Mein Leben mit den Eagles. Wendy Holden

Mein Leben mit den Eagles - Wendy Holden


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besonders kontaktfreudig, und beide waren sich ihrer durch den frühen Schulabbruch bedingten Unzulänglichkeiten schmerzlich bewusst. Alles, was ich meinen Vater jemals lesen sah, war die Zeitung – oder das „Papier zum Fischein­wickeln“, wie er sie nannte. Jeden Abend musste ich ihm die Zeitung in den Hof bringen. Selbst wenn sie gesellig gewesen wären, was sie aber nicht waren, hätten Mama und Papa trotzdem kein Geld und keine Räumlichkeiten gehabt, um Gäste zu empfangen. Die Küche war nur etwa zwei Meter vierzig mal zwei Meter vierzig groß, mit einer Spüle und einem Herd, der von einer Gasflasche gespeist wurde. Man konnte gerade zwei Personen darin unterbringen – wenn sie einander geschickt auswichen. Unser winziges Wohnzimmer gestattete ebenfalls keine Partys.

      Meine Mutter beklagte sich selten über ihre materielle Situation, doch eines Sommers beschloss sie, dass sie unbedingt ein Esszimmer haben musste. Ihre jüngere Schwester hatte eine gute Partie gemacht, und sie und ihr Ehe­mann Ursell waren die reichsten Leute, die wir kannten. Er hatte am Krieg teilgenommen, war danach beim Militär geblieben und diente nun am Luft­waffenstützpunkt Wright-Patterson in Dayton im Bundesstaat Ohio. Jedes Mal, wenn sie mit ihren Kindern Jean und Frank zu Besuch kamen, trafen sie im neuesten Modell von Cadillac oder Oldsmobile ein. Sie lebten in einem Haus mit einem hübsch gestalteten Garten und einer Garage, und Frank hatte einen Motorroller, auf dem er mich fahren ließ. Am beeindruckendsten – zumindest was meine Mutter betraf – war jedoch, dass sie ein separates Zim­mer zum Dinieren hatten.

      In jeden Sommerferien arbeiteten mein Vater, Jerry und ich etwa eine Woche lang am Haus – wir besserten es aus, strichen die Schindeln neu an, flickten die Mückengitter und nahmen generelle Verbesserungen vor. In Flo­rida herrschten so große Hitze und Feuchtigkeit, dass die Farbe andauernd platzte und abblätterte. Man musste sie abkratzen und neu streichen. In die­sem besonderen Jahr jedoch gab es wichtigere Dinge zu tun: Wir mussten ein Esszimmer bauen. Wir arbeiteten den ganzen Sommer lang, jeden Abend und auch an den meisten Wochenenden, sägten Bretter von Hand zu, hämmerten, reparierten, strichen. Wenn Mama abends von der Arbeit kam, inspizierte sie sorgfältig, was wir geschafft hatten. Es war nur eine Kiste, die an der Rückseite dieser alten Bretterbude klebte, aber vor ihrem geistigen Auge war daraus etwas Größeres entstanden.

      Als das Esszimmer fertig war, setzten wir uns zum ersten Mal zum Essen an einen Tisch, statt die Teller vor dem Fernseher auf den Schoß zu nehmen. Es war irgendwie seltsam, sich gegenseitig über den Tellerrand hinweg anschauen zu müssen. Nur sehr selten wurde jemand eingeladen, der in den Genuss dieser Erfahrung kam. Sie hatte sogar Lamellenfenster anbringen las­sen, die aus mehreren horizontalen Glasplatten bestanden, die man mit einer Kurbel wie eine Jalousie öffnen und schließen konnte. Mein Gott, war sie auf diese Fenster stolz. So sehr, dass sie es sogar ein wenig genossen haben muss, als uns Papa übers Knie legte, weil Jerry und ich beim Spielen im Hof versehent­lich eines zerbrochen hatten. Mein Vater war ein Gewohnheitstier, dessen Arbeitsleben sich nur um Schichten und Dienstpläne drehte. Alles geschah in einem sich endlos wiederholenden Kreislauf. Er achtete darauf, dass sein Pri­vatleben in ebenso geordneten Bahnen verlief. Für ihn gab es keine Ausnahmen von der Regel. Jeden Sonntagnachmittag – man konnte sich praktisch blind darauf verlassen – fuhr er in seinem alten Chevy irgendwohin. Mein Vater liebte dieses Auto. Es war eine hässliche Kiste mit Trittbrettern, aber man konnte auf dem Rücksitz stehen und sich an einem Seil festhalten, das als Sicherheitsgurt diente. So unattraktiv es auch gewesen sein mag, so hatte es doch nie eine Panne. Es war so einfach konstruiert, dass Papa es leicht reparie­ren konnte. Ich sah ihm oft zu, wenn er den Kopf unter der Motorhaube ver­graben hatte. Aus dem Radio plärrte Big-Band-Musik, ich reichte ihm Werk­zeuge und lernte nebenbei etwas über die Instandhaltung von Automobilen.

      Den meisten Spaß mit meinem Vater hatte ich zweifellos dann, wenn er an den Wochenenden in seiner Garage etwas reparierte. Insgeheim hatte er eigentlich immer Elektriker werden wollen, und seine Werkstatt war voll­gestopft mit Radioteilen, Lötdraht, Kabeln und alten Stereoanlagen. Es war seine Form der Entspannung. Nie lümmelte er mit einem Whisky in der Hand vor dem Fernseher herum, wie es viele Väter in meinem Bekanntenkreis taten – hauptsächlich, weil er sich keinen Whisky leisten konnte.

      Kurz nach dem sonntäglichen Mittagessen warf er seinen Chevy an, und dann fuhren wir nach Jacksonville oder Palatka oder Daytona Beach. In den Sommerferien fuhren wir noch viel weiter fort, manchmal besuchten wir sogar Onkel Buck. Papas kleiner Bruder, der eigentlich Jesse hieß, war sein fröhliches Gegenteil. Wenn Papa einmal lächelte – was selten vorkam und meistens, wenn sein Bruder in der Nähe war –, dann sah er aus wie ein ganz anderer Mann. Falten um seine Augen und seinen Mund, die uns vollkommen unbekannt waren, veränderten sein ganzes Gesicht.

      Jerry und mich langweilten die scheinbar endlosen Reisen, auf die uns Papa mitnahm, und so verbrachten wir einen Großteil der Zeit damit, herum­zurangeln oder uns gegenseitig zu necken und zu ärgern. Die Konversation blieb wegen der lauten Musik, die Papa unbedingt einschalten musste, auf ein Minimum beschränkt. Wir hielten nur an, um etwas zu essen oder in billigen Motels abzusteigen, wenn er zu müde zum Weiterfahren war. Die Monotonie wurde durch die knalligen Werbeplakate, die den alten, zweispurigen Highway säumten, etwas gemildert. Die berühmten, in Reimform abgefassten Slogans für Rasiercreme waren stets in einem Abstand von acht Kilometern ange­bracht, und wir hielten immer Ausschau nach dem nächsten und freuten uns schon auf die Pointe.

      Papa rauchte Lucky Strikes, die er aus dem Fenster schnippte, wenn sie zu Ende waren, und die uns so mit einem heißen, stinkenden Ascheregen über­zogen. „He, Papa, lass das!“, schrien wir dann entrüstet und putzten uns ab. Vor meinem geistigen Auge sehe ich immer noch seinen wettergegerbten lin­ken Arm aus dem Wagenfenster hängen.

      Die Sommer in Gainesville waren unerträglich. Bereits zur Morgendämme­rung konnte man die Hitze des Tages erahnen. Um die Mittagszeit war es unter dem Blechdach kochend heiß. Nachts lagen wir schweißnass da und konnten kaum atmen. Drinnen war es genauso heiß wie draußen, und man musste die Fliegengittertür verschlossen halten, denn sonst hätte einen das Ungeziefer bei lebendigem Leib gefressen.

      Die Winter waren kalt und feucht. Die einzige Wärmequelle, die wir im Haus hatten, war ein alter Kerosinofen, der im offenen Kamin im Wohnzim­mer stand. „Doc, steh auf, und wirf den Ofen an“, rief Mama immer, wenn es draußen noch dunkel war. Widerwillig sprang ich aus dem Bett, schnappte ein paar Kleider und beeilte mich in der klirrenden Kälte, so sehr ich konnte. Die anderen hörten dann, wie im Ofen das Feuer anging, und warteten zehn Minuten, bevor sie es wagten, einen Zeh aus dem Bett zu strecken. Ich habe immer noch Narben am Hintern, weil ich mich eines Morgens vor dem Ofen bückte, um meine Hosen anzuziehen, und dabei an das Metallgehäuse kam und mir ein Brandmal fürs Leben zuzog.

      Mein Vetter Frank hatte mir einen Floh ins Ohr gesetzt, und ich wollte unbedingt einen Motorroller haben. Da ich jedoch bereits gehört hatte, wie sich Jerry und Papa über dieses Thema gestritten hatten, rechnete ich mir keine Chancen aus. Mit vierzehn war er für den Motorradführerschein zugelassen und wollte noch viel lieber einen Roller als ich. Papa dachte da anders: „Warte einfach, bis du sechzehn bist, mein Sohn, dann schieben wir dir ein dickes Stück Metall unter den Arsch. Du brauchst ein Auto, keinen Feuerstuhl.“

      Da ich mich nie allzu sehr um die Anweisungen meines Vaters scherte, umging ich sein Verbot und fuhr, wann immer ich konnte, hinten auf den Motorrädern anderer Leute mit, obwohl mir danach meistens der Hintern wehtat. Ich kam humpelnd heim, hatte überall an den Armen und Beinen Schrammen und blaue Flecke und versuchte, so zu tun, als wäre mir das beim Bäumeklettern passiert.

      „Habe ich dich nicht davor gewarnt?“, fragte meine Mutter dann stirn­runzelnd. Eines Tages besuchte ein älterer Junge meinen Nachbarn auf der anderen Straßenseite. „Bitte, bitte, lässt du mich mal mitfahren?“, bat ich. „Nur bis zum Markt.“ Ich drängelte unablässig, sodass er schließlich nachgab und mich lachend in die Stadt und wieder zurück fuhr. Auf dem Rückweg, nur ein paar Meter von unserem Haus entfernt, fuhr unser Nachbar mit seinem Wagen rückwärts aus seiner langen Schottereinfahrt und rammte uns seitlich. Durch die Wucht des Zusammenpralls wurde ich über das Dach des Autos geschleu­dert und landete mit dem Kopf voran auf der Straße, bevor ich besinnungslos in den Abflussgraben direkt vor unserem Haus taumelte. Meine Mutter saß mit offenem Mund auf der Veranda und beobachtete das gesamte Geschehen voller Entsetzen.

      Ich


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