Die Welt erklären. Tobias Eick
mit ihren Partnern Thomas Sanders und Thomas Watson die Bell Telephone Company. Sie sollte zur größten Telefongesellschaft der Welt anwachsen und ihre Begründer reich und berühmt machen.60 Zwei Tage nach der Firmengründung ehelichte Bell seine Mabel und gründete mit ihr eine Familie.61
Abb. 7: Alexander Graham Bells Ehefrau Mabel Hubbard Bell in späteren Jahren, ca. 1917.
Antonio Meucci endete derweil ohne Anerkennung seiner Leistung in ärmlichen Verhältnissen. Erst am 11. Juni 2002 honorierte das US-Repräsentantenhaus posthum Meuccis Entwicklung und Verdienste rund um die Erarbeitung des Telefonapparates.62
Bell und Hubbard waren bis zu Hubbards Tod sowohl beruflich als auch privat eng verbunden. 1882 versuchten sie gar gemeinsam das gerade erst gegründete, aber schon strauchelnde Science Magazin vor dem Ruin zu bewahren. Ihr Plan misslang und bescherte Schwiegervater und Schwiegersohn einen herben finanziellen Verlust.63 Die Erfahrungen, die Bell bei der versuchten Rettung des Science Magazins sammeln konnte, sollten sich in ähnlicher Weise bei der Übernahme des Präsidentenamtes der National Geographic Society wiederholen. Nicht nur, dass die Mitgliederzahlen im ersten Jahr seiner Präsidentschaft um rund 500 zurückgingen. Die Organisation häufte in weltwirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten auch Schulden in Höhe von 2.000 US-Dollar64 an: Im Zuge des Industrialisierungsprozesses erlebte die globale Wirtschaft seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst eine Wachstumsphase, die durch Überspekulation und -produktion 1873 in einer Krise mündete.65 Insbesondere die Insolvenzanmeldung der US-amerikanischen Northern Pacific Railway Company im September 1873 und ihres Großaktionärs, der Bank Cooke & Co. brachten auch andere amerikanische Eisenbahngesellschaften und Banken in Bedrängnis. Die Folge war eine Panik an den Wertpapierbörsen der USA, die auf andere Teile der Erde übergriff. Die Epoche, die als Große Depression oder Große Deflation in die Geschichte einging, kennzeichnete sich durch stark variierende Konjunkturverläufe, die 1893 erneut für erhebliche Kursverluste besonders bei Eisenbahnaktien an der New York Stock Exchange sorgten und bis 1896 anhielten. Bell war sich vor diesem Hintergrund der drohenden Gefahr für die National Geographic Society bewusst und verstärkte die Werbemaßnahmen: Nur die Erhöhung der Mitgliederzahlen konnte die Einnahmen der Gesellschaft steigern. Er plädierte dafür, den Verkauf des Magazins an den Kiosken aufzugeben. Stattdessen sollte die Zeitschrift über die Mitgliedschaft bezogen werden können – und sich ausschließlich an Leser wenden, die die Gesellschaft unterstützten und an ihre Arbeit glaubten.66 Die Monatsillustrierte National Geographic Magazine müsse attraktiver werden, eine breitere Leserschaft ansprechen und nicht in den Untiefen einiger Gelehrtenhaushalte verschwinden. Denn Bell war sich sicher, dass sich ein jeder das Magazin gern ins Bücherregal stellen würde. Kurz und knapp brachte er die Situation des Fachjournals auf den Punkt: „Es war nützlich, es war wichtig, aber es hat nichts zur finanziellen Unterstützung der Gesellschaft beigetragen.“67 Ein neuer, unverbrauchter Mitarbeiter sollte frischen Wind in die Produktion bringen, um so den gewünschten Anstieg der Mitgliederzahlen zu erreichen. Bell musste nicht lange nach einer Person suchen, die seinen Anforderungen entsprach. Im Jahr von Hubbards Tod hielt der Amherst-College Professor Edwin Augustus Grosvenor, der zuvor viele Jahre Experte für Geschichte am Robert-College in Konstantinopel gewesen war, einen Vortrag auf einem der Treffen der National Geographic Society.68 Bei einer privaten Zusammenkunft berichtete er dem begeisterten Bell von seinen beiden eineiigen Zwillingssöhnen Gilbert und Edwin: Beide hatten gerade Amherst mit Magna Cum Laude absolviert und unterrichteten nun an der Englewood-Akademie für Jungen in New Jersey. Das romantische Interesse der beiden Töchter Bells, Elsie und Daisy, an den Grosvenor-Zwillingen spielte mutmaßlich ebenfalls eine Rolle bei Bells Entscheidung Grosvenor Senior im Februar 1899 einen Brief zu schreiben. Darin bot er einem von Grosvenors Söhnen die Herausgeberschaft des National Geographic Magazines an.
Gilbert hatte bereits mit seinem Vater ein zweibändiges Buch über Konstantinopel bearbeitet und war journalistisch ambitioniert. Ihn sprach die Anfrage in Besonderem an.
Abb. 8: Gilbert H. Grosvenor sollte der erste Herausgeber des National Geographic Magazines werden.
Ein Gespräch besiegelte die Zusammenarbeit zwischen Bell und dem jüngeren der beiden Grosvenor-Brüder, Gilbert, endgültig. Zum Treffen mit ihm brachte Bell Zeitschriften wie das Harper’s Weekly oder The Century mit. Sie sollten dem neuen Mitarbeiter veranschaulichen, welche Veränderungen Bell sich vorstellte:
„Die Welt und alles, was in ihr ist, ist unser Thema; und wenn wir nichts zu diesem Thema finden können, was normale Leute interessiert, sollten wir besser den Mund halten und eine streng genaue, technische, wissenschaftliche Zeitung für professionelle Geografen und Geologieexperten machen.“69
Der 23-jährige Gilbert traute sich die Aufgabe zu, betonte aber, dass dies ein langwieriger Prozess sei, auf dem er seinen eigenen Weg finden müsse. Gilbert verlangte nur 100 US-Dollar Gehalt monatlich, die Bell aus seiner eigenen Tasche bezahlte. So wurde der junge Mann zum Mitherausgeber des Magazins und ersten Vollzeit-Angestellten der Organisation.70 Der wesentlich ältere Landwirtschaftsstatistiker John Hyde bekleidete weiterhin das Amt des Herausgebers. Er sollte Gilbert Grosvenor noch einige Hindernisse in den viel versprechenden Karriereweg legen.
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