Der Trick mit der Konventionalstrafe: 320 PS - JIM 104. Glenn Stirling
Jim blickte den untersetzten alten Mann verwundert an. „Und wieso?“
Der Alte lächelte hintergründig. „Es ist nur ein Rat; mehr sage ich euch nicht.“
Jim konnte fragen, soviel er wollte, er bekam keine Antwort mehr. Er gab es schließlich auf, und sie machten sich wütend auf den Weg nach Winnipeg,
„Was wollte der denn damit andeuten?“, fragte Chris. „Da steckt doch was dahinter. Es hat sich angehört, als hätte er es gut mit uns gemeint.“
„Mag sein, aber ausgezackt hat er dann ja doch nicht.“ Jim rieb sich nachdenklich am Kinn, während Chris mit dem leeren Zug die Staatsstraße entlangdonnerte.
Das Gefühl, es könnte doch nicht alles so glatt gehen, wurden sie beide nicht los, und in Winnipeg angekommen, fanden sie ihre Befürchtungen noch weit übertroffen. Erwingson erwartete sie mit einem Rechtsanwalt an seiner Seite und einer schriftlichen Forderung von 50 000 Dollar Konventionalstrafe.
Jim versuchte, alles dem Rechtsanwalt zu erklären, weil Erwingson gar nicht zuhören wollte. Aber der maliziös lächelnde, aalglatte Anwalt sagte daraufhin nur: „Sie haben den Weg der Zivilklage gegen diese Polizeistelle. Wir aber fordern die in unserem gemeinsamen Frachtvertrag ausgeschriebene Konventionalstrafe, denn Sie haben den Termin weit überschritten. Wieso und warum kann uns nicht interessieren.“
Jedes weitere Reden war umsonst. Aber da hatte Erwingson noch etwas zu sagen: „Ich erwarte die Zahlung bis heute Mittag, Mr. Stonewall.“ Er grinste triumphierend. „Natürlich können Sie den Frachtlohn von 937 Dollar und 17 Cents davon abziehen.“ So sah es also aus.
„Ich denke nicht im Traum daran, das zu bezahlen“, erwiderte Jim bissig.
Da schaute Erwingson nur auf den Anwalt, nickte ihm zu, und der nickte zurück. Was das bedeutete, erfuhr Jim eine Sekunde später.
Der Anwalt griff in die Innentasche seiner Jacke, zog ein zusammengekniffenes Stück Papier heraus, faltete es umständlich auf und hielt es Jim hin.
„Was ist das?“, fragte Jim, der mit einem Male das Schlimmste ahnte.
Erwingson wandte sich ab und blickte zum Fenster hinaus. Der Anwalt aber erklärte in einem Tonfall, als würde er ein Urteil verlesen: „Ihr Wagen ist beschlagnahmt. Das ist eine einstweilige Verfügung des Provinzialgerichtshofes. Sie können sich Ihre persönlichen Dinge aus dem Fahrzeug nehmen und dürfen es nicht mehr bewegen. Es sei denn, Sie zahlen uns bis heute Mittag die fünfzigtausend, mindestens aber wollen wir eine Bankbürgschaft über diese Summe, zahlbar dann durch Ihre Bank, innerhalb von zehn Tagen. Das wär‘s, Mr. Stonewall, aber das steht alles in diesem Schreiben.“
Ungläubig blickte Jim auf das Schreiben. Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!, dachte er erbost. Erwingson, dieser Mistkerl! Der Trucker, dieser Ole, hat recht gehabt. Und jetzt kapiere ich auch, was der Staumeister auf dieser Vermehrungsfarm gemeint hat. Deshalb sollten wir die Mücke machen. Na wunderbar. Nur jetzt ruhig Blut, Jim Stonewall. Wenn du Erwingson eine knallst, stecken sie dich in den Knast. Nur ruhig, alter Junge.
Der Anwalt schielte misstrauisch auf Jim. Erwingson schien sich ebenfalls nicht ganz sicher zu fühlen, wollte es aber wohl drauf ankommen lassen.
Beileibe nicht, dachte Jim. Den Gefallen werde ich denen sicher nicht tun.
„Also gut“, sagte Jim beherrscht, „aber für unseren Schaden kommen Sie auf, Erwingson. Denn noch ist das kein Urteil.“
Jim ging, und die beiden blickten ihm ungläubig nach. Erwingson betätigte seine Gegensprechanlage und sagte: „Mr. Rickett, die beiden Polizisten können wieder gehen. Stonewall ist friedlich geblieben und gegangen.“
Im Nebenzimmer, wo zwei Polizisten gewartet hatten und die Gegensprechanlage zum Chefbüro die ganze Zeit angeschaltet war, sagte ein salopp gekleideter Mann zu den beiden Polizisten: „Er ist nicht so dumm gewesen, wie der Boss gedacht hat. Sie können beide gehen. Vielen Dank auch.“
Die Polizisten schienen ein wenig enttäuscht.
„Na, da hatte Mr. Erwingson wohl ganz schön die Hosen voll. Den hätten wir doch mit links in die Tasche gesteckt“, meinte der eine noch, dann gingen sie ums Haus, wo ihr Streifenwagen stand.
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