vorsicht beim Eindippen in die Sojasoße: Am besten sollte nur der Belag eingetaucht werden – sonst löst sich noch der ganze Reis auf und schwimmt von da an unmotiviert und nicht gerade ansehnlich in Ihrem Soßen-Schälchen herum. Stäbchen-Anfänger wie Herr Hoffmann kann diese Aufgabe vor Probleme stellen, aber keine Sorge: Sie können die nigiri auch problemlos mit den Fingern essen, ohne Sorge zu haben, dafür vom Küchenchef geköpft zu werden.

       Gunkanmaki

      Manche Zutaten, wie Fischrogen oder Austern, würden einfach wie ein nasser Sack von den nigiri rutschen. Daher bekommen sie zusätzlich eine Stütze durch ein gerolltes nori-Blatt, das den Belag an Ort und Stelle hält. Vom Aussehen her werden gunkanmaki gern mit kleinen Schiffchen verglichen.

       Temaki

      Auch hier werden die maki-Grundzutaten (Reis, nori, Belag) verarbeitet, nur dass das nori-Blatt in Form einer kleinen Eistüte gerollt wird. In der Tüte befindet sich der Reis, der Belag schaut oben heraus. Versuchen Sie lieber erst gar nicht, die circa zehn Zentimeter langen temaki mit Stäbchen zu essen. Auch Japaner nehmen dazu die Finger.

       Chirashi

      Diese Form des ›gestreuten Sushi‹ ist hier bei uns nicht so verbreitet – und sieht für das westliche Auge auch nicht nach Sushi aus. Hierbei werden alle Zutaten direkt mit dem Reis vermischt und in einer Schale zum Essen angerichtet.

      Neben diesen fünf Grundformen gibt es natürlich Hunderte verschiedener Beläge, die eine riesige Vielfalt an verschiedenen Sushi zulassen, Sie können sich also eine Weile lang durchtesten, bevor Sie sich wiederholen.

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       HERR HOFFMANN STELLT SICH VOR

       VISITENKARTEN-TERROR

      Herr Hoffmann hat ein gutes Gefühl! Diesmal wird nichts schiefgehen. Er ist blendend vorbereitet. Ein Blick auf die Armbanduhr zeigt zehn vor neun. Er wird genau um Punkt neun auf dem Kongress ankommen. Keine Sekunde zu spät natürlich, aber auch keine zu früh. Dann wird er vor seinem Vortrag etwa eine halbe Stunde Zeit haben, die japanischen Kollegen kennenzulernen, die diese Vortragsreihe organisieren und die ihn nach Japan eingeladen haben. Siegesgewiss klopft Herr Hoffmann auf seine Aktentasche, in der seine Unterlagen sicher verstaut sind. Diesmal wird sich niemand über sein nicht immer völlig akzentfreies Englisch lustig machen wie damals in Kalifornien. Diese Japaner sind doch sehr viel höflichere Leute als die vorlauten Amerikaner. Und das Beste: die meisten sprechen schlechter Englisch als Herr Hoffmann.

      Eine Gruppe von vier Schulmädchen kommt ihm entgegen. Alle tragen weiße Matrosenblusen


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