Intention. Lynne McTaggart

Intention - Lynne McTaggart


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bewegt.

      Im 20. Jahrhundert führten Physiker Youngs Experiment mit anderen einzelnen Quanten weiter und bewiesen so, dass man in der Quantenphysik Spiegeleigenschaften kennt: Quanten verhielten sich wie Wellen und durchquerten beide Spalten gleichzeitig. Schießt man einen Elektronenstrahl auf die drei Schirme, so erhält man Interferenzmuster von abwechselnd hellen und dunklen Flecken, ebenso wie bei einem Lichtstrahl. Da man für ein solches Interferenzmuster mindestens zwei Wellen braucht, folgt aus dem Experiment, dass sich das Elektron irgendwie auf geheimnisvolle Weise gleichzeitig durch beide Spalten bewegen und mit sich selbst interferieren kann, wenn es mit sich selbst wieder zusammenkommt.

       Das zentrale Rätsel der Quantenphysik

      Dieses Doppelspaltexperiment bringt das eigentliche Mysterium der Quantenphysik „auf den Punkt“ – die Vorstellung, dass ein subatomares Teilchen nicht ein einzelner Punkt im Raum ist, sondern sozusagen ein ganzes Spektrum von Zuständen. Auch zeigt es das Prinzip, dass man Elektronen, die in einem hermetischen Quantenzustand existieren, letztlich nicht erkennen kann. Man kann an einer Quanteneinheit nichts identifizieren, ohne das Teilchen auf seiner Bahn anzuhalten – wo es in einen einzigen Punkt „kollabiert“.

      Zeilinger wandelte das Doppelspaltexperiment ab und verwendete Moleküle statt subatomarer Teilchen. Das Interferometer hatte eine Reihe von Spalten auf dem ersten Schirm und ein Gitter identischer paralleler Spalten auf dem zweiten, das die passierenden Moleküle ablenken sollte. Das dritte Gitter, das senkrecht zum Molekülstrahl stand, fungierte als Beobachtungsschirm und konnte die Wellengröße aller passierenden Moleküle berechnen, und zwar mittels eines hochempfindlichen Laserdetektors, der den Punkt des Auftreffens der Moleküle und ihre Interferenzmuster feststellte.

      Für das erste Experiment suchten Zeilinger und sein Team mit Bedacht einen Schwung Fullerenmoleküle oder „Fußballmoleküle“ aus, also Moleküle, die aus 60 Kohlenstoffatomen bestehen. Mit einem Nanometer pro Stück sind sie die Kolosse der molekularen Welt. Zeilinger entschied sich nicht nur aufgrund der Größe für Fullerene, sondern auch wegen ihrer „witzigen“ Anordnung – sie gleichen in ihrer Form winzigen Fußbällen.

      Die Unternehmung war heikel. Zeilingers Gruppe musste bei der genau richtigen Temperatur arbeiten; wurden die Moleküle nur einen Hauch zu stark erhitzt, so zerfielen sie. Zeilinger erhitzte die Fullerene auf 900° Kelvin – das sind circa 630° Celsius –, sodass sie einen intensiven Molekülstrahl bildeten, und schickte sie dann durch den ersten Schirm; dann passierten sie den zweiten, bevor sie auf dem letzten ein Muster bildeten. Die Ergebnisse waren eindeutig. Jedes Molekül zeigte die Fähigkeit, mit sich selbst Interferenzmuster zu bilden. Also: Einige der größten Einheiten von Materie hatten sich nicht in einem endgültigen Zustand „lokalisiert“. Wie subatomare Teilchen hatten diese riesigen Moleküle sich nicht zu etwas Realem verfestigt und manifestiert.

      Das Wiener Team tat sich nach anderen, doppelt so großen, unregelmäßig geformten Molekülen um, weil es feststellen wollte, ob asymmetrische Moleküle die gleichen magischen Eigenschaften zeigen. Sie einigten sich auf den „riesigen“ Fluorkohlenstoff – ein Molekül aus Kohlenstoffatomen in der Form eines Fußballs – und auf Tetraphenylporphyrin, das in seiner Form eher einem Pfannkuchen ähnelt, ein Derivat des natürlichen Farbstoffs Chlorophyll. Mit mehr als 100 Atomen pro Molekül gehören diese beiden zu den größten auf dem Planeten. Und wieder erzeugte jedes ein Interferenzmuster mit sich selbst.

      Zeilingers Team zeigte wiederholt, dass die Moleküle an zwei Orten gleichzeitig sein können, dass sie also selbst bei dieser Größe in einem Zustand der Superposition bleiben.25 Sie hatten das Undenkbare bewiesen: Die größten Bestandteile des Stofflichen und Lebendigen existieren in einem verformbaren, nicht festgelegten Zustand.26

      * * *

      Sai Ghosh dachte nicht oft über die Konsequenzen ihrer Entdeckung nach. Sie war zufrieden mit dem Wissen, dass ihr Experiment eine sehr interessante Dissertation hergab und ihr in ihrer Karriere als Assistenzprofessorin helfen konnte – sie wollte die Miniaturisierung erforschen; diese Richtung würde die Quantenmechanik ihrer Meinung nach einschlagen. Bisweilen gestattete sie sich, darüber zu spekulieren, dass ihr Kristall etwas Wichtiges über die Natur des Universums bewiesen haben könnte. Doch sie war ja gerade mal Doktorandin. Was konnte sie letztlich darüber wissen, wie die Welt wirklich funktioniert …?

      Aber für mich stellen Ghoshs Forschung und Zeilingers Arbeit mit dem Doppelspaltexperiment zwei Meilensteine in der modernen Physik dar:

      1. Ghoshs Experimente belegten, dass zwischen den Grundbausteinen der Materie eine unsichtbare Verbindung besteht, die oft so stark ist, dass sie sich über die klassischen Einflussmethoden wie Wärme oder Druck hinwegsetzen kann.

      2. Zeilingers Arbeit zeigte noch etwas viel Erstaunlicheres: Große Materieeinheiten sind weder etwas Festes und Stabiles, noch verhalten sie sich notwendigerweise nach den Newton’schen Gesetzen. Moleküle brauchen einen anderen Einfluss, um in einen (abgeschlossenen, „fertigen“) Endzustand kommen.

      3. Beide bewiesen als Erste, dass die seltsamen Eigenschaften der Quantenphysik nicht nur auf der Quantenebene auftreten, sondern auch in der Welt sichtbarer Materie. Moleküle existieren ebenfalls in einem Zustand reinen Potenzials, nicht in Form einer endgültigen Wirklichkeit. Unter bestimmten Umständen „entwischen“ sie den Newton’schen Gesetzen und zeigen die Nicht-Lokalität der Quanten.

      4. Die Tatsache, dass etwas so „Großes“ wie ein Molekül sich verschränken kann, legt nahe, dass es nicht zwei Regelwerke gibt – eines für die Physik des Großen und eines für die Physik des Kleinen –, sondern nur ein Regelwerk für alles.

      Diese beiden Experimente enthalten auch den Schlüssel für die Wissenschaft von der Intention (– wie Gedanken feste, „fertige“ Materie beeinflussen können). Sie legen nahe, dass der Beobachtereffekt nicht nur in der Welt der Quanten auftritt, sondern auch in der Alltagswelt:

      Die Dinge unserer materiellen Umwelt sollten nicht länger als aus sich selbst heraus existierend gesehen werden, sondern sie existieren, wie die Quanten, nur in Beziehung. Mitschöpfertum und Einfluss könnten grundlegende, inhärente Eigenschaften des Lebens sein. Unsere Beobachtung jedes Bestandteils unserer Welt könnte seinen endgültigen Zustand bestimmen helfen, was bedeutet, dass wir wahrscheinlich auch jeden großen Gegenstand beeinflussen, den wir um uns sehen. Immer wenn wir einen Raum mit vielen Menschen betreten, wenn wir uns mit unseren Partnern oder Kindern beschäftigen, wenn wir staunend den Himmel betrachten …, sind wir möglicherweise als Mitschöpfer tätig, sind wir in diesem Sinne kreativ und üben vielleicht sogar in jedem Augenblick Einfluss aus.

      Wir können das noch nicht bei normalen Temperaturen nachweisen; unsere Geräte sind dafür noch nicht weit genug entwickelt. Doch wir haben schon einen vorläufigen Beweis: Die physische Welt – die Materie selbst – scheint formbar zu sein und empfänglich für Einfluss von außen.

       Der Mensch – Sender und Antenne

      Im Jahre 1951 – er war gerade sieben Jahre alt – entdeckte Gary Schwartz etwas Bemerkenswertes. Er hatte versucht, ein gutes Fernsehbild zu bekommen. Das erst kurz vorher erworbene Schwarz-Weiß-Gerät, das auf der Konsole aus Walnussholz hinter zwei Türen verborgen war, faszinierte ihn – nicht so sehr wegen der Personen in den sich bewegenden Bildern als vielmehr wegen der Methode, mit der sie überhaupt in sein Wohnzimmer gelangten. Die Mechanismen der relativ neuen Erfindung blieben sogar den meisten Erwachsenen ein Geheimnis. Der Fernseher war – wie jedes andere Elektrogerät – etwas, was das frühreife Kind liebend gern auseinandernehmen und verstehen wollte.

      Diese Leidenschaft hatte sich schon bei den ausgedienten Radios gezeigt, die ihm sein Großvater gegeben hatte. Ignatz Schwartz verkaufte Ersatzröhren für Fernseher und Radios in seinem Laden in Great Neck, Long Island; Geräte, die sich nicht mehr reparieren ließen, gab er seinem Enkel zum Auseinandermontieren. In einer Ecke von Garys Zimmer lagen haufenweise Teile zum Experimentieren – Röhren, Widerstände und Radiogehäuse; sie häuften sich auf den Regalen, die er sich von seinem Großvater


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