Etwas Komisches geschah auf dem Weg in den Himmel. Corey Taylor
auf uns zukam, scheinbar ohne einen Muskel dabei zu bewegen.
Wir traten uns beinahe gegenseitig tot bei dem hektischen Versuch, so schnell wie möglich aus Cold House herauszukommen. Die Eingangstür, die uns den Weg versperrte, wurde schließlich von uns fliehenden Kindern endgültig aus den Angeln gerissen. Ich war der letzte, der über die Schwelle sprang. Als ich die Vordertreppe hinunterrannte, brach ich mit dem linken Bein durch das morsche Holz und schürfte mir das Schienbein auf. Als ich mich umsah, war da dieses Ding im Türrahmen – bedrohlich, unnatürlich. Ich konnte sein Licht auf meinem Gesicht fühlen, versteht ihr? Völlig entsetzt und geschockt stand ich da und konnte mich nicht bewegen. Irgendwie wusste ich, dass es mich wollte. Und dass es mich bestrafen würde. Ich schloss die Augen.
Dann zerrte mich Henry von den Stufen. Er schleifte mich hinter sich her, und ich versuchte, humpelnd mit ihm Schritt zu halten. Wir blieben erst stehen, als wir den Schein der Straßenlaternen vor uns sahen, der unsere kleinen Körper in Licht und einem kleinen bisschen Sicherheit badete, und wir uns nahe dem Waldrand nebeneinander auf den Boden fallen ließen. Keiner von uns sprach. Irgendjemand weinte.
Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns wie in geheimer Übereinstimmung wieder erhoben und still und leise zu unseren Häusern zurückkehrten. Wir bildeten beinahe eine Beerdigungsprozession. Als wir das Haus erreichten, in dem ich wohnte, trennten sich Tina, Joe und Brock schweigend von uns. Matt, Henry und ich krochen wieder in mein Zimmer und versuchten einzuschlafen, ohne ein Wort zu wechseln. Am nächsten Tag hockten wir uns in der hellen Nachmittagssonne vor eine Mauer unseres Wohnkomplexes und brannten plötzlich darauf, uns über das, was wir gesehen hatten, auszutauschen. Henry fragte, ob das Ding irgendetwas zu mir gesagt hatte, und ich schüttelte den Kopf. Matt war überzeugt, dass es statt einer Hand einen Haken am Arm gehabt hatte, und ließ sich von mir nicht davon abbringen. Nach einer Weile kam Joe vorbei und war noch total aufgeregt. Er wollte noch einmal hingehen. Ich sagte, ich sei mit von der Partie – Matt auch. Henry sagte nichts. Als wir zu Tina gingen, erklärte sie, ihr ginge es nicht gut, und sie wollte auch nicht mit. Brocks Mutter ließ uns wissen, dass Brock nicht mal an die Tür kommen wollte, und sie fragte, ob wir Streit gehabt hätten. Er spielte nie wieder mit uns, und wenn er uns im Viertel irgendwo sah, ging er uns aus dem Weg.
Als wir zur 14th Street unterwegs waren, fiel Henry ein, dass er plötzlich nach Hause musste. Er sagte, er würde mich am nächsten Tag nach dem Baseballtraining anrufen. Unsere enge Freundschaft ging anschließend auseinander; ich begann mich mehr für Musik und Comics zu interessieren, er beschäftigte sich mehr mit Sport. Tina besuchte mich weiterhin, aber sie weigerte sich standhaft, über Cold House zu sprechen. Sie behauptete schließlich sogar, die ganze Geschichte sei nie passiert, und wir hätten uns das alles nur eingebildet.
Wir drei Verbliebenen weigerten uns, so zu tun, als sei es nicht geschehen, und an dem besagten Nachmittag gingen wir wieder den Pfad hinunter und sprangen über die Stolperdrähte, die uns nun wie eine Kleinigkeit erschienen – verglichen mit dem, was wir in der Nacht zuvor gesehen hatten. Wir kamen schnell zum Haus und verlangsamten unsere Schritte nur, um beim Hinaufgehen auf der Treppe Vorsicht walten zu lassen. Während Matt und Joe ins Haus stürmten, blieb ich kurz stehen und betrachtete das Loch, in dem ich eingebrochen war. Die Wunde an meinem Bein hatte ich gesäubert, ohne meiner Mutter etwas zu sagen; sie hätte sonst zu viele Fragen gestellt. Wie ich so neben dem Loch stand, erinnerte ich mich sofort wieder an den Augenblick, an dem ich mich direkt dieser übernatürlichen Erscheinung gegenüber gesehen hatte, und ich betrachtete es eine ganze Weile. Als ich dann das Haus betrat, waren die anderen beiden schon oben. Mir war nicht einmal aufgefallen, dass die Eingangstür fehlte, bis ich Matt und Joe brüllen hörte, ich solle „SOFORT hier raufkommen!“ Am Fuße der Treppe stellte ich fest, dass da gar nichts an den Wänden war. Kein Blut, aber auch nichts, was mich in dem geisterhaften Licht an Blut hätte erinnern können. Es war einfach weg.
Als ich die Treppe hinaufging – wieder ganz vorsichtig, um nicht noch einmal irgendwo einzubrechen –, sah ich, worüber sie sich so ereiferten, und konnte es nicht fassen. Die Eingangstür, gegen die wir bei unserer hastigen Flucht geprallt waren und die wir dabei aus den Angeln gerissen hatten, lag nun in einem der oberen Zimmer auf dem Boden. Wir erkannten sie ohne weiteres, schließlich waren wir ja jeden Tag auf dem Weg zur Schule an ihr vorbeigekommen. Und außerdem hatten wir sie im Licht unserer Taschenlampen noch genau studiert, bevor unsere Batterien den Geist aufgegeben hatten. Es war die Eingangstür, und sie lag unerklärlicherweise mitten in einem Zimmer, ein paar entscheidende Meter von dort entfernt, wo wir sie zurückgelassen hatten. Dabei interessierte es uns gar nicht so sehr, wie sie die Treppe bis in dieses Zimmer hinaufgekommen sein oder wer sie überhaupt dort hingeschleppt haben mochte. Nein, unsere Aufmerksamkeit wurde ganz und gar von dem Wort in Anspruch genommen, das auf ihre Fläche geschmiert worden war, beinahe eingekratzt in den Dreck und den Schmierfilm, der sich über die Jahre darauf gesammelt hatte:
„VERSCHWINDET.“
Wir rannten, als sei der Teufel hinter uns her.
Als im Herbst die Schule wieder anfing, nahm ich weiterhin die Pfade durch den South-Side-Wald. Gelegentlich taten Matt und Joe das auch. Tina mied diesen Weg völlig. Brock wiederum mied uns, egal wo er uns sah. Henry winkte mir in der Schule zu, aber unsere Freundschaft ging allmählich auseinander, und das ging mir echt ziemlich nahe. Ein paar Monate später zog ich von Iowa nach Florida. Ich sah keinen von ihnen jemals wieder, auch dann nicht, als ich mit sechzehn wieder nach Des Moines zurückkehrte. Sie waren einfach verschwunden. Im Laufe der Zeit vergaß ich schließlich ihre Nachnamen. Wenn man mich bitten würde, mir vorzustellen, wie sie als Erwachsene aussehen könnten – ich glaube, ich wäre nicht in der Lage, sie bei einer polizeilichen Gegenüberstellung wiederzuerkennen.
Aber an diese Nacht erinnere ich mich ganz genau. Irgendwann erzählte ich neuen Freunden von den Ereignissen, und ein paar von ihnen guckten genauso, wie ihr vermutlich gerade guckt, wo ihr diese Zeilen lest. Und trotzdem hatten die meisten von ihnen Erfahrungen gemacht, die genauso abgefahren waren wie meine. Es war großartig, Freunde zu haben, die ganz ähnliche Dinge erlebt hatten, und wir redeten über diese Geschehnisse und darüber, woran wir glaubten. Wir glaubten an Geister: an die richtig echten, verdammte Scheiße noch mal total gruseligen Geister. Wir erforschten gemeinsam andere verlassene Häuser, erlebten dabei aber niemals etwas, das ähnlich extrem gewesen wäre wie unsere früheren Erfahrungen. Aber unser Glaube war stark – meiner ist es heute mehr denn je, denn über die Jahre habe ich Dinge gesehen und gehört, die nicht nur völlig verrückt waren, sondern auch völlig real. Ich habe ein paar Beweise gesammelt, aber bei den meisten Dingen handelt es sich um Augenzeugenberichte, und die will ich hier wiedergeben. Aber bevor wir weitermachen, bevor ich euch diese Geistergeschichten erzähle, lasst mich erst einmal erklären, weshalb ich dieses Buch überhaupt schreibe.
Ihr müsst wissen, ich bin ziemlich dafür berühmt, in manchen Kreisen auch berüchtigt, ein „gläubiger Atheist“ zu sein, was natürlich in gewisser Hinsicht einen Widerspruch in sich darstellt. Um es ganz deutlich zu sagen: Ich glaube nicht an Gott. Ehrlich, das habe ich wirklich nie getan. Schon früher nicht, als ich noch zu klein war, um mich gegen den sonntäglichen Kirchgang zu verwahren, und daran hat sich bis heute nichts geändert, da ich hier auf diesem Stuhl sitze und auf dieser Computertastatur tippe. Ich glaube nicht an Gott. Ich lehne Leute, die das tun, nicht ab, und ich betrachte sie auch nicht mit Geringschätzung, aber meine Reaktion auf Leute, die schreckliche Dinge ständig als „Gottes Werk“ deklarieren, ist recht bitter und bösartig, um es milde auszudrücken. Man könnte sagen, dass es nie lange dauert, bis ich mir ein Urteil über solche Typen bilde, die selbst schnell über andere urteilen.
Also stellt sich natürlich die Frage: Wie kann ich an Geister glauben … aber nicht an Gott? Wie kann ich über die Existenz von Jehova und seiner gruseligen, gefiederten Lakaien spotten und gleichzeitig ganz ernsthaft postulieren, dass wir von Geistern, Erscheinungen, Poltergeistern oder Wiedergängern umgeben sind? Wie kann ich ein ganzes Buch meinen Schilderungen der verschiedenen Ereignisse aus diesem Bereich widmen, wo ich doch genau weiß, dass man mich bestenfalls als Heuchler und schlimmstenfalls als Wirrkopf betrachten wird?
Wie ihr in diesem Buch feststellen werdet, besteht die Arbeitsthese in einer Gegenüberstellung aus Glauben und Wissen.
Ich glaube aus verschiedenen