Cher - Die Biografie. Peter Lanz

Cher - Die Biografie - Peter Lanz


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Polizei Chers Mutter ausfindig gemacht, und Georgia holte Cher aus der Polizeihaft ab. Chers Mutter war zu aufgeregt und in Sorge gewesen, um mit ihrer Tochter zu schimpfen. Einzig der Cop, der sie verhaftet hatte, nahm Cher zur Seite, ehe sie die Polizeistation verlassen durfte: »Ich hoffe, du hast deine Lektion gelernt, Mädchen. Du bist ein viel zu nettes Mädchen, um auf die schiefe Bahn zu geraten.«

      Als Cher 16 war, hielt sie es daheim nicht mehr aus. Sie verließ das Haus, ging von der Schule ab und nahm einen Job als Verkäuferin in Robinson’s Department Store in Beverly Hills, der vornehmsten Ecke von Los Angeles, an. Für sie waren die Arbeit und die ganzen Lebensumstände, in die sie plötzlich eingetaucht war, so pittoresk, dass sie sie nicht für realistisch hielt, sondern für eine Szene in einem Film: »Ich wollte berühmt werden, aber ich wusste nicht recht, ob das der Weg war, um berühmt zu werden. Manchmal stand ich da und spielte mein Leben. Das war, als hätte ich gerade eine Rolle in der West Side Story angenommen.« So, wie sie sich als Kind schon selbst beobachtet und die Schülerin vermeintlich gespielt hatte, machte sie als junge Erwachsene weiter.

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      »Als ich Cher zum ersten Mal traf, wusste ich, dass aus ihr einmal etwas ganz Großes werden würde.«

      Sonny Bono über seine Frau

      »Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug schwarze Stiefel mit sehr hohen Absätzen. Wahrscheinlich meinte er, zu klein zu sein.«

      Cher Bono über ihren Mann

      1962 war das Jahr, in dem Marilyn Monroe Selbstmord beging. John Huston drehte mit Montgomery Clift den berühmten Freud-Film. Und Liz Taylor lernte Richard Burton kennen. Es kam zur Kuba-Krise, in Deutschland wurde die erste Antibaby-Pille verkauft, und im US-Bundesstaat Mississippi konnte Schwarze nur an die Universitäten, weil Bundestruppen sie vor aufgebrachten Weißen schützten. In Hamburg trat zur Eröffnung des »Star-Clubs« eine neue Band aus Liverpool auf die Bühne, die sich »The Beatles« nannte.

      Cherilyn Sarkisian-LaPiere hatte gemeinsam mit einer Freundin ein Apartment in einem Hochhaus an der Fountain Avenue in Hollywood gemietet. Sie wechselte damals ihre Jobs schneller als ihre Wäsche, nirgendwo hielt sie es lange aus, sie schien gehetzt, ziellos, ohne Perspektive zu sein. Sie hatte verschiedene Freunde, aber es war nichts Ernstes darunter.

      Salvatore Philip Bono war so ganz anders als die Jungs, die sich für sie interessierten. Er war bereits 27 Jahre alt, verheiratet und hatte eine Tochter, Christy. Trotz seiner verrückten Aufmachung – »Als ich ihn zum ersten Mal sah, dachte ich, Prinz Eisenherz kommt daher«, erinnert sich Chers Schwester – war Salvatore »Sonny« Bono ein außergewöhnlich höflicher Mann, auf die 16-jährige Cher muss er wie der typische Kavalier der alten Schule gewirkt haben. »Er stand auf, wenn ich zum Tisch kam, er hielt mir die Tür auf, er half mir in den Mantel, alles Dinge, die ich von den jungen Männern, mit denen ich Umgang hatte, nicht kannte.« Sonny hatte damals ein Verhältnis mit dem Mädchen, das sich das Apartment an der Fountain Avenue mit Cher teilte. Er selbst wohnte gleich nebenan. Cher begegnete ihm zum ersten Mal in einem Restaurant am Sunset Strip. »Ich wusste nicht, wer Sonny war, außer, dass er oft mit meiner Freundin herummachte, aber jedermann im Restaurant schien ihn zu kennen. Alle sagten, das sei ›Sonny‹. Und ich schwöre, als er zur Tür hereinkam – ein schmaler Kerl mit schwarzen Haaren, Stiefeln und so einer goldenen Kette ums Handgelenk –, da verblassten alle um ihn herum.«

      Cher fühlte sich augenblicklich von Sonny Bono angezogen. Um sein Interesse zu wecken, machte sie sich älter. »Ich sagte ihm, ich sei schon 19.« In den folgenden Wochen suchte sie jede sich bietende Gelegenheit, um Sonny zu begegnen.

      Eines Abends war sie mit einem Jungen verabredet, aber nach einiger Zeit hielt sie es nicht mehr aus und sagte, sie habe Kopfschmerzen und möchte nach Hause gehen. Sie ging dann noch hinüber zu Sonny und läutete an dessen Wohnungstür. Sie hörte Stimmen dahinter, aber niemand öffnete ihr, und sie schloss daraus, dass er mit einem Mädchen in der Wohnung war und nicht gestört werden wollte. In dem Moment spürte sie den Stachel der Eifersucht: »Ich war schrecklich deprimiert.«

      Bei einem Interview mit dem Frauenmagazin McCalls sagte Cher später: »Ich wusste von Anfang an, dass er ein Mann ist, der Frauen versteht. Ich weiß noch, wie ich ihn zum ersten Mal bewusst in dem Restaurant gesehen habe – er war ganz in Schwarz gekleidet und trug schwarze Stiefel mit sehr hohen Absätzen. Wahrscheinlich meinte er, zu klein zu sein.« Sonny Bono hatte tatsächlich immer Angst, nicht ernst genommen zu werden. Er war nicht besonders groß, und als jüngstes von drei Geschwistern hatte er auch daheim in Detroit, Michigan, Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. »Er kämpfte immer um Selbstbestätigung«, erinnern sich Freunde von damals.

      Als Sonny sieben Jahre alt war, zog die Familie nach Los Angeles. Sein Vater Santo bekam einen Job als Fließbandarbeiter, und Sonny absolvierte in Inglewood die Schule. Wie bei Cher ging auch bei den Eltern von Sonny die Ehe bald auseinander. Das schreckte Sonny aber nicht davon ab, selbst sehr früh zu heiraten: Am 10. November 1954, mit 19 Jahren, ehelichte er eine gewisse Donna Rankin. Es war eine echte Liebesheirat, die Braut ein Jahr jünger als der Bräutigam. Die anfänglichen Befürchtungen von Sonnys Eltern, die beiden würden so früh heiraten, weil ein Baby unterwegs sei, erwiesen sich als falsch, Tochter Christy kam erst vier Jahre später zur Welt.

      Salvatore Bono wollte »immer etwas tun, was mit Musik zu tun hat. Ich wollte Songs schreiben, ich wollte Geld verdienen«. Deshalb ging er von der High School ohne Abschlussprüfung ab: »Meine Eltern haben es mir übel genommen, sie fühlten sich enttäuscht von mir. Aber ich wollte es so.« Er wurde Laufbursche bei einem Krämer, dann Kellner und Gehilfe bei einem Fleischer. Eine Weile fuhr er auch Lastkraftwagen.

      Im Grunde lief für ihn alles schief: Er hatte Jobs, die ihn schrecklich langweilten, Musik hörte er höchstens im Radio, wenn Bill Haley sein Rock Around The Clock sang, und Geld verdiente er auch viel zu wenig, um sich und seiner Frau einen ausreichenden Lebensunterhalt sichern zu können. Harold Battiste, ein ehemaliger Lehrer, arbeitete bei Specialty Records am Sunset Boulevard. Er war der erste, den Sonny um eine Chance bat. »Er blieb mit seinem Truck einfach vor meinem Büro stehen, kam herein, grüßte freundlich und begann mir von den Songs, die er geschrieben hatte und die er noch schreiben wollte, zu erzählen.«

      Battiste war ein Vollblutmusiker. Zuletzt hatte er als Jazzer in New Orleans gelebt und er spürte sofort, wie besessen Sonny Bono von allem war, was mit Musik und dem Plattengeschäft zu tun hatte. »Dazu hatte er noch das, was man Charisma nennt. Er war sehr charmant, viel gewandter, als man das einem Truck-Fahrer zutraute, und er verstand es, wirklich jeden innerhalb kürzester Zeit von dem, was er sich in den Kopf gesetzt hatte, zu überzeugen. Es dauerte nicht lange und ich war felsenfest der Meinung, Sonny sei der beste Komponist weit und breit.«

      Bei der Firma Specialty Records sah sich Sonny am Ziel seiner Wünsche, und er verstand es tatsächlich, Harold Battiste dazu zu bringen, ihm einen Job zu geben. Sonny Bono bewies mit der Zeit, dass er ein gutes Gefühl dafür hatte, welche Songs zu welchem Sänger passten, und so bekam er die Aufgabe, neue Kompositionen zu hören und gute Stücke dem einen oder anderen aus dem Stall von Specialty Records zuzuordnen. Ausgenommen davon war einzig Little Richard, der damals bereits so populär war, dass er als Star der Firma ein eigenes Betreuerteam hatte, das sich nur um seine Titel kümmerte.

      Ein anderer Künstler von Specialty Records, aber lange nicht so berühmt wie Little Richard, war Sam Cooke. Sonny schlug ihm damals vor, das Lied I’ll Keep Coming Back to You aufzunehmen. Cooke akzeptierte, der Song wurde ein Superhit mit mehr als einer Million verkaufter Singles – und Sonny hatte seinen guten Riecher fürs Plattenbusiness bewiesen. Aber in Los Angeles genügte das damals allein nicht. Freunde, die ihn in den späten 1950er Jahren kannten, erinnern sich: »Vielleicht deshalb, weil Sonny die Leute im Gespräch so schnell überzeugen konnte, hatte er es so schwer – jeder erwartete nach seinen blumigen Worten weiß Gott was von ihm. Aber am Ende war er halt auch nicht der Tausendsassa, als den er sich gern hinstellte, sondern eher ein Luftikus.«

      Er sah damals aus wie Millionen anderer junger Männer auf der ganzen Welt: Das relativ kurz geschnittene schwarze Haar mit Pomade nach


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