Seewölfe - Piraten der Weltmeere 310. Frank Moorfield

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 310 - Frank Moorfield


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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-707-5

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      Man schrieb den 9. März im Jahre des Herrn 1593. Der Wind, der in der beginnenden Abenddämmerung über die silbrig schimmernde Wasserfläche der Ostsee blies, war kalt und rauh. Aber daran hatte sich die Besatzung der englischen Dreimast-Galeone längst gewöhnt.

      In der zweckmäßig eingerichteten Krankenkammer der „Isabella IX.“, die sich unter der Back auf der Backbordseite befand, war es zwar einigermaßen warm, dennoch standen alle Zeichen auf Sturm. Deftige Flüche wechselten mit lauten Verwünschungen und schmerzlichem Stöhnen.

      Selbst der durchdringende Geruch der geräucherten Dorsche und Schollen, der aus der nebenanliegenden Kombüse drang, vermochte die Stimmung der drei Verwundeten nicht zu heben. Dort war Mac Pellew eifrig damit beschäftigt, mittels des neuerbauten Räucherofens himmlische Wohlgerüche zu verbreiten.

      Der Kutscher war mit den zwölfjährigen Zwillingssöhnen des Seewolfs aufgekreuzt, um die Verletzten einer weiteren Behandlung zu unterziehen. Da mußten Verbände überprüft und erneuert, Kräutertränke verabreicht und frische Salben aufgetragen werden.

      Der Kutscher hatte zu diesem Zweck eine Kiste mit geheimnisvollen Instrumenten, Töpfen und Flaschen herangeschleppt, und die Zwillinge hielten saubere Leinentücher und heißes Wasser bereit.

      Ja, die drei Männer hatte es in der Tat ganz schön erwischt.

      Bereits vor zwei Tagen hatte Old Donegal Daniel O’Flynn, der Alte mit dem verwitterten Gesicht und dem Holzbein, daran glauben müssen. Heftige Graupelschauer, vermischt mit Regen, hatten die Decks der „Isabella IX.“ im Nu in spiegelglatte Eisflächen verwandelt, und noch bevor man Sand ausgestreut hatte, war es passiert. Old Donegal war ausgerutscht und hatte in einer äußerst ungesunden Körperhaltung nahezu die ganze Kuhl überquert. Das Ergebnis war eine schmerzhafte Knöchelverstauchung am gesunden linken Bein und eine Platzwunde am Hinterkopf gewesen. Außerdem war das Holzbein, das ihm das fehlende rechte Bein ersetzte, durch den Sturz zu Bruch gegangen.

      Als nächsten hatte es Luke Morgan erwischt, und zwar erst vor wenigen Stunden, um die Mittagszeit. Bei ihm allerdings war nicht das Glatteis die Ursache gewesen, sondern der überraschende Überfall finnischer Fischerboote, die urplötzlich aus der Deckung der zahlreichen winzigen Inseln aufgetaucht waren, die der Südwestküste Finnlands vorgelagert sind.

      Der kleine, dunkelblonde Mann mit der Messernarbe über der Stirn war von einem Pfeil getroffen worden, der seine linke Schulter durchbohrt hatte.

      Schon wenig später hatte Edwin Carberry einen schweren Streifschuß am Kopf abgekriegt. Er war erst vor zwei Stunden aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht – und genau seit diesem Zeitpunkt war im Krankenraum der „Isabella“ jeglicher Friede dahin.

      Gefördert wurde die gewittrige Stimmung noch durch die übelriechenden Arzneien, die der Kutscher verabreichte. Besonders die berüchtigte schwarze Salbe, die er auf die Wundränder schmierte, hatte es Edwin Carberry angetan.

      „Bei allen gehörnten Nordmännern!“ schnaubte der bullige Profos. „Das Zeug brennt schlimmer als Feuer. Kannst du den Teufelskram nicht woanders hinschmieren, he? Oder willst du mir unbedingt noch den Verstand ansengen, was, wie?“

      Der Kutscher, der sein Handwerk während seiner Zeit als Gehilfe bei dem Arzt Sir Anthony Freemont in Plymouth erlernt hatte, ließ sich nicht beeindrucken.

      „Hör’ schon auf zu jammern, Ed“, sagte er kurz angebunden und trug eine weitere Schicht Salbe auf.

      Der Profos reagierte gereizt.

      „Was sagst du da? Ich und jammern? Wenn du plattnasiger Rochen es noch immer nicht begriffen hast – ich fürchte um meinen Verstand! Die ätzende Schmiere, die du mir auf den Kopf kleisterst, muß ihn ja ansengen, jawohl!“

      „Na schön, dann hast du eben nicht gejammert“, sagte der Kutscher unbeirrt. „Wahrscheinlich waren es nur Freudenseufzer, die aus deiner Koje gedrungen sind. Und was deinen Verstand betrifft, da gibt es wohl nicht allzuviel anzusengen.“

      Die Zwillinge stießen sich an und grinsten verhalten.

      „Das stimmt nicht!“ stieß Philip junior hervor. „Im Moment ist der Verstand Mister Carberrys mächtig angeschwollen. Er hat eine prächtige Beule hinter der Kimm.“

      Dem Profos blieb einen Augenblick die Luft weg. Reflexartig versuchte er, sich aufzurichten, sackte dann jedoch mit einem erneuten Stöhnen in die Koje zurück.

      „Bei allen unschuldigen Meerjungfrauen!“ Er schnaufte. „Ich pfeife wirklich auf dem letzten Loch. Da kommt so ein blaukarierter Quacksalber daher und kleckert einem rechtschaffenen Christenmenschen eine stinkende und brennende Salbe aufs Haupt, ohne daß man sich dagegen wehren kann, und zwei freche Lausebengel stehen dabei und reißen noch ihre Witze darüber. Donner, Blitz und Wolkenbruch! Wartet nur ab, bis der alte Carberry den Achtersteven wieder aus der Koje hieven kann, dann wird er euch nämlich schön der Reihe nach die Haut in klitzekleinen Streifchen von den grünbetupften Affenärschen abziehen, ha!“

      „Angeber!“ mischte sich der alte O’Flynn ein und zog ein grantiges Gesicht. „Heute könntest du selber nichts dagegen tun, wenn man dir die Haut vom Hinterteil abziehen würde. Wenn ich nur könnte, wie ich möchte, dann würde ich’s tun, jawohl! Und du müßtest wohl oder übel stillhalten.“

      Der rauhbeinige Alte hatte zwar nichts dagegen, daß er in der Krankenkammer Gesellschaft gekriegt hatte, aber daß es ausgerechnet ihm passieren mußte, ohne jeglichen Feindkontakt mit dem Allerwertesten über die Kuhl zu schlittern und dann noch mit dem Schädel auf die Planken zu bumsen – das hatte er noch immer nicht verwunden. Entsprechend seinen zahlreichen lädierten Körperteilen war auch seine Laune.

      „Das könnte dir so passen, Opa!“ fauchte Carberry. „Zuerst selber auf den Hinterkopf fallen und dann noch große Töne spucken – so was hab ich gerne! Unsereins hat sich seine Beulen und Kratzer wenigstens ehrlich im Kampf geholt. Du aber hast dich auf den Hintern gesetzt und bist schleunigst davongerutscht, weil du vor Schiß gar nicht schnell genug rennen konntest, ha! Außerdem hast du mit deinem Spitzheck noch die Decksplanken zerkratzt, jawohl!“

      Der bullige Profos mit dem zernarbten Gesicht und dem gewaltigen Rammkinn wußte nur zu genau, daß dem nicht so gewesen war. Old Donegal würde es selbst im Traum nicht einfallen, sich während eines Kampfes zu verkriechen. Er war vielmehr ein Haudegen von altem Schrot und Korn, der keine Gefahr fürchtete. Aber bitte sehr


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