Seewölfe - Piraten der Weltmeere 292. Davis J.Harbord

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 292 - Davis J.Harbord


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auf die Planken – im Überschlag.

      Es war Smoky, und er hatte glasige Augen sowie eine wurstähnliche Beule auf der Stirn.

      „Was suchst du denn auf meinem Rücken, du Affenarsch?“ brüllte Carberry erbittert.

      Smoky stierte zu ihm hoch und wackelte irritiert mit dem Kopf.

      „Dachte, du wärst ’n anderer“, sagte er undeutlich.

      Der Profos geriet außer sich. „’n anderer? Hast du Sauerkraut auf deinen verdammten Klüsen?“

      „Man kann sich ja mal irren“, erklärte Smoky verbiestert.

      Dann konnten sie beide ihren erbaulichen Dialog nicht weiter fortsetzen, weil sie getrennt wurden. Zwischen ihnen sauste einer von Grammonts Galgenvögeln hindurch, gefolgt von dem hageren Mac Pellew, der den Kerl mit einer riesigen Bratpfanne vor sich her trieb. Ob sie von der „Hornet“ stammte, konnte Carberry, dem vor Verblüffung das Rammkinn wegsackte, nicht mehr feststellen, denn der dicke Arzot, auch einer von Grammonts Kerlen, rempelte ihn an und wurde dafür im Gegenzug von Carberrys Spillspake umgewischt.

      Sekunden später dröhnte die Bratpfanne Mac Pellews auf den Schädel des Kerls, den er verfolgt hatte, und stauchte ihn gleich auf die Hälfte seiner Körperlänge zusammen. Gleich darauf schepperte es noch einmal, als Mac mit der Bratpfanne einen Belegnagel abfing, der seinem Kopf gegolten hatte.

      So lächerlich war dieses Ding gar nicht. Mac benutzte die Pfanne als Schild und als Schlagwaffe, wie’s gerade kam. Und er war ein exzellenter Bratpfannenkämpfer. Sogar Pistolenkugeln prallten wirkungslos von dem Ding ab.

      Zu diesem Zeitpunkt herrschte ein totales Durcheinander auf dem Achterdeck der „Louise“, das sich jedoch aufzulösen begann, als ein paar Kerle Grammonts und Terrys zur Kuhl und zum Vordeck flüchteten. Der Kampf verlagerte sich wieder auf die ganze Länge des Schiffs, dessen Decks ein Chaos darstellten und mit zerborstenen, heruntergeschossenen Spieren und Stengen, zerfetzten oder brandigen Segeln und einem Gewirr von Tauwerk übersät waren.

      Über diese Wuhling tobte die wilde Jagd.

      Zwei Kerle waren so witzig, ihrerseits auf die „Hornet“ überzuentern. Es bekam ihnen gar nicht gut.

      Zurückgeblieben auf Hasards Schiff waren Old O’Flynn, Pete Ballie, der Kutscher, die beiden Zwillinge Hasards – und Paddy Rogers, der von einem Schuß Lucio do Velhos schwer getroffen worden und noch ohne Besinnung war. Der Kutscher und die Zwillinge kümmerten sich um ihn in der Kombüse der „Hornet“.

      So waren es nur Old O’Flynn und Pete Ballie, die sich den beiden Kerlen widmen konnten. Aber was heißt hier schon „nur“?

      Pete Ballie war als Kämpfer genausogut wie als Rudergänger und hatte Pranken von der Größe der Bratpfanne, mit der Mac Pellew in den Kampf gezogen war.

      Und Old O’Flynn war trotz der Behinderung durch sein Holzbein ein eisenharter Knochen, der noch stets jeden Gegner – und sei er auch noch so flink und körperlich überlegen – unverdrossen angenommen hatte.

      Allerdings stellte sich den beiden Kerlen noch einer entgegen, nämlich Arwenack, der Bordschimpanse der Seewölfe. Er war beim Seegefecht unter Deck gewesen und von den dauernden Breitseiten, die über ihm dröhnten, ganz rappelig geworden. Außerdem hatte er sich kostümiert, und zwar mit einem Schlapphut, den er unter Deck gefunden hatte. Später stellte sich heraus, daß diesen Schlapphut das blonde „Engelchen“ Lucille getragen hatte, als es von Hasard in der Pinasse überwältigt worden war.

      Also, Arwenack hatte sich diesen Schlapphut auf den Kopf gestülpt und tauchte in dem Moment zähnefletschend und ziemlich wild aus einer Luke in der Back auf, als die beiden Kerle aufs Vordeck der „Hornet“ sprangen, ohne eigentlich so recht zu wissen, was sie dort wollten. Nur eins war ihnen bewußt: daß es auf der „Hornet“ zur Zeit ruhiger zuging als auf der „Louise“. Vielleicht wollten sie eine Pause einlegen.

      Daraus wurde nichts.

      Als sie kurz vor der Luke aufsetzten, fuhr der schlapphutbekrönte Arwenack aus ihr hoch wie ein Kastenteufelchen und äußerte sich in der Affensprache, einer Mischung aus Kecker- und Grunzlauten, aber deutlich mit einem sehr zornigen Unterton. Er betrommelte auch seinen Bauch und stülpte die Oberlippe fast bis zu den Nasenlöchern hoch, womit er seine prächtigen Zähne freilegte.

      Einen so furchtbaren Kämpfer hatten die beiden Kerle noch nie gesehen. Fast erlitten sie einen Herzschlag.

      „Der Leibhaftige!“ röchelte der eine.

      Und sie nahmen Reißaus – hinunter zur Kuhl.

      Dort wurden sie von Old O’Flynn und Pete Ballie empfangen und gerieten vom Regen in die Traufe. Der eine stolperte über Old O’Flynns weit vorgestrecktes Holzbein und stieß sich die Nase, als er platt auf den Planken landete. Der andere raste zielgenau in Pete Ballies rechte, hart abgefeuerte Bratpfannenfaust – mit dem Gesicht natürlich. Er spürte es ebenfalls an seiner Nase, dann jedoch am Hinterkopf, weil er rücklings auf die Planken krachte.

      Pete Ballie sammelte beide Kerle auf, schleifte sie zur Backbordseite und hievte sie über Bord. Als sie wieder auftauchten, begannen sie zu brüllen.

      „Vielleicht können sie nicht schwimmen“, sagte Old O’Flynn.

      „Mir doch egal“, brummte Pete Ballie. „Sie hätten ja drüben bleiben können.“

      „Da hast du auch wieder recht“, sagte Old O’Flynn.

      Arwenack hüpfte inzwischen auf der Back herum und gab weitere Mißfallensäußerungen von sich. Das war gut so, denn auf diese Weise bewachte er das Vorschiff, falls da noch mehr Kerle herüberturnen wollten.

      Achtern, an der Heckgalerie der „Louise“, sackte Yves Grammont zusammen, und der Degen entfiel seiner Hand. Er blutete aus mehreren Wunden, und es war ihm schwarz vor Augen geworden. Hasard kümmerte sich nicht weiter um ihn. Er wirbelte herum und sah, wie auch Dan O’Flynns Gegner Saint-Jacques in diesem Moment zusammenbrach, offenbar noch schwerer verletzt als Yves Grammont.

      „Alles klar bei dir?“ fragte Hasard.

      Dan O’Flynn wischte sich mit dem linken Unterarm den Schweiß vom Gesicht und nickte. „Alles klar, Sir. Bei dir auch?“

      „Sicher.“ Hasard warf einen kurzen Blick zu dem zusammengesunkenen Grammont. Immerhin, er hatte tapfer gekämpft. Für einen Moment dachte Hasard daran, ihn zur „Hornet“ hinüberschaffen zu lassen, damit sich der Kutscher um ihn kümmerte. Aber dann wischte er diesen Gedanken wieder beiseite. Der Kampf war noch nicht beendet. Und der Kutscher war sicher mit Paddy Rogers beschäftigt. Paddy Rogers ging vor.

      Und dann fiel ihm etwas anderes ein, und er fuhr zu Dan herum. „Wo steckt Terry?“

      „Ich sah nur, wie er die Querbalustrade durchbrach und zur Kuhl abrauschte.“

      Dan hatte kaum ausgesprochen, da fegte Hasard bereits zur Kuhl hinunter – mitten hinein in das Chaos.

      Dan wollte ihm folgen, erhielt aber einen furchtbaren Stoß in den Rükken und schlug auf die Planken. Über ihn weg flog ein Messer, wirbelte in den Besanmast und blieb dort fast bis zum Heft stecken.

      Und da brüllte Ben Brighton: „Du hinterhältige Ratte, du Dreckskerl …“

      Klingen klirrten aufeinander.

      Dan O’Flynn wälzte sich herum und sprang auf. Mit einem Blick erkannte er, daß ihm Ben Brighton wahrscheinlich mit dem Stoß ins Kreuz das Leben gerettet hatte – buchstäblich im letzten Moment.

      Halibut war der Messerwerfer gewesen. Halibut, einer der miesesten und übelsten Kerle der Terry-Crew. Und jetzt tanzte er vor Ben Brighton herum, einem Ben Brighton, der lange brauchte, um voll loszulegen.

      Er legte los.

      Wenn den Ersten Offizier der Seewölfe-Crew etwas in Fahrt brachte, dann waren das solche Typen wie Halibut, die von hinten zu meucheln pflegten. Im übrigen war es Halibut gewesen, der sich am lautstärksten beim Bordgericht


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