Cher - Die Biografie. Peter Lanz

Cher - Die Biografie - Peter Lanz


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das, was ich tue, gern zu tun.«

      Eine Karriere über nahezu fünfzig Jahre ist der beste Beweis dafür, wie sehr die Menschen Chers künstlerische Arbeit zu würdigen wissen.

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      »Das Talent macht dich nicht berühmt.

      Die Menschen machen dich berühmt.«

      Cher

      Wenn man sagt, dass das Leben ein Traum ist, warum sollten dann Träume nicht auch zum ganz realen Leben werden können? Für Cherilyn Sarkisian war alles allzeit Kampf gewesen. »Ich bin dazu erzogen worden, zu arbeiten, und es macht mir nichts aus, zu schuften. Ich liebe die Arbeit.« Genauso aber liebt sie hemmungslos das Leben im Luxus, die Annehmlichkeit, reich zu sein.

      Cher hat, wie das amerikanische Magazin Newsweek in einer Titelgeschichte schrieb, viele verschiedene Gesichter. Sie hat viele verschiedene Karrieren gemacht, sie selbst entdeckt immer wieder neue Seiten an sich, sie ist, wie ihre Freunde behaupten, einem Chamäleon gleich: Veränderung als Perspektive. »Wenn ich etwas zu lange mache, langweilt mich das rasch. Wenn ich ein Lied fünfmal gesungen habe, reicht mir das. Ich möchte dann wieder etwas Neues machen.« Cher war eines der großen Pop-Idole der 1960er Jahre, sie war eine der bestbezahlten Entertainerinnen des US-Showgeschäfts, sie hatte eine eigene Fernsehshow und später eine Rockband – und heute ist sie eine angesehene und hochdotierte Schauspielerin. Sie tourt – allein ihre »Abschiedstour« dauert nun schon mehr als zehn Jahre –, ohne dass ein Ende abzusehen wäre. »In einer Galaxis, die hungrig stets nach Neuem sucht, strahlt ein Stern seit Jahrzehnten – Cher!«, brachte es die US-Zeitschrift Graffiti einmal auf einen Nenner. Und das amerikanische Magazin Vanity Fair fasste zusammen: »Cher ist ein Weltstar, und sie ist es, ohne sich je dem breiten Geschmack angebiedert zu haben. Sie war niemals die klassische Schönheit, nie die größte Sängerin, nie die talentierteste Schauspielerin.«

      »Talent«, sagt Cher, »macht dich nicht berühmt. Die Menschen machen dich berühmt. Sie machen dich zu dem, was sie selber sein wollen. Es sind ihre Träume und es sind ihre Phantasien, die sie in dich hineinpacken.« Cher ist süchtig: nach Liebe, nach Aufmerksamkeit, nach Erfolg, nach Ruhm. Sie kann Identitäten annehmen, wie nasser Asphalt die Wolken spiegelt. Und irgendwann fragt man sich: Wie passt das alles, um Gottes Willen, zusammen? Wie kann eine so wundervolle Schauspielerin, die für ihre berührende Darstellung der New Yorker Witwe Loretta Castorini in Mondsüchtig den Oscar gewann und weltweit insgesamt 250 Auszeichnungen, vom Grammy-Award über den Emmy-Award bis hin zum Golden Globe, erhielt, Tweets von derber Anzüglichkeit in die Welt hinausposaunen oder halbnackt, wie eine Schlangentänzerin angezogen, zu Dinnerpartys erscheinen? Sie kann immer neue Identitäten annehmen, aber so oft sie sich äußerlich auch verwandelt, innerlich bleibt sich Cherilyn Sarkisian immer treu: eine starke, kontrollierte Frau, für die Gleichberechtigung längst zur Selbstverständlichkeit geworden ist. »Als ich mich von Sonny scheiden ließ, fragten mich die Leute, ob ich ihn eines anderen Mannes wegen verlassen hätte. Ich antwortete, ich habe ihn nicht eines Mannes, sondern einer Frau wegen verlassen – wegen mir.« Schon vor langer Zeit hat sie ihr Leben und ihre Karriere selbst in die Hand genommen – und sie ist sehr gut damit gefahren. Der Musikproduzent David Geffen, einer ihrer engsten Freunde, sagte einmal: »Cher wusste immer sehr genau, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Sie hatte ihre Ziele – die sie konsequent verfolgt hat.«

      In Las Vegas, wo Cher in vielen hundert Shows aufgetreten ist, nennt man sie »Die Katze«. David Geffen: »Weil sie neun Leben hat, wie eine Katze!«

      Vor geraumer Zeit fragte sie ein Reporter der International Herald Tribune, was sie sich noch von ihrer Zukunft erwarte. »Nichts«, antwortete Cher, »denn ich habe einfach nicht mehr das Recht, mir irgendetwas zu wünschen.« Alles, was man in einer Show-Karriere erreichen kann, hat Cherilyn in vielfältigem Maße bekommen. »Ich habe es geschafft, ohne je eine Ausbildung als Sängerin oder eine Schauspielschule zu absolvieren. Ehe ich meine erste Rolle am Broadway bekommen habe, hatte ich höchstens in einer Aufführung an der High School mitgemacht. Meryl Streep riet mir dann, das Schauspielstudium ganz zu vergessen. Es mag okay sein für viele, aber nicht für mich. Ich arbeite auf der Bühne oder vor der Kamera nicht mit dem Kopf, sondern aus dem Bauch heraus, ganz emotionell.«

      Cher, die Kunstfigur, die sich allerlei kosmetischen Operationen unterzieht, die sich Jungens ins Bett holt, die ihre Söhne sein könnten, die auf Partys in 300.000 Dollar teuren Klamotten antanzt oder im deutschen Fernsehen in einem Mini, nicht größer als ein Babylätzchen, auftritt – das sind nur winzige Steinchen in dem Mosaik, das die vielfältige, schillernde Persönlichkeit von Cherilyn Sarkisian ausmacht. »Sie liebt es zumindest ebenso, eine liebevolle Mutter und ganz normale Frau zu sein«, sagt ihre Schwester Georganne LaPiere, die Cher wahrscheinlich besser kennt als sonst jemand. »Aber natürlich macht ihr das glamouröse Leben Spaß.«

      Und ebenso viel Freude hat sie an der Publizität: »Cher ohne die Publicity«, schrieb die International Herald Tribune, »ist wie Cher ohne Sauerstoff.« Ihre Schwester berichtete einmal von einem Abend in New York: »Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung in der Radio City Music Hall, ich glaube, es handelte sich um ›Die Nacht der 100 Stars‹, fuhr ich an der Seite von Cher in einer riesigen Limousine. Vor der Halle warteten Hunderte von Fans. Als sie das Auto sahen, versperrten sie uns den Weg und fingen laut zu schreien an. Sie riefen immer wieder nach Cher. Ich entsinne mich noch, wie sich Cher zu mir umwandte, grinste und wohliglich aufstöhnte: ›Mein Gott, wie ich es liebe, wenn sie meinen Namen rufen!‹«

      Der Weg des Mädchens aus Kalifornien, das nur ein Ziel hat, berühmt zu werden – von der scheuen, jugendlichen Sängerin an der Seite von Ehemann und Duett-Partner Sonny Bono über die TV-Entertainerin und Broadway-Actrice bis hin zum Mega-Star der 1980er Jahre, der für einen einzigen Auftritt einige Hunderttausende Dollar kassieren kann – war sicherlich oft steinig und dornenreich. Georgia Holt, Chers Mutter: »Cher war immer darauf bedacht, sich niemals anzupassen. Sie wollte sich nicht anpassen.« Ein Charakterzug, der ihr lange Zeit Probleme brachte, letztendlich aber dazu beitrug, dass sie sich in Los Angeles, wo Karrieren oft wie Achterbahnfahrten verlaufen, immer an der Spitze hielt.

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      »Liebling, du bist nicht die Schönste oder Talentierteste, deshalb mache aus dem, was du hast, das Beste.«

      Georgia Holt zu ihrer Tochter Cher

      Nichts, was Cher Bono heute über ihre Kindheit erzählt, stimmt hundertprozentig. Aber es ist auch nicht ganz gelogen. Es ist eine Mischung aus Halbwahrheiten, künstlerischer Freiheit und einem Rollenklischee, in das sie in den letzten fünfzig Jahren hineinwuchs.

      Fest steht auf jeden Fall, dass die ersten Lebensjahre von Cherilyn – sagen wir einmal – ungewöhnlich verliefen. Schon die Geschichte der Familie mütterlicherseits ist nicht alltäglich. Chers Großmutter war erst 15 Jahre alt, als sie in Kensett, Arkansas, die Tochter Jackie Jean zur Welt brachte. Zu diesem Zeitpunkt war Chers Großvater gerade 17, ein Junge, der Friseur gelernt hatte und von der Aufgabe, in so frühen Jahren eine Familie durchbringen zu müssen, überfordert war. Er stritt sich häufig mit seiner jungen Frau, blieb lange von daheim weg und trank eine ganze Menge.

      Chers Mutter bekam schon in der frühesten Kindheit mit, was es heißt, Streit, Trennung und schließlich die Scheidung der Eltern mitzuerleiden. Jackie Jean Crouch, wie Chers Mutter früher hieß, erzählte oft, dass ihr Vater bei all seinen negativen Seiten, der aufbrausenden, wilden Art, der Trunksucht und der Unstetigkeit, trotzdem etwas hatte, was sie faszinierte: Er war durch und durch musikalisch und begann schon früh, Jackie Jean die Liebe zur Musik weiterzuvermitteln. »Mit sieben Jahren«, erzählte sie einmal, »trat ich bereits in unserer lokalen Radiostation auf und sang Country-Songs, die mir mein Vater beigebracht hatte.«

      Damals war Jackies Mutter gerade 22 Jahre alt, selbst noch blutjung und an einer Familie ziemlich uninteressiert. Als sich die Eltern scheiden ließen, blieb Jackie beim Vater. Es folgten Zeiten, die die Vorlage für einen Film wie Papermoon geliefert


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