Kommentar zum Briefe des Heiligen Paulus an die Römer. Johannes Chrysostomos

Kommentar zum Briefe des Heiligen Paulus an die Römer - Johannes Chrysostomos


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„Diener“ nennt er sich, und das nicht ohne Grund. Es gibt verschiedene Arten, (Gott gegenüber) Diener zu sein. Die eine schreibt sich von der Erschaffung her; in diesem Sinne heißt es: „Alles dienet dir“ 21, ebenso: „Mein Diener Nabuchodonosor“ 22; denn das Werk, das jemand geschaffen hat, ist zu seinem Dienste da. Eine andere Art, Diener zu sein, kommt vom Glauben her; davon heißt es: „Dank sei aber Gott, daß ihr Knechte der Sünde gewesen, aber von Herzen gehorsam geworden seid jenem Lehrinhalte, in dem ihr unterwiesen wurdet“ 23. Eine dritte Art gründet sich auf eine besondere Lebensführung. In diesem Sinne heißt es: „Moses, mein Diener, ist gestorben“ 24. Wenn auch alle Juden Gottes Diener waren, so leuchtete doch Moses ganz besonders hervor durch seine Lebensführung. Da nun Paulus nach allen diesen Beziehungen ein Diener (Gottes) war, darum setzt er diesen Namen als seine höchste Würde voran, indem er spricht: „Ein Diener Jesu Christi“. Diese zwei Namen reiht er so aneinander, daß darin ein Aufsteigen von unten nach oben liegt. Denn der Name Jesus kam durch einen Engel vom Himmel herab, als er aus der Jungfrau geboren ward; Christus aber heißt er von der Salbung, die ebenfalls seinen (angenommenen) Leib betrifft. — Mit was für Öl, fragt man, ist er dann gesalbt worden? — Nicht mit wirklichem Öl, sondern mit dem Geiste. Solche pflegt die Hl. Schrift „Gesalbte“ zu nennen. Das wichtigste bei der Salbung ist ja der Geist; das Öl gehört dazu nur nebenbei. Und an welcher Stelle der Schrift werden solche, die nicht mit Öl gesalbt sind, doch „Gesalbte“ genannt? Da, wo es heißt: „Tastet nicht an meine Gesalbten und tuet kein Leid meinen Propheten!“ 25. Damals gab es gar nicht die Zeremonie der Ölsalbung.

       „Berufener Apostel.“

      — Ständig nennt sich Paulus „berufen“. Er bringt damit seine Dankbarkeit zum Ausdruck: er habe nicht das Heil gesucht und (durch eigenen Fleiß) gefunden, sondern er sei von Gott berufen worden und habe nur dem Ruf Folge geleistet. In demselben Sinne nennt er auch die Christen „berufene Heilige“. Freilich waren diese nur zum Glauben berufen; ihm dagegen war noch etwas ganz anderes anvertraut worden, das Apostelamt nämlich, ein unschätzbar hohes Gut, größer als alle Gnadengaben und sie alle umfassend. Was braucht man mehr davon zu sagen, als daß es das Amt ist, welches Christus selbst auf Erden ausübte und das er bei seinem Scheiden ihnen übergab? Darum ruft Paulus, die Würde der Apostel preisend: „Wir sind also Gesandte an Christi Statt, indem Gott gleichsam durch uns ermahnt“ 26, — d, h. wir stehen an Christi Stelle.

       „Auserwählt für das Evangelium Gottes.“

      — Wie in einem Haushalte für die verschiedenen Verrichtungen je eine Person bestimmt ist, so sind auch in der Kirche die verschiedenen Ämter an einzelne Personen verteilt. Es scheint mir übrigens, daß der Apostel nicht bloß andeuten will, er sei wie durch das Los berufen worden, sondern er sei von oben dazu vorausbestimmt gewesen. So sagt auch Jeremias, Gott habe zu ihm gesagt; „Eh’ du hervorgingest aus dem Mutterschoß, heiligte ich dich und verordnete dich zum Propheten für die Völker“ 27. Denn da er an eine stolze, prunkvolle Stadt schrieb, lag ihm daran, nach jeder Richtung zu zeigen, daß seine Berufung Gottes Werk sei; Gott habe ihn berufen, Gott habe ihn auserwählt. Das tut er, um seinem Briefe Glaubwürdigkeit und gute Aufnahme zu sichern.

       „Für das Evangelium Gottes“

      Also nicht Matthäus allein ist ein Evangelist oder Markus, wie auch Paulus nicht allein ein Apostel ist, sondern auch die andern; aber er heißt in besonderer Weise Apostel, wie jene „Evangelisten“. „Evangelium“ frohe Botschaft — nennt er es, nicht bloß mit Rücksicht auf die bereits empfangenen Güter, sondern auch mit Rücksicht auf die, welche es für die Zukunft im Jenseits in Aussicht stellt. Wieso kann er aber sagen, daß Gott durch ihn verkündigt werde? „Auserwählt für das Evangelium Gottes.“ — Nun, Gott, war ja auch vor dem Evangelium den Menschen bekannt, aber eigentlich doch nur den Juden, und auch denen allen nicht so, wie es sein sollte. Sie kannten ihn nämlich nicht in seiner Eigenschaft als Vater und fabelten im Alten Bunde viel von ihm, was seiner gar nicht würdig war. Darum sagte Christus: „Die wahren Anbeter werden erst kommen“, und: „Der Vater will solche haben, die ihn anbeten“ 28. Später dagegen offenbarte er sich mit dem Sohne der ganzen Welt. Das war es, was Christus vorausverkündete, wenn er sprach: „Damit sie Dich erkennen, den einzig wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus“ 29. „Evangelium“ — Frohbotschaft — Gottes nennt er es, um dem Hörer gleich von Anfang an Mut zu machen. Er kam ja nicht mit einer traurigen Kunde, wie die Propheten mit Vorwürfen und Anklagen und Mahnungen, sondern mit einer frohen Botschaft, und zwar einer frohen Botschaft Gottes, einer Botschaft von unermeßlichen Schätzen ewig dauernder, unveränderlicher Güter. — „Welches er zuvor durch seine Propheten in den heiligen Schriften verheißen hatte.“ Es heißt ja: „Der Herr wird geben das Wort den Freudenbotschaftern mit großer Kraft“ 30. Und wiederum: „Wie schön sind die Füße derer, die Friedensbotschaft bringen“ 31.

       2.

      Siehst du, wie Name und Art des Evangeliums bereits im Alten Testamente enthalten sind? Nicht bloß mit Worten, will der Apostel (mit Bezug auf die angeführten Stellen) sagen, verkünden wir das Evangelium, sondern auch durch Taten. Es ist ja auch nichts Menschliches, sondern etwas Göttliches, Unsagbares, ganz und gar Übernatürliches. Weil man ihm aber den Vorwurf machte, es sei eine Neuerung, so zeigt der Apostel, daß es älter sei, als die Griechen uns in den Propheten im voraus beschrieben. Wenn es nicht gleich von Anfang zutage trat, so lag es an denen, die es nicht zulassen wollten. „Abraham, euer Vater“, heißt es, „hat gefrohlockt, daß er meinen Tag sehen werde; er sah ihn und freute sich“ 32. Wieso heißt es dann aber, daß „viele Propheten und Gerechte danach verlangten, zu sehen, was ihr sehet, und sahen es nicht“? 33 So, will das heißen, sahen sie es nicht, wie ihr es sehet und höret, in körperlicher Gestalt mitsamt den sichtbaren Zeichen. — Beachte hier, wie lange vorher alles das vorausverkündigt war! Denn wenn Gott etwas Großes in Szene setzen will, so tut er es lange im voraus kund und ebnet ihm die Wege, daß es Gehör findet, wenn es geschieht.

       „In den heiligen Schriften.“

      — Die Propheten drückten nämlich das, was sie sagten, nicht bloß in Worten aus, sondern sie schrieben es auch nieder; ja, sie schrieben es nicht bloß nieder, sondern sie drückten es auch in figürlichen Handlungen aus; so Abraham, als er Isaak zur Opferung führte, Moses, als er die Schlange erhöhte, als er seine Hände ausstreckte gegen Amalek, als er das Osterlamm opferte.

       V. 3: „Von seinem Sohne, der dem Fleische nach aus dem Geschlechte Davids geboren ward“

      Was soll das heißen, Paulus? Vorher hast du unsern Geist einen Höhenflug nehmen lassen, hast unsagbar Großes unserer Phantasie vorgezaubert, hast uns vom Evangelium gesprochen, und zwar vom Evangelium Gottes, hast uns den Reigen der Propheten vorgeführt und uns gezeigt, wie sie alle vor vielen Jahren Zukünftiges geweissagt haben; und nun führst du uns wieder zurück zu David? Von welchem Menschen, sag’ an, sprichst du da, dem du Jesses Sohn zum Vater gibst? Wie stimmt das zur Erhabenheit des vorher Gesagten? — Wohl stimmt es dazu; denn nicht von einem bloßen Menschen, will er sagen, ist die Rede; darum habe ich beigesetzt: „Dem Fleische nach“, um damit anzudeuten, daß er auch eine Abstammung dem Geiste nach habe. Und warum ging er von jener aus, nicht von dieser, der höheren? Weil auch Matthäus, Lukas und Markus von jener ausgingen. Denn wer zum Himmel emporführen will, muß von unten nach oben führen. In derselben Ordnung ging es auch bei der Heilstatsache zu. Zuvörderst sahen die Apostel den Erlöser als Menschen auf der Erde, und von da aus lernten sie ihn erkennen als Gott. Denselben Lehrgang hält auch sein Schüler ein. Er spricht zuerst von Abstammung des Erlösers dem Fleische nach, nicht als ob sie die erste wäre, sondern um den Zuhörer von dieser zu jener zu führen.

       V. 4: „Der bestimmt war zum Sohne Gottes in Kraft und im Geiste der Heiligung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“

      Aus der sonderbaren Wortfügung ist es unklar, was der Apostel sagen will; darum muß sie aufgelöst werden. Was will er sagen? Wir verkünden ihn als Sprößling aus dem Geschlechte


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