Angst am Abgrund. Ben Faridi

Angst am Abgrund - Ben Faridi


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      Faridi

      Angst am Abgrund

      Amalfi-Krimi mit Rezepten

      Ben Faridi

      Angst am Abgrund

      Der zweite Baptista-Roman

      Amalfi-Krimi mit Rezepten

      Haftungsausschluss: Die Rezepte dieses Buchs wurden von Verlag und

      Herausgeber sorgfältig erwogen und geprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Die Haftung des Verlags bzw. des Herausgebers für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

      © 2012 Oktober Verlag, Münster

      Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung des

      Verlagshauses Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster

       www.oktoberverlag.de

      Alle Rechte vorbehalten

      Satz: Britta Gerloff

      Umschlag: Thorsten Hartmann

      unter Verwendung eines Fotos von ozgurdonmaz/iStockphoto.com

      Rezepte: Roland Tauber und Christina von Jakubowski

      Herstellung: Monsenstein und Vannerdat

      ISBN: 978-3-941895-22-5

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       readbox publishing, Dortmund

       www.readbox.net

       »Ich glaube, letzten Endes ist zu wenig Hoffnung da. Der Mensch sieht eigentlich nicht, wenn man es einmal ganz grob ausdrückt, zu was er, wozu er kommuniziert. Wo ist sein Ziel? Es ist keine Vision da, auf die er hinsteuern kann. Er hat wenig Hoffnung und weiß eigentlich selbst nicht, was er will.«

      Erich Fromm

      Sonntag, 26. August

      Jefferson war kein Mensch, der Angst vor etwas hatte. Er war sehr, sehr reich und hatte in seinem Leben so viel erlebt, dass er glaubte, es gäbe kaum Situationen, in denen er Angst haben würde. Vor diesem Mann hatte er Angst. Es war nicht die große Narbe, die quer über sein Gesicht lief. Es waren seine Augen. Sie waren ohne Leben, nahmen nicht Anteil an dem, was um ihn herum geschah.

      Jefferson war mit dem Mann alleine in einer Höhle. Es war sehr dunkel, nur eine Fackel verbreitete flackerndes Licht, das an der Höhlenwand Schattenspiele erzeugte. Jeffersons Hände waren auf seinem Rücken mit einem Kabelbinder eng zusammengeschnürt. Er spürte seine Finger schon eine Weile nicht mehr.

      Die rauchige Stimme des Mannes war vollkommen monoton und verbreitete in der Höhle eine eisige Kälte.

      »Hast du geglaubt, dass du mit dieser Geschichte alleine durchkommst, so nah bei Neapel. Wir werden das Land verändern und du wirst uns nicht im Weg stehen.«

      »Eure Zeit ist vorbei«, antwortete Jefferson. »Lange schon. Von mir werdet ihr nichts bekommen.«

      Eigentlich wusste Jefferson, dass seine eigene Zeit vorbei war. Dennoch wollte er zeigen, dass er zu keinerlei Kooperation bereit war. Der Mann griff in die Innentasche seines Mantels und zog einen Revolver hervor. Jefferson hoffte, dass es schnell gehen würde.

      Der Mann stellte sich direkt vor Jefferson und hielt die Waffe an seine Stirn. Jefferson spürte die Metallkugel, die seinen Schädel durchschlug, nicht mehr. Und er bemerkte nicht mehr das Ausstechen seiner Augen, nicht das Abschneiden seiner Finger und auch nicht den tiefen Fall und harten Aufschlag, der ihm das Genick, seine Oberschenkel und den Brustkorb brach. Für ihn spielte es keine Rolle mehr. Seine Angst war vorbei.

      Am Rande des steilen Felsabhangs stand der Mörder in einem dunklen Mantel und hörte regungslos, wie der Körper dumpf aufschlug. Der Mann unterschied sich kaum von der Dunkelheit des Abhangs, an dem er stand. Das hagere Gesicht war untypisch für diese Gegend, ebenso wie der schwarze Mantel. Die Perfektion passte nicht in das südliche Italien.

      Es war das erste Mal, dass er sich bei einem Auftrag unsicher fühlte. Er musste dem Opfer in den Kopf schießen und seinen Körper malträtieren. Denn es ging hier um ein Ritual. Der Mensch, der vom Weg Gottes abkam und in die Tiefe stürzte. Dafür musste der Körper unbedingt auf diesen gut einsehbaren Weg gebracht werden.

      Abschließend überprüfte er mit einem Nachtsichtgerät nochmals, ob ihn jemand beobachtet haben könnte. Dann ging er zu seinem Wagen zurück und verschwand in der Dunkelheit.

      Montagnachmittag, 3. September

      Schon nach der ersten Haarnadelkurve war ihm schlecht. Jao Baptista wurde von einem amalfitanischen Polizisten namens Gianluca Festevola am Flughafen in Neapel abgeholt. Festevola blickte mit seinen dunkelbraunen Augen, die durch eine riesige dünne Nase getrennt waren und bei der man das Gefühl hatte, sie könnte die Sonne verdecken, unruhig zum Ausgang des Terminals. Da Gianlucas Cousine in den Wehen lag, übersprang der Italiener das übliche Espressotrinken sowie andere Höflichkeiten und stieg mit seinen schlaksigen langen Beinen rasch in den Fiat Punto ein, noch während Baptista sein schweres Gepäck in den Kofferraum packte.

      Sobald die Türen geschlossen waren, fuhr er zügig vom Flughafen in Richtung der Bergstraße, die über Agerola und Furore nach Amalfi führte. Baptista konnte recht gut Italienisch sprechen, da er als Kind und Jugendlicher mit seinen Eltern in Europa mehrfach umziehen musste und dabei einige Jahre in Italien verbracht hatte. Aber die Worte schienen ihm alle entfallen zu sein, als Festevola mit immer höherer Geschwindigkeit fuhr. Für einen Ortsunkundigen war die Straße durch das Gebirge unübersichtlich. Man konnte den entgegenkommenden Verkehr nur ahnen, nicht sehen. Darüber hinaus schien es in den Kurven so eng zu sein, dass selbst zwei Kleinwagen kaum aneinander vorbeikommen dürften. Doch Gianluca Festevola fuhr auf dieser Straße, als gäbe es solche Einschränkungen einfach nicht.

      Für einen Moment schloss Baptista seine Augen und hoffte dadurch, keine weiteren Panikanfälle bei heranrasenden Reisebussen zu bekommen, aber das machte alles nur noch schlimmer. Nach rund vierzig Minuten kamen sie am Stadtrand von Amalfi an, parkten vor einem der Palazzi und Festevola sprang eine Treppe in das erste Stockwerk hinauf. Baptista öffnete dagegen scheinbar in Zeitlupe die Beifahrertür, hievte seinen unbeweglichen und zu dicken Körper aus dem kleinen Wagen und musste sich sofort übergeben, weil ihm die Autofahrt auf den Magen geschlagen war. Schnaufend stand er einige Minuten da und atmete einfach nur. Dann säuberte er sich den Mund mit einem Taschentuch.

      Eigentlich wollte er seinen Kollegen alles Mögliche gefragt haben, aber die Höllenfahrt hatte jedes Gespräch verhindert. Immerhin ging es um einen bestialischen Mord an einem reichen Engländer. Der Mord war so bestialisch und der Engländer so reich, dass Baptista überlegte, ob er der richtige Ermittler für diesen Fall war. Aber sein Chef war in diesem Punkt unmissverständlich deutlich gewesen.

      Da die Spuren der Ermittlung quer durch Europa führten, wurde der Fall an die Sonderkommission der Europol weitergeleitet, für die Baptista arbeitete. Sofern sich in einem Kriminalfall die lokalen oder Landesbehörden nicht zuständig fühlten oder aus anderen Gründen nicht ermitteln konnten, wurde Baptistas Sonderkommission mit den Ermittlungen beauftragt. So kam es, dass Baptista sich im Spätsommer an der Amalfiküste wiederfand, die sich von Neapel nach Salerno zog und in deren Mitte sich das Städtchen Amalfi befand. Die kleine Stadt lag in einem engen Tal. An beiden Seiten strebten Berge steil in den Himmel. Die Stadt zog sich bis hinunter zum Meer und ergoss sich dort in einen Hafen, an dem viele Yachten Zwischenstation machten, wenn die Hautevolee der ganzen Welt von Positano oder Capri aus ihre Ausflüge startete.

      In der Mitte des Tals verlief eine Straße, an deren beiden Seiten sich in unerträglicher Enge ein Wirrwarr an Häusern die Berge hochzog. Ohrenbetäubender Lärm hupender Autos und überlauter


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