Seewölfe - Piraten der Weltmeere 432. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 432 - Roy Palmer


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geglast wird, kannst du wenigstens gleich abhauen. Übrigens, ich hab’ uns was mitgebracht.“

      „Sei vorsichtig.“

      „Das bin ich. He, was ist eigentlich los, daß du dauernd zum Ufer starrst?“

      „Ich sehe den Señor Capitán General“, murmelte Palmaro. „Er kommt wie üblich von seinem Stelldichein mit der Witwe.“

      „Ach so. Aber er ist allein?“

      „Er wird sich hüten, sich mit ihr zu zeigen.“

      „Ich habe sie mal im Ort gesehen“, sagte Siro. „Ein Prachtweib! Sie hat so große Brüste.“ Er beschrieb durch eine Gebärde, wie groß sie waren. „Also ehrlich, mit der Señora würde ich auch schon mal gern einen Törn segeln.“

      „Sei still“, brummte Palmaro. „Und gib nicht so an. Wenn du es auch nur versuchen solltest, würde dich Don Miguel an der Nock der Großrah aufhängen und zappeln lassen.“

      „Ach wo, er hat doch selber Angst, daß irgend jemand von seinem Verhältnis erfährt.“ Siro lachte leise. „Ich glaube, man könnte ihn damit sogar unter Druck setzen.“

      Palmaro ließ das Spektiv sinken und sah seinen Freund an. „Wieviel hast du heute früh schon getrunken?“

      „Nicht mehr als sonst.“

      „Hör zu.“ Palmaro duckte sich so, daß sie durch die Segeltuchverkleidung gegen Blicke von unten geschützt waren. „Sag so was nie wieder, sonst sind wir die längste Zeit Freunde gewesen. Ich kann so was nicht hören. Klar?“

      Siro sah ihn überrascht an, dann begriff er. „Klar.“ Er griff unter das Wams und förderte eine winzige Flasche zutage. „Hier, nimm einen Schluck, der tut dir gut. Du stehst schon zu lange hier oben herum, das muntert dich wieder auf.“

      Palmaro nahm das Fläschchen entgegen, entkorkte es und trank einen winzigen Schluck. Rum – scharfes, brennendes Zeug. Es war verboten, im Dienst zu trinken, aber Siro war vom Rum und Wein abhängig, er stand ständig „unter Druck“, ohne es sich jedoch anmerken zu lassen.

      „Laß dich nicht erwischen“, sagte Palmaro. Er deckte seinen Freund, so gut er konnte, aber er konnte natürlich kein ständiger Beschützer für ihn sein.

      Siro grinste, nachdem er selbst einen Schluck Rum zu sich genommen hatte. „Keine Angst, ich kann schon auf mich aufpassen.“

      Sie richteten sich wieder auf und warteten auf das Zeichen zum Wachwechsel. Don Miguel de Xeres hatte inzwischen den Hafen erreicht, schritt auf eine der Piers zu und schickte sich an, in die Jolle der „Santa Marta“ abzuentern, die dort vertäut lag. Der Generalkapitän und Geleitzugkommandant begab sich an Bord seines Flaggschiffs.

      Zur selben Zeit segelte nicht weit von Trujillo entfernt eine dreimastige spanische Kriegskaravelle auf südlichem Kurs – ein rankes Schiff mit Lateinerbesegelung und guter Armierung. Rein äußerlich betrachtet, handelte es sich bei der „Estrella de Málaga“ um ein reguläres spanisches Kriegsschiff, das sich offensichtlich auf Patrouillenfahrt befand – doch in Wirklichkeit war der Sachverhalt anders.

      Die reguläre Besatzung hatte in Guayaquil zwangsläufig von Bord gehen müssen. Kapitän der „Estrella“ war jetzt genau der Mann, an den Don Miguel de Xeres zufällig kurz hatte denken müssen, als er im Bett der Witwe Maroto gelegen hatte: Philip Hasard Killigrew.

      Des weiteren waren an Bord jene Männer vom Bund der Korsaren, von denen der Generalkapitän gerüchteweise gehört hatte. Außerdem befanden sich noch ein Indianermädchen, zwei Jungen, ein Hund, ein Affe und ein Papagei an Bord.

      Die acht Hühner, die man in einem Verschlag unter der Back untergebracht hatte, waren hingegen spanisches Besitztum, das die Männer unter dem Kommando von Capitán Porfiro bei ihrem überhasteten Aufbruch wider Willen hatten zurücklassen müssen.

      Araua befand sich an diesem Vormittag – man schrieb den 6. November 1594 – in der Kombüse und leistete dem Kutscher, Mac Pellew und Eric Winlow, dem Koch von Jean Ribaults Crew, Gesellschaft. Es hatte eine kurze Debatte über die Zubereitung neuer Eierspeisen gegeben, und jetzt rührte der Kutscher in einer großen Eisenpfanne über dem offenen Feuer herum.

      Plötzlich öffnete sich das Schott, und Carberry steckte sein mächtiges Rammkinn herein. Er schnupperte prüfend, verzog das Gesicht und fragte: „Was braut sich hier zusammen?“

      „Ein Geheimnis“, erwiderte Araua. „Es wird noch nichts verraten.“

      Der Profos ließ sich dadurch nicht beirren. Er trat ein, rammte das Schott hinter sich zu und rückte mit mißtrauischem Gesicht auf das Kombüsenfeuer zu. Er beugte sich über die Pfanne, seine Augen verengten sich.

      „Kutscher“, sagte er leise und drohend. „Was, zum Teufel, ist das für eine Pampe?“

      „Eine neue Eierspeise“, erwiderte der Kutscher mit würdiger Miene.

      „Eine was? Zum Einreiben, oder?“

      „Natürlich kann man auch leichte Knochenbrüche und Verrenkungen mit Eiern behandeln“, sagte Araua.

      Carberry fuhr zu ihr herum. „Wie war das? Nein, das glaube ich nicht.“

      „Man stellte eine Art Teig aus rohem Ei, Mehl und Pflanzenbrei her“, erklärte sie gelassen. „Wenn das Ganze um die Blessur gelegt wird und trocknet, wird es bretthart. Dann kann der Knochen sich nicht mehr bewegen, und er heilt innerhalb von einem Mond.“

      „Monat“, sagte Eric Winlow.

      „Wir sagen Mond“, erwiderte sie beharrlich. Das bedeutet, daß sie keinen weiteren Widerspruch duldete. Sie konnte sehr starrköpfig und eigensinnig sein – aber nur manchmal.

      „Nicht zu fassen“, sagte Carberry und deutete wieder auf die Pfanne. „Und was ist das?“

      „Ein Geheimnis“, entgegnete der Kutscher.

      Carberry stemmte die Fäuste in die Seiten. „Kutscher, ich ziehe dich gleich aus deinem Hemd, du Zander, wenn du glaubst, daß du mich verulken kannst!“

      „Also schön – es sind Kräuter-Eier“, sagte Araua.

      „Kräuter – was?“ Carberry sah zu ihr, dann zu Mac Pellew, dann zu Eric Winlow. „Spinnt ihr?“

      „Nein, es sind Kräuter-Eier“, sagte Araua noch einmal.

      „Das gibt’s doch nicht!“ stieß Carberry aufgebracht hervor. „Kräuter mit Eiern – das paßt nicht zusammen!“

      „Das habe ich auch gemeint“, sagte Mac Pellew mit verdrießlichem Gesicht. „Aber es hat nichts genutzt.“

      „Ich kenne nur Rührei, Spiegelei und Ei mit Speck“, sagte auch Eric Winlow. „Eier mit Kräutern habe ich noch nicht ausprobiert. Ich habe auch gar keine Kräuter, nur Salz.“

      „Phantasielos, würde Jean sagen.“ Araua lächelte und deutete auf die Pfanne. „Probier doch mal, Ed, es wird dir bestimmt schmecken. Das Rezept stammt von mir.“

      „Es ist vorzüglich“, sagte der Kutscher begeistert. „Genau die richtige Mischung.“

      „Pfui Teufel!“ rief der Profos. „Mit dem Fraß könnt ihr mich jagen!“

      „Das finde ich aber gar nicht höflich von dir“, sagte Araua. „Traust du mir etwa nicht? Oder habe ich schon mal jemanden vergiftet?“

      Carberry wußte nicht mehr, was er sagen sollte. Er kratzte sich zuerst am Kinn, dann am Hinterkopf.

      „O nein“, brummelte er dann. „Das nicht. Aber ich – äh, na ja, ich mag kein Grünzeug. Und was ich da sehe, sind grüne Eier.“

      „Es sind Kräuter-Eier“, sagte der Kutscher.

      So wäre es noch eine Weile weitergegangen, wenn in diesem Moment nicht ein Höllenlärm in der Back ausgebrochen wäre. Wildes Gackern und Kreischen, Zetern und Keckern ertönte,


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