Sie sind nicht krank, Sie sind durstig!. F. Batmanghelidj
mich an und dachte über meine naive Frage nach. Schließlich antwortete er in seinem sehr kultivierten, schottisch gefärbten Englisch: „Es muss eine Notwendigkeit geben, und man muss ein Ziel haben.“ Er erklärte, dass die Anzahl von Todesfällen aufgrund bakterieller Komplikationen umso mehr gestiegen war, je mehr unterschiedliche chirurgische Behandlungsmethoden Eingang in die medizinische Praxis gefunden hatten. Ein Mittel gegen bakterielle Infektionen im menschlichen Körper zu finden war zu einer Notwendigkeit ersten Ranges geworden und hatte den in der Bakterienforschung Beschäftigten einen entsprechenden Forschungsgrund geliefert und die nötige Entschlossenheit in ihnen erzeugt. Die „Notwendigkeit“ war die Keimzelle für die Entdeckung des Penicillins gewesen, und das „Ziel“ war der Wunsch gewesen, es für die Anwendung beim Menschen nutzbar zu machen.
Die Geburt einer neuen wissenschaftlichen Wahrheit
Die Geschichte lehrt uns, dass wir oft wichtige Entwicklungssprünge machen, wenn wir die grundlegenden Techniken erkennen, derer sich die Natur bedient. Durch Zufälle und durch Geistesblitze enträtselte die Menschheit viele Geheimnisse, die bei ihrer Entstehung eine Rolle spielten.
Zu einem solchen Zufall kam es im Jahre 1979. Ich war als politischer Gefangener der islamischen Revolutionäre im Iran gefangen genommen und ins Gefängnis von Evin gebracht worden. Die Gefahr einer möglichen Exekution vor Augen, entdeckte ich eines Nachts, dass zwei Gläser Wasser selbst die stärksten mit einem Magengeschwür einhergehenden Schmerzen lindern konnten.
Ein Gefangener brauchte Medikamente gegen seine schrecklichen Ulkusschmerzen. Er hatte sich zusammengekrümmt und konnte nicht mehr alleine gehen. Zwei Freunde stützten ihn. Die Wachen hatten auf sein wiederholtes Bitten, ins Gefängniskrankenhaus verlegt zu werden, nicht reagiert. Es war elf Uhr nachts, als er zu mir gebracht wurde. Ich war selbst Gefangener und hatte keine Medikamente, die ich dem verzweifelten Mann hätte geben können. Als ich ihm das erklärte, verzerrte sich sein Gesicht noch mehr vor Schmerz. Anstelle von Medikamenten verabreichte ich ihm zwei Gläser Wasser. Innerhalb von Minuten ließen seine Ulkusschmerzen nach. Nach acht Minuten waren sie völlig verschwunden. Dies bestätigte, dass Wasser bei einem „Krankheitszustand“ Bauchschmerzen lindern kann (auch meine eigenen Bauchschmerzen hatte ich mit Wasser gelindert, als ich in Einzelhaft saß und mehrere Tage lang die Nahrung verweigerte). Ich ermutigte weitere Mitgefangene, bei charakteristischen Bauchschmerzen anstelle der manchmal verfügbaren Medikamente Wasser zu nehmen.
In den folgenden zweieinhalb Jahren meiner Gefangenschaft behandelte ich mehr als 3000 Fälle von stressbedingten Magengeschwüren erfolgreich mit nichts anderem als Leitungswasser. Mir wurde klar, dass diese Menschen in Wirklichkeit nur durstig waren. Dass sie an Dehydration litten, zeigte sich anhand von Schmerzkrisen, die wir Mediziner als „Krankheitszustände“ bezeichneten. Ungefähr 15 Monate nach meiner Verhaftung legte ich einen wissenschaftlichen Artikel vor, der zur Veröffentlichung freigegeben werden sollte. Ich bat den Richter, diese Informationen nicht untergehen zu lassen, selbst wenn er meine Erschießung beschließen sollte. „Es ist die größte medizinische Entdeckung der Geschichte“, sagte ich. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits ein paar hundert Mitgefangene in dem Gefängnistrakt behandelt, in dem ich selbst untergebracht war.
Der Richter kam später zu mir und sagte: „Sie haben eine großartige Entdeckung gemacht, ich wünsche Ihnen für die Zukunft viel Glück.“ Das war ein erster Hinweis darauf, dass ich überhaupt eine Zukunft hatte und meine Arbeit fortsetzen konnte.
In Anerkennung meiner Entdeckung wurde ich nicht hingerichtet, sondern zu drei Jahren Haft verurteilt. Mein Leben wurde aufgrund der Entdeckung, die ich im Gefängnis gemacht hatte, geschont. Alle meine persönlichen Besitztümer wurden jedoch konfisziert. Nach 27 Monaten Haft sagte mir der Gefängniswärter, dass die Behörden in mir nicht länger den „schlechten Menschen“ sähen, der ich angeblich war, und dass sie meine vorzeitige Entlassung in Betracht zögen. Ich bedankte mich bei ihm, sagte aber, ich würde gerne noch eine Weile im Gefängnis bleiben. Ich steckte mitten in klinischen Beobachtungen über die Auswirkungen der Wasserbehandlung bei verschiedenen stressbedingten Gesundheitsproblemen, einschließlich blutender Magengeschwüre. Ich erklärte ihm, Evin sei als „Stresslabor“ einzigartig. Es bedarf kaum einer Erwähnung, dass der Wärter überrascht war. Er hatte geglaubt, mir mit der Entlassung vor Ablauf meiner Haftstrafe einen großen Gefallen zu tun, bestätigte aber, dass meine Arbeit wichtig war und ich die Gelegenheit erhalten sollte, meine Studie abzuschließen. Manchmal dachte ich, meine Inhaftierung sei kein Zufall gewesen. Es war mir bestimmt zu entdecken, dass der menschliche Körper in Krisensituationen, wenn er unter Stress steht und auszutrocknen beginnt, nach Wasser verlangt. Ich blieb weitere vier Monate im Gefängnis und gelangte zu bestimmten klinischen Schlussfolgerungen, die nun wissenschaftlich erklärt werden mussten. Nach zwei Jahren und sieben Monaten Gefangenschaft wurde ich entlassen und für meine Entdeckung offiziell beglückwünscht.
Während meines Gefängnisaufenthaltes hatte ich viel Neues über die physiologische Wirkung von Wasser und über seine Rolle im Hinblick auf zahlreiche Krankheitszustände gelernt. Alles hatte mit Leibschmerzen begonnen. Erste Hinweise auf meine Entdeckung veröffentlichte ich im Iranian Medical Association Journal, als ich noch im Gefängnis saß. Eine Übersetzung des Artikels gelangte nach Amerika und wurde schließlich für die Publikation als Gasteditorial im Journal of Clinical Gastroenterology überarbeitet, das im Juni 1983 erschien.
Wie die moderne Medizin sich entwickelte
Die folgenden Erklärungen stützen sich auf klinische Beobachtungen in einem der schlimmsten Stresslaboratorien der Welt. Diese Beobachtungen führten zu einer neuen, physiologisch begründeten Erklärung zur Entstehung körperlicher Erkrankungen. Meine Erkenntnisse wurden auf mehreren Fachkongressen mit internationalen Teilnehmern vorgestellt. Außerdem wurden wissenschaftliche Abhandlungen publiziert, die meine Ergebnisse bestätigen.
Man muss nicht über wissenschaftliche Fachkenntnisse verfügen, um begreifen zu können, dass Wasser bei bestimmten, durch Dehydration bedingten Krankheiten vorbeugend und heilend eingesetzt werden sollte. Noch muss die Anwendung von Wasser als „Medizin“ genehmigt werden. Wasser ist die wichtigste Quelle des Lebens, und jeder weiß das. Demgegenüber herrscht jedoch ein schmähliches Unwissen über die gesundheitlichen Gefahren, denen wir unsere Körper aussetzen, wenn wir nicht genug Wasser trinken. Was uns rettet, ist die Tatsache, dass der menschliche Körper im Gegensatz zur modernen Medizin die Rolle des Wassers für die Aufrechterhaltung des physiologischen und physischen Wohlbefindens kennt. Offensichtlich wurden wir Ärzte über die unterschiedlichen Funktionen des Wassers im menschlichen Körper nicht sonderlich gut informiert. Wir wissen noch nicht einmal, wann der Körper wirklich durstig ist. Wir verstehen nicht, was passiert, wenn er nicht regelmäßig genug Wasser bekommt.
Die klinische Medizin beruht auf der Verabreichung pharmazeutischer Präparate. Bei der medizinischen Ausbildung dienen mehr als 600 Unterrichtsstunden dazu, den Einsatz von Pharmaka zu vermitteln. Demgegenüber sind nur wenige Stunden für Diätetik und Nahrungsmittelkunde vorgesehen. Es scheint, als versuchten die medizinischen Ausbilder bei den meisten „Krankheitszuständen“ mit aller Kraft, den menschlichen Körper mit dem „Reagenzglas“ zu bezwingen.
Das Problem ist, dass die pharmazeutischen oder chemischen Produkte die meisten Krankheiten gar nicht heilen und auf Dauer auch nicht ungefährlich sind. Sie maskieren lediglich vorübergehend die äußere Manifestation eines Problems und mildern die Symptome. Gleichgültig, wie wissenschaftlich die Rechtfertigungen für die Verwendung dieser chemischen Produkte auch daherkommen – Pharmaka beseitigen das medizinische Problem nicht. Nur Antibiotika, die man bei Infektionen verabreicht, bilden diesbezüglich eine Ausnahme. Menschen, die unter Bluthochdruck leiden, können mit Diuretika (Entwässerungsmitteln) oder anderen chemischen Mitteln nicht geheilt werden. Oft soll die diuretische Behandlung ein Leben lang fortgeführt und durch die Einnahme anderer Medikamente ergänzt werden. Auch bei rheumatoider Arthritis erzielt keines der vielen auf dem Markt befindlichen Schmerzmittel dauerhafte Heilerfolge. Betroffene Patienten müssen die Schmerzmittel für den Rest ihres Lebens einnehmen. Weder Diabetiker noch Menschen, die an Myasthenia gravis oder Muskeldystrophie leiden, können geheilt werden. Wie ist es möglich, dass weit verbreitete gesundheitliche Probleme wie Sodbrennen,