Seewölfe - Piraten der Weltmeere 555. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 555 - Fred McMason


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war.

      Bei einem der Särge war die steinerne Auflageplatte ein wenig verschoben. Das hatte der Profos geschafft, als er sich dagegengelehnt hatte.

      Ein schmaler Spalt war zu sehen, in den das zuckende Licht der Fackel fiel. Undeutlich und schemenhaft waren ein paar Gebeine und Fetzen zerfallenen Tuches zu erkennen.

      Die Steinplatte war nicht schwer. Hasard schob sie mit dem rechten Knie wieder in die alte Stellung zurück. Wieder gab es dieses unheimliche Knirschen – und dann Getrappel, als draußen Smoky und der Profos ein Stück weiterrannten.

      „Da haben wir uns geirrt“, sagte Hasard. „Es sind Grabhäuser, und sie scheinen uralt zu sein. Zum Übernachten ist das also nicht unbedingt der geeignete Aufenthalt. Lassen wir die Toten ruhen.“

      Seine Begleiter nickten.

      „Vermutlich liegen hier die Gebeine irgendwelcher hochgestellter Persönlichkeiten“, meinte Ben. „Sonst hätte man nicht diese Grabhäuser gebaut.“

      „Das ist durchaus möglich.“

      Hasard drehte sich nach den Zwillingen um, die ihnen gefolgt waren. Dann deutete er auf die eingemeißelten Zeichen in den Särgen.

      „Könnt ihr die Schrift entziffern?“ fragte er, während er die Fackel dicht heranhielt.

      Die Zwillinge gaben sich redliche Mühe, aber mit den eigentümlichen Schriftzeichen konnten auch sie nichts anfangen.

      „Derartige Schriftzeichen habe ich noch nie gesehen“, sagte Jung Hasard.

      „Ich auch noch nicht“, sagte sein Bruder. „Es scheint sich um eine uralte Schrift zu handeln, die heute nicht mehr üblich ist. Nicht einen Buchstaben kann ich entziffern.“

      „Lassen wir das“, meinte Hasard. „Wir haben auch andere Sorgen, als uns mit Altertumsforschung zu befassen. Wir sehen uns doch einmal die anderen Grabmale an.“

      Die anderen Grabhäuser wurden gleich darauf inspiziert.

      Sie waren leer. Auf dem Boden lag nur Sand, den der Wind im Lauf der Jahre hineingeweht hatte. Es gab keinerlei Einrichtungsgegenstände. Alles war kahl und leer.

      Nach einem kurzen Rundblick erklärte Hasard: „Ich denke, wir richten uns in diesen Bauten für heute nacht ein. Hier stören wir keine Totenruhe, denn es ist nicht gesagt, daß hier ebenfalls Sarkophage standen. Diese Bauten können einem ganz anderen Zweck gedient haben.“

      „Vielleicht sind es Geisterhäuser“, murmelte Old O’Flynn. „Das kennt man ja. Kaum legt man sich zum Pennen hin, schon erscheinen sie und piesacken einen, weil man ihr Spukhaus belegt hat. Ich für meine Person ziehe es jedenfalls vor, hier nicht zu kampieren. Ich will nicht als Leiche erwachen.“

      Der. Seewolf sah seinen kauzigen Schwiegervater kopfschüttelnd an.

      „Mit dir ist es wirklich ein Kreuz, Donegal. Ich kann dich aber dahingehend beruhigen, daß hier wirklich keine Geister spuken, daß dich niemand piesackt und du auf keinen Fall als Leiche erwachst, was sowieso der größte Stuß ist.“

      „Laß ihn doch, Sir“, sagte der Profos scheinbar großmütig. „Er will eben im Freien kampieren. Ich denke, das sollte man ihm zugestehen, wenn er unbedingt will. Und damit er nicht so allein ist, leisten Smoky und ich ihm Gesellschaft.“

      „Damit ihn heute nacht niemand klaut, was, wie?“ sagte Hasard ironisch. „Ich höre die Glocken schon läuten, noch bevor sie gegossen sind, mein lieber Ed. Aber das ist eure Sache. Wenn ihr die Hosen voll habt, nur weil ihr ein paar uralte Sarkophage seht, dann übernachtet ihr eben im Freien. Aber vielleicht sind die Geister aus ihren Grabmalen ausgezogen und spuken ebenfalls im Freien herum.“

      Der Profos blickte ihn verunsichert an. Smoky kratzte sich nur verlegen den Schädel, und Donegal tönte, daß Geister grundsätzlich ihre alten Stammplätze bevorzugten. Das falle für ihn als „Hinter-die-Kimm-Blicker“ in sein Ressort, und da kenne er sich bestens aus.

      Die anderen bezogen ihr Quartier in den Steinhäusern und hatten ein Dach über dem Kopf und Wände um sich herum, durch die nicht der kalte Nachtwind pfiff.

      Smoky, der Profos und Donegal schlugen das kleine Zelt auf. Allerdings in sicherer Entfernung von den Türmen, falls doch einmal einer der Geister seinen angestammten Platz verlassen und in der Nähe herumspuken sollte. Schließlich, so wußte Donegal noch zu berichten, hätte er auch schon „Wandergeister“ gesehen, die sich verirrt hätten.

      Immer, wenn sie aus ihrem Zelt zu den Steinhäusern blickten, wurde ihnen unbehaglich zumute. Dort brannten Fackeln, und ihr tanzender Schein hüpfte auf und nieder. Dann gab es geheimnisvolle Schatten, die sich dort bewegten, und es sah wahrhaftig so aus, als würden dort klapperdürre Knochenmänner ihr gruseliges Totentänzchen abhalten.

      Es dauerte lange, bis sie einschliefen, denn sie hielten sich mit ihren Schauermärchen gegenseitig wach, und jeder setzte noch einen drauf, wenn der eine seine Geschichte erzählt hatte.

      In dieser Nacht war die Sorge vor Geistern allerdings unbegründet – ebenso wie Old O’Flynns Besorgnis, am Morgen als Leiche zu erwachen.

      Als er erwachte, war er putzmunter.

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