Antibiotika in der Zahnmedizin. Michael Hülsmann
gegenüber Penicillin, Ceftriaxon und Clindamycin. Auch Fusobacterium nucleatum zeigte sich sensibel gegen die getesteten Antibiotika.
Streptococcus-anginosus-Gruppe | Sensibilität | Fusobacterium nucleatum | Sensibilität |
Penicillin | sensibel | Penicillin | sensibel |
Ceftriaxon | sensibel | Amoxicillin/Sulbactam | sensibel |
Clindamycin | sensibel | Piperacillin/Tazobactam | sensibel |
– | – | Imipenem | sensibel |
– | – | Metronidazol | sensibel |
Zu den am häufigsten nachgewiesenen aeroben Bakterien odontogener Infektionen gehören die Viridans-Streptokokken und Staphylococcus aureus, aber auch Neisseria spp., Klebsiella spp., Enterococcus faecalis, Capnocytophaga gingivalis, Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Eikenella corrodens und Lactobacillus spp.3,21–23. Bei den anaeroben Bakterien dominieren Peptostreptococcus und Prevotella spp. neben Porphyromonas spp.; Bacteroides und Fusobacterium spp. können neben Veillonella und Eubacterium spp. sowie Campylobacter spp. ebenfalls nachgewiesen werden3,4,19. Auch Hefepilze konnten in odontogenen Infektionen nachgewiesen werden, wobei keine Resistenzdaten zu den nachgewiesenen Hefepilzen vorliegen und die pathophysiologische Rolle unklar ist4,9,24.
Abhängig von der Häufigkeit der Verschreibung verschiedener Antibiotika kann eine erhöhte Antibiotikaresistenz der Bakterien, die odontogene Infektionen verursachen, beobachtet werden. Dies erklärt die Unterschiede der Resistenzdaten in unterschiedlichen Ländern25,26. Ein regionaler Unterschied der Verschreibungspraxis fällt z. B. im ambulanten Bereich in Deutschland zwischen dem Nordosten Deutschlands – hier werden weniger Antibiotika verordnet – und westlichen Bundesländern auf27. Um einer Ausbreitung von resistenten Bakterien entgegenzuwirken, ist ein bewusster Umgang mit den unterschiedlichen Antibiotika sowie eine strenge Indikationsstellung für den Einsatz der Antibiotika notwendig. In Europa werden in den südlichen Ländern mehr Antibiotika verschrieben als in den nördlichen Ländern (European Centre for Disease Prevention and Control [ECDC]).
Da Sensibilitätstests in der zahnmedizinischen Praxis eher selten durchgeführt werden, liegen vor allem für Deutschland für den ambulanten Bereich nur wenige Daten zur Resistenzentwicklung von oralen Bakterien vor28. Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, aber auch eine mögliche Allergie gegenüber den verwendeten Antibiotika können auftreten und damit zu einer reduzierten Compliance bis zu ernsthaften Erkrankungen (Clostridium-difficile-Infektion) und akuten Notfällen (anaphylaktischem Schock) führen. Eine ausführliche und aktuelle Anamnese der Patienten ist notwendig, um die Risiken für Nebenwirkungen für eine Antibiotikatherapie minimieren zu können.
Besteht bei odontogenen Infiltraten und/oder lokalen odontogenen Infektionen mit Ausbreitungstendenz oder bestehenden Risikofaktoren der Patienten die Indikation für eine kalkulierte Antibiotikatherapie, ist eine Substanz mit einer hohen Effektivität bei geringer Toxizität zu wählen. In der S3-Leitlinie „Odontogene Infektionen“ wurde die evidenzbasierte Empfehlung ausgesprochen: „Eine Erregerdiagnostik kann bei einer Ausbreitungstendenz intraoperativ angestrebt werden, um bei Vorliegen des mikrobiologischen Befundes bei Bedarf auf eine gezielte Antibiotikatherapie wechseln zu können“11. Im ambulanten Bereich stehen als Mittel der ersten Wahl Penicillin V und das Aminopenicillin Amoxicillin zur Verfügung11. In Deutschland wurde eine Sensibilität der aeroben Bakterien gegenüber Penicillin von 61 bis 93 % beschrieben5,9,19,22. Bei den anaeroben Bakterien lag die Sensibilität gegenüber Penicillin bei 52 bis 100 %5,19. Weisen die Patienten eine Penicillinallergie auf, kann Clindamycin zur Therapie der odontogenen Infektion eingesetzt werden21. Gegenüber Clindamycin wurden Sensibilitäten der aeroben Bakterien von 66 bis 84 % und der anearoben Bakterien von 77 bis 89 % beschrieben5,9,19,24. Um einer weiteren Reduktion der Sensibilität der Bakterien gegenüber Clindamycin entgegenzuwirken, ist eine Therapie einer odontogenen Infektion mit Clindamycin ohne Penicillinallergie nicht zu empfehlen28–30. Bei Vorliegen einer Ausbreitungstendenz und/oder lokalen oder systemischen Komplikationen der odontogenen Infektion steht für die orale Therapie Amoxicillin mit einem ß-Lactamaseinhibitor (Clavulansäure) oder für die intravenöse Therapie Ampicillin mit Sulbactam zur Verfügung3,19,31,32. Bei den aeroben Bakterien wurden Sensibilitäten gegenüber den Aminopenicillinen in Kombination mit ß-Lactamaseinhibitoren von 96 bis 99 % und bei den anaeroben Bakterien von 97 bis 100 % beschrieben5,19,28. Moxifloxacin zeigt eine gute Wirksamkeit gegen die verursachenden Bakterien odontogener Infektionen9,22. Sowohl die mögliche Resistenzentwicklung der Fluorchinolone durch den bestehenden Selektionsdruck als auch die große Nebenwirkungsrate, die durch den Rote-Hand-Brief zu Fluorchinolon-Antibiotika des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 08.04.2019 benannt wurde, beschränken den Einsatz von Moxifloxacin. Unter Berücksichtigung der bestehenden Risiken und Indikationseinschränkungen kann Moxifloxacin in Ausnahmefällen zur Therapie von odontogenen Infektionen eingesetzt werden1,9,22,33. Die Antibiotikatherapie sollte bis zum Abklingen der Symptome der odontogenen Infektionen weitergeführt werden und immer wieder kritisch hinterfragt werden.
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