Fettnäpfchenführer Frankreich. Bettina Bouju
Kompliment machen, dass sie deutsche Autos mögen, besonders ihren Audi, der noch nie zur Reparatur musste. Dadurch dass Paula das Wort »Lody« nicht mit »Audi« zusammenbringen konnte, war ihr einfach nicht klar, um was es in der Konversation überhaupt ging. Genauso wie bei dem Wort »Back«. Damit ist keineswegs eine Backware, womöglich ein Krapfen oder ein Berliner, gemeint, genauso wenig wie das englische Wort für »zurück«, sondern vielmehr der weltbekannte Komponist Johann Sebastian Bach. Denn wenn das ch am Ende eines Wortes steht, wird es im Französischen wie ein k ausgesprochen. Wie der Name Bach im Original ausgesprochen wird, das interessiert sie reichlich wenig. Bereits in der Grundschule lernen französische Kinder den Komponisten unter dem Namen Jean-Sébastien Bach (gesprochen Back) kennen und würden wiederum niemals verstehen, wer »Bach« ist, würde man ihn im Original aussprechen. Natürlich waren die Bouchards schockiert, dass Paula den deutschen Komponisten nicht kannte. Denn wenn man auch nicht die Bach’schen Werke herunterbeten kann, so hat man doch zumindest den Namen schon einmal gehört. Spätestens als Marie zu lachen anfing, war klar, dass hier eine Reihe sprachlicher Missverständnisse vorliegen musste. Denn der kleine Ausflug nach »Mannatann« wäre doch sehr aufwendig geworden, schließlich hatte Paulas Gastschwester von New York, Manhattan, geträumt.
Was können Sie besser machen?
Paula hätte sich schneller und aktiver in die Kommunikation einbringen und einfach ehrlich zugeben können, dass sie ein Wort nicht versteht. Dann wäre schneller klargeworden, dass es sich um ein sprachliches Problem, nicht um ein inhaltliches handelt. Aber Paula war in dieser Situation einfach sehr unsicher und noch dazu mit dem Fleisch beschäftigt. Vielleicht hilft es schon zu wissen, dass Franzosen Fremdwörter französieren, es also durchaus sein kann, wenn man ein Wort nicht versteht, dass es sich um ein nicht ursprünglich französisches Wort handelt. Über unsere deutsche Art, englische, spanische oder französische Fremdwörter möglichst »original« auszusprechen, machen sich die Franzosen wiederum gerne lustig. Man gilt schnell als Angeber oder Snob, wenn man in seinen französischen oder deutschen Redefluss plötzlich ein paar betont englische oder spanische Worte einfließen lässt, selbst wenn es sich um Namen wie Ashton Kutcher oder Charlize Theron handelt. Und wirklich gelingen tut es den meisten, zugegebenermaßen, auch nicht. Man denke nur an die englischen Zugansagen in einem deutschen ICE, die immer wieder Gelegenheit zum Lachen bieten. Wir Deutschen bemühen uns zwar redlich, englische, französische, italienische oder spanische Wörter im Original auszusprechen, bei japanischen, chinesischen oder sogar schon russischen Begriffen hört das allerdings sehr schnell auf. »Moskau« sprechen wir Deutschen schließlich nicht »Moskva« aus. Die Franzosen sind im Grunde nur konsequent, wenn sie einfach alles in ihre Sprache »eingemeinden«. Obwohl man Namen wie Richard Gere (etwa: Riescha Scher) dann nicht wiedererkennt. Auf Verbesserungsvorschläge zur »richtigen« Aussprache werden sie nicht wirklich reagieren: »Ach so, Sie meinen den Audi!« – »Ja, sag ich doch! Lody!«
FRANZOSEN UND ENGLISCH
Das Vorurteil, dass Franzosen kein Englisch sprechen, trifft auf die jüngeren Generationen kaum noch zu. Von den jungen Franzosen sprechen viele Englisch, Spanisch oder Deutsch. Allerdings sagen sie oft von sich, dass das Fremdsprache lernen nicht so ihre Stärke sei. Auch, wenn sie dann ganz gut sprechen und viel verstehen, brauchen sie oft eine Zeit, bis sie sich wirklich trauen, in der fremden Sprache zu sprechen, denn das bedeutet, auch Fehler zu machen. Der Anteil der Franzosen, die in der Schule Deutsch als Fremdsprache wählen, ist leicht zurückgegangen. Viele entscheiden sich eher für Spanisch, da das Spanische als lateinische Sprache die einfachere Wahl für sie ist und in einem größeren Teil der Welt gesprochen wird.
Die Generation, die heute sechzig aufwärts ist, hatte meist schlechten Englischunterricht und traut sich oft einfach nicht, in der Fremdsprache zu sprechen. Außerdem sind viele Franzosen der Meinung, dass man in Frankreich auch Französisch zu sprechen habe. Daher vielleicht das verquere Bild. An der Aussprache kann es allerdings tatsächlich hapern, sodass man manchmal nicht gleich merkt, wenn ein Franzose englisch spricht. Es klingt häufig wie ein Französisch, das man nicht versteht. Das liegt auch daran, dass in Frankreich Begriffe, Namen oder Objekte einer anderen Sprache nicht in der Originalsprache ausgesprochen, sondern »französisisert« werden. Wenn Sie es schaffen, ein paar Worte Französisch anzuführen, ist das in jedem Fall der kommunikationsfreudigere Weg. Doch wenn Sie auf die englische Sprache angewiesen sind, wird Ihnen nicht jeder weiterhelfen können, mal klappt’s, mal nicht. Am besten verstehen Franzosen sich gegenseitig beim Englischsprechen und haben mit einer eher »originalen« Aussprache ihre Probleme. Aber bemühen Sie sich deswegen bitte nicht extra um eine französische Aussprache des Englischen!
7
ACHTUNG AUTO!
GIBT ES FÜR MANNI EIN PARKEN OHNE STRAFZETTEL?
Endlich hatten sie es geschafft! Als sie vom Périphérique hinunterfuhren, waren sie sich sicher, der Stau läge hinter ihnen und nur noch wenige Straßen würden sie von dem Hotel trennen. Doch der Stau ging munter weiter. Die Straßen von Paris waren eng, und wohin das Auge reichte, waren sie mit Autos zugestopft. »Samstagnachmittag, da ist doch gar kein Berufsverkehr«, meinte Manni und lehnte sich erschöpft und seufzend in seinem Sitz zurück. Eva war mal wieder als Wegweiserin gefragt. Zum Glück hatte sie jetzt das Navigationssystem ihres Handys eingeschaltet, denn sich bei dem Stau zu verfahren und in eine falsche Seitenstraße abzubiegen, konnte einen bestimmt Stunden kosten. Die Autos begannen, wie wild zu hupen, nichts ging mehr vorwärts. »Hier zu wohnen und jeden Tag so einen Stau zu erleben, muss die Hölle sein«, meinte Manni. »Also, ich würde in Paris garantiert kein Auto fahren«, war sich Eva sicher. »Du würdest bestimmt joggen«, meinte Anton zynisch von seiner Rückbank. »Schon mal was von der Pariser Metro gehört?« Eva vertiefte sich erneut in das Navi, als wolle sie den Weg auswendig lernen. »Wir sind nur noch drei Straßen vom Hotel entfernt«, sagte sie. »Lass uns doch hier parken und hinlaufen, mit kleinem Gepäck. Dann können wir uns ein bisschen ausruhen und nachher das Auto holen, wenn der Verkehr nachgelassen hat.« Manni fand das eine prima Idee, und selbst Anton, der prinzipiell etwas gegen Laufen hatte, schien froh zu sein, endlich aus dem Auto rauszukommen. Doch erst mal einen Parkplatz finden! »Da ist einer!«, rief Eva erfreut. Sie konnten ihr Glück kaum fassen. Dort war eine Lücke, groß genug für ihr Auto, am Boden befand sich eine gelb gestrichelte Linie. »Solange die nicht durchgezogen ist!« Manni fuhr etwas an die Seite und setzte den Blinker. Doch die Autos fuhren weiterhin so dicht auf, dass er nicht rückwärts einparken konnte. Eva stieg schließlich aus und machte mit Zeichen klar, dass sie Abstand halten sollten. Es funktionierte. Bald stand der Campingwagen auf dem Parkplatz und die drei sammelten ihre Siebensachen zusammen. Ein älterer Mann beobachtete sie eine Weile dabei, dann näherte er sich lächelnd den Fischers. »Excusez-moi« (Entschuldigen Sie), begann er höflich. Manni wunderte sich, der sah gar nicht danach aus, als wolle er einen Euro schnorren. »Il faut faire attention avec la voiture!« (Sie müssen aufpassen mit dem Auto!) »Faire Attention?«, fragte Eva zurück. »Oui, oui«, bestätigte der Mann eifrig und ging dann weiter. Vielleicht meint er, dass das Auto aufgebrochen wird?!«, meinte Manni. »Wir nehmen alle Wertgegenstände mit!« Schwer beladen machten sie sich auf den Weg ins Hotel. Als Anton, bepackt bis unters Kinn und ohne zu schauen, einen Zebrastreifen überquerte, rief seine Mutter gerade noch in letzter Sekunde »Achtung, Auto!«. Erschrocken blieb Anton stehen und schaute vorwurfsvoll auf den Fahrer, der trotz Zebrastreifen nicht gehalten hatte. Hatte er Anton nicht gesehen? Anton suchte erwartunsgvoll dessen Blick; sicher würde er sich dafür entschuldigen! Doch der Autofahrer zeigte ihm im Vorbeifahren nur wild gestikulierend einen Vogel. Anton verstand die Welt nicht mehr.
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Der Straßenverkehr in Paris ist oft nicht nur zu den Stoßzeiten unerträglich. Die Pariser rechnen täglich mit langen Fahrzeiten, wenn sie sich mit dem Auto auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle machen. Zwei Stunden am Tag im Auto zu sitzen, ist dabei völlig normal. Die Alternative Metro, die Eva anschnitt, ist nicht unbedingt die bessere. Zu Berufszeiten sind die U-Bahnen in Paris oft so voll, dass man kaum noch in einen