Rubine im Zwielicht. Dieter Jandt

Rubine im Zwielicht - Dieter Jandt


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hören würde, nur hören würde, und er spürte den Schmerz am Auge.

      Nok arbeitete mit schnellen, sicheren Bewegungen. Sie war praktisch veranlagt, das sah man sofort, stellte Wagner fest. So wie sie die Dinge in die Hand nahm, ohne zu zögern und lange zu überlegen. Nach zwanzig Minuten war das Laab fertig angerichtet. Wagner deckte den Tisch und schenkte einen trockenen Rotwein ein. Sie stießen mit den Gläsern an, tranken einen Schluck und Wagner fand, dass es Zeit war, endlich reinen Wein einzuschenken: »Warum haben Sie eigentlich gesagt, dass Sie mit Edelsteinen nichts zu tun haben?« und wies mit der Gabel auf ihre linke Hand und den rötlich funkelnden Ring.

      »Stellen Sie sich vor: Sie sind eine alleinstehende, junge Frau und da kommt ein fremder Mann und fragt gleich nach Edelsteinen. Was sagen Sie dann?«

      War das eine logische Antwort oder eine schlagfertige, überlegte Wagner. »Aber Sie handeln doch damit.« Das war ein direkter Vorstoß, und so war es am besten, wenn man etwas herauskriegen wollte.

      »So würde ich das nicht sagen. Ich verdiene gelegentlich etwas hinzu.« Keine Spur von Verwunderung darüber, wie Wagner überhaupt dazu kam, so etwas zu behaupten. »Wenn eine meiner Freundinnen nach Thailand fliegt, um ihre Verwandten zu besuchen, bringt sie mir anschließend ein paar Ringe und Armbänder mit, oder Perlen. Man muss irgendwie zu Geld kommen, wenn man allein lebt. Ansonsten habe ich mit allen möglichen Utensilien gehandelt: Porzellanfiguren, Glücksbringern, kleinen Altären, Buddhastatuen, auch mit Reistöpfen. Mit Schmuck eher selten. Aber das ist ohnehin vorbei. Auch die Asiaten, die hier leben, halten ihr Geld zurück. – Seien Sie vorsichig mit der Chilisauce.«

      »Aber Sie kennen sich aus mit Edelsteinen?«

      »Ein wenig. Eigentlich nur mit solchen Steinen, die man in Thailand, Burma und Laos findet: Rubine, Saphire, Süßwasser-Zuchtperlen. Meine Freundinnen legen sie immer in ein Kilo getrocknete Schweinekrusten, wenn sie etwas mitbringen.« Nok beugte sich vor. »Wegen der Einfuhrzölle, verstehen Sie.«

      Wagner stocherte auf seinem Teller herum. »Haben Sie die Steine denn dort schon fertig in Ringe oder Amulette einfassen lassen oder erst hier?«

      Nok schwieg. Sie trank einen Schluck Rotwein.

      »Jedenfalls haben Sie darüber Lochner kennengelernt, stimmt das?«

      »Ja, ist schlimm. Der arme Kerl. Ich habe schon davon gehört.«

      Nok schaute Wagner mit großen Augen an. Aus ihrem Gesicht war absolut nichts herauszulesen.

      Wagner wählte bewusst die Gegenstrategie. Er beschloss mit offenen Karten zu spielen. Warum er das tat, war ihm selbst nicht klar. Vielleicht war es einfach ein Mangel an taktischem Geschick oder auch an Verspieltheit, der ihn oft den direkten Weg nehmen ließ. Er war jetzt aufgestanden, bückte sich unter dem Durchgang zum Wohnzimmer und hob eine der Dielen an. Er zog die Cellophantüte mit den Edelsteinen heraus, setzte sich wieder und schob seinen Teller beiseite.

      Er ließ einen Stein auf die Tischplatte kullern. Er war tropfenförmig geschliffen, und man erkannte dunkle und rötliche Kristalle, die miteinander im Lichterspiel waren, wenn man den Stein bewegte »Was für ein Exemplar ist das? Ist es echt?«

      Nok kam um den Tisch herum auf seine Seite. »Sagen Sie bloß: Sie haben selbst Edelsteine? Aber warum verstecken sie sie?« Wagner roch wieder ihr Parfüm, als Nok sich über den Tisch beugte. Sie berührte den Stein leicht mit einem Finger. »Wenn er echt ist, ist es ein Rubin. Vielleicht aus Burma, so wie meiner.« Sie deutete auf ihren Ring. »Wo haben Sie den Stein her?«

      »Würden Sie ihn haben wollen?«

      Nok lachte: »Noch einen? Aber wenn er echt wäre, warum nicht?« Sie begann zu kokettieren und wiegte leicht in den Hüften.

      »Wieso wissen Sie das nicht?«

      »Das ist heute immer schwieriger auseinanderzuhalten, ob ein Stein echt ist oder echt, aber aufpoliert, geschönt, gefärbt ist und so weiter, oder ob er sogar synthetisch hergestellt ist. Das kann man hier so am Küchentisch nicht feststellen.«

      »Wie denn?« Wagner war kurz davor, Nok über die Hüfte zu streicheln, traute sich aber nicht. Stattdessen stand er auf, ging rüber ins Wohnzimmer und kam mit einem Papier zurück. Er legte es vor Nok auf den Tisch: »Das ist vermutlich das passende Zertifikat dazu.«

      Nok zog staunend die Augenbrauen hoch: »Na also, dann wissen Sie ja, dass der Stein echt ist.«

      »Hatten Sie eigentlich etwas mit Lochner?« Wieder so eine Frage ins Blaue hinein. Gleichzeitig fürchtete er sich vor der Antwort und einem diffusen Neid auf den Toten.

      Nok rückte von Wagner ab. »Hat das mein Mann behauptet?«

      »Nein, der hat nur geschlagen.«

      Nok begann, den Tisch abzuräumen. »Es kann ja sein, dass er etwas von mir wollte, aber – wie sagt man hier? Dazu gehören immer zwei.« Wagner fühlte das sofort auf sich bezogen und kugelte verlegen mit dem Rubin über die Tischplatte.

      »Machen Sie das nicht«, Nok legte ihre Hand kurz auf die seine. »Solche Steine sind empfindlich, wissen Sie das? Wenn sie echt sind«, lächelte sie und zog ihre Hand zurück. »Wenn Sie das übrigens ganz genau wissen wollen, sollten Sie einen Gemmologen aufsuchen.«

      Nok blieb vor Wagner stehen, der nicht so recht wusste, wo er hinschauen sollte. Er dachte an die Würgefeige und seinen aberwitzigen Vergleich. Im Moment stellte er allenfalls eine Feige in verhaltener Stellung dar. Eine verklemmte Feige, die sich irgendwo am Geäst eines exotischen Wirtsbaumes verhakt hatte. Wagner wurde über sich selbst wütend. Das alles hier brachte ihn aus dem Konzept.

      »Das Laab haben Sie hervorragend gekocht, Herr Wagner.« Nok reichte ihm die Hand.

      »Sagen Sie doch Jens, das klingt besser.« Da war es nun wieder: der direkte Weg aus der Defensive. Wagner war aufgestanden und folgte Nok zur Tür. Im Hausflur drehte sie sich noch einmal lächelnd um. »Und Ihre Einwanderer? Was machen wir mit denen?« Wagner versuchte ebenfalls ein Lächeln. Nok wartete die Antwort gar nicht erst ab. Wagner sah ihr nach, sah wie der Stoff des Blümchenkleides um ihre Hüften schwang. Als Wagner zurück in die Küche kam, sah er den blutroten Schal über der Stuhllehne. Im ersten Moment dachte er daran, Nok hinterherzulaufen. Dann aber nahm er den Schal in die Hand, fühlte den weichen, hauchdünnen Stoff und roch daran. Er zog den milden Geruch des Parfüms ein, ging ins Wohnzimmer und hängte den Schal an ein kleines Bücherbord über dem Schreibtisch. Er zupfte am Stoff herum, bis er zufrieden nickte.

      Draußen schaute Nok kurz auf den weißen Mercedes und ging nach links um die Häuserecke zu ihrem Wagen.

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