Seewölfe - Piraten der Weltmeere 316. Frank Moorfield

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 316 - Frank Moorfield


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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-713-6

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      Die Sichtverhältnisse in jener ereignisreichen Märznacht waren wechselhaft. Mal tauchte der Mond die kabbelige Wasserfläche der Ostsee in milchiges Licht, mal verschwand er hinter Wolkenfetzen, die wie schwarze Leichentücher an ihm vorüberzogen.

      Die große Galeasse, die sich wie ein Ungetüm aus grauer Vorzeit aus den Dunstschwaden schälte, schoß mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit durch das Wasser. Das Stundenglas war erst einmal abgelaufen, seit das einstige Flaggschiff einer stolzen Russen-Armada den Schauplatz der blutigen Kämpfe an der Nordbucht der Insel Kotka verlassen hatte.

      Jetzt befand es sich auf Fluchtkurs nach Osten, vorangetrieben von den Riemenschlägen der Rudermannschaft und dem Wind, der die beiden Lateinersegel füllte.

      Der Gefechtslärm hatte bereits merklich nachgelassen. Das Krachen der Schüsse vermischte sich immer seltener mit dem Heulen des Windes und dem Rauschen der See. Dafür trat das rhythmische Trommeln stärker hervor, durch das den Ruderknechten der Takt vorgegeben wurde. Es überlagerte in dumpfer Monotonie das eiskalte Wasser des Finnischen Meerbusens.

      Obwohl schon in wenigen Wochen der Frühling heraufziehen würde, erinnerte jetzt, in der zweiten Märzhälfte des Jahres 1593, noch nichts an ihn. Die kalten Stürme, die alle paar Tage über die südöstlichen Küstengebiete Finnlands hinwegfegten, hatten noch nichts von ihrer wilden Zügellosigkeit verloren.

      Auch in dieser Nacht war die Luft von beißender Kälte erfüllt, wie fast immer zu dieser Jahreszeit.

      Die Schiffslaternen hatte man wohlweislich nicht angezündet, dafür aber erhellte der Mond zeitweise die gespenstische Szene, die sich an Bord der russischen Galeasse abspielte.

      Das harte, kantige Gesicht Semion Marineskos wirkte kalt und erbarmungslos. Die wuchtige Gestalt des Generalkapitäns, der bei dem Versuch, die Insel Kotka zu besetzen, auch noch den Rest seiner Flotte verloren hatte, stand reglos wie ein steinernes Denkmal auf den Planken. Der warme Mantel aus Pelzen, den er über seiner Uniform trug, verlieh ihm das Aussehen eines nordischen Bären. Der stechende Blick seiner grauen Augen war auf den bärtigen Mann gerichtet, den man mit gefesselten Händen zur Gräting führte.

      Für einen Moment begegneten sich die Blicke der beiden Männer, doch sie drückten nur gnadenlose Härte auf der einen und Haß, Hilflosigkeit und Verzweiflung auf der anderen Seite aus.

      Je näher der Gefesselte der Gräting kam, desto langsamer und schleppender wurden seine Schritte – bis ihm einer der Soldaten brutal den Kolben seiner Muskete zwischen die Schulterblätter stieß. Der Mann taumelte mit schmerzverzerrtem Gesicht weiter. Der harte Stoß hatte ihn daran erinnert, daß niemand der Wut und der Rachsucht des allmächtigen Generalkapitäns entgehen konnte.

      „Hängt den Feigling an die Rah!“ Die Stimme Marineskos klang rauh und unerbittlich. „Feigheit vor dem Feind muß bestraft werden“, fuhr er fort. „Dieser Mann hat sich geweigert, meine Befehle auszuführen, weil er Angst vor den Schweden und diesen verdammten Engländern hatte. Deshalb wird er die Strafe in Kauf nehmen, die Feiglingen und Verrätern gebührt!“

      Die Gesichter der beiden Männer, die links und rechts des Generalkapitäns standen, wirkten starr und ausdruckslos wie Masken. Bei dem hageren Mann mit den dunklen Augen und dem spitzen Kinn handelte es sich um Oberst Gregori Kozlow, seines Zeichens Adjutant des Verbandsführers und Kommandant der Seesoldaten, der andere war Nikolai Deschnew, der Kapitän des Flaggschiffs.

      Eigentlich wäre es die Aufgabe des braunhaarigen, etwas fülligen Deschnew gewesen, für die Verurteilung und Bestrafung seines zweiten Rudergängers zu sorgen, denn er war für die Seemanschaft, die Manöver und Artillerie zuständig. Aber um solche Zuständigkeiten scherte sich Semion Marinesko einen Dreck, wenn es darum ging, seine ohnmächtige Wut über die erlittenen Niederlagen abzureagieren. Und niemand hätte gewagt, ihm zu widersprechen.

      Die Wangenmuskeln des Generalkapitäns zuckten. Seine Lippen preßten sich zu schmalen Strichen zusammen.

      Der bärtige Rudergänger stand nun auf der Gräting, seine dunklen Augen flackerten. Man sah ihm an, daß er dem Verbandsführer am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre, wenn er eine Möglichkeit dazu gehabt hätte. Aber Marinesko ließ ihm keine Chance, nicht einmal die einer Verhandlung vor dem Bordgericht.

      „Auf was wartet ihr noch?“ fragte er mit schneidender Stimme. „Der Kerl hat kein Recht, den nächsten Tag zu erleben! Das Urteil wird sofort vollstreckt!“ Er warf den beiden Seesoldaten, die den Delinquenten zur Gräting geführt hatten, zornige Blicke zu.

      Die beiden zuckten wie unter Peitschenhieben zusammen und beeilten sich, den Befehl des Generalkapitäns, in dessen Händen das Oberkommando lag, auszuführen. Rasch ergriff einer von ihnen das herbeigebrachte Tau und legte dem Gefesselten die Schlinge um den Hals. Der andere enterte zum Mast auf und zog das Tauende über die schräggestellte Rah – die „Rute“, an der das dreieckige Segel gefahren wurde. Sein Kamerad fing es unten auf.

      Alle Vorbereitungen für die Hinrichtung waren getroffen. Die beiden Soldaten warteten in hündischer Ergebenheit auf das Zeichen Marineskos.

      Sie brauchten nicht lange zu warten.

      Nachdem sich der Generalkapitän vergewissert hatte, daß jeder Mann an Bord, der nicht unbedingt als Rudergast oder zum Trimmen der Segel benötigt wurde, der schaurigen Szene beiwohnte, vollführte er eine entsprechende Handbewegung.

      Die Soldaten walteten ihres Amtes.

      Der Todeskampf des Rudergängers dauerte nicht lange, sein lebloser Körper schwang über der Gräting hin und her wie eine Glocke im Kirchturmgebälk.

      Über das Deck der Galeasse hatte sich eine eigentümliche Stille ausgebreitet, die nur von den monotonen Trommelschlägen unterbrochen wurde. Wohin man sah, erblickte man verschlossene, unbewegliche Gesichter, denn jeder wußte, daß er der Nächste sein konnte, falls er den Zorn Marineskos in irgendeiner Weise erregte. Dazu genügte oftmals nur eine belanglose Kleinigkeit.

      „Prägt euch das Bild des Feiglings gut ein!“ Marineskos Stimme dröhnte über das Deck. „Und nun schert euch weg! Es gibt genug zu tun an Bord!“

      Zu Deschnew und Kozlow gewandt, sagte er: „Der Kerl bleibt noch bis zum Ablauf eines Stundenglases hängen, damit niemand vergißt, was von ihm erwartet wird.“

      Für Semion Marinesko war die Angelegenheit erledigt. Mit wuchtigen Schritten verholte


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