Seewölfe - Piraten der Weltmeere 490. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 490 - Roy Palmer


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und das Kobaltblau, das sich wie eine Kuppel über den Inseln spannte, schien auch für die nächsten Tage anhaltend schönes Wetter zu versprechen.

      Batuti wußte, daß das eine Täuschung sein konnte. Manchmal änderte sich die Wetterlage sehr schnell und völlig unerwartet. Von einer Stunde auf die andere konnte es Sturm geben. Das hing in erster Linie von der Windrichtung ab. Noch wehte der Wind aus Nordosten. Vielleicht dreht er in der Nacht, dachte Batuti. Sicher war er aber nicht.

      Etwas später geriet Batuti in einen Bereich der Insel, in dem es wieder kühler wurde. Die schwarze Erde war naß und morastig. Wieder sah der Gambia-Mann eine Schlange, aber sie nahm vor ihm Reißaus, als er sich näherte.

      Hundert Schritte weiter öffnete sich der Wald. Batuti glitt in eine Senke hinunter, deren Grund aus einem glitzernden See bestand. Wasservögel stiegen kreischend auf, als er am Ufer vorbeilief. Mit langen Sätzen eilte der schwarze Riese auf die Kuppe des nächsten Hügels. Von hier aus konnte er das Westufer von East Caicos bereits sehen.

      Die Sonne hatte sich rötlich gefärbt. Bald würde sie als glühender Ball im Westen in der See versinken. Batuti lief durch eine Dünenlandschaft, in der Buschgruppen wucherten. Er entdeckte eine Schildkröte, die ihn aus schmalen, halb blinden Augen musterte. Etwas weiter entfernt kreisten Möwen über dem Wasser.

      Batuti stieg auf einen Dünenkamm. Er konnte das Seewasser jetzt riechen und die Brandung rauschen hören. Vorsichtshalber legte er sich auf den Bauch und robbte das letzte Stück. Er blieb zwischen dichtem Strandhafer liegen und holte das Spektiv hervor. Er zog es auseinander und richtete es über den Strand und die Brandung hinweg auf die Passage, die sich jetzt vor ihm ausdehnte.

      Die beiden spanischen Kriegsgaleonen waren durch die Optik wie zum Greifen nah. Batuti konnte die Gestalten der Männer an Deck deutlich erkennen und verfolgte auch, was sie taten. Ja, sie gaben sich wirklich Mühe. Die Männer der „Monarca“ halfen der Besatzung der „San Sebastian“. Man hatte zwei Heckanker ausgebracht, mit deren Hilfe versucht wurde, die „San Sebastian“ vom Riff zu ziehen.

      Recht so, dachte Batuti, und wieder mußte er grinsen. Müßiggang ist aller Laster Anfang. Arbeitet mal fleißig, es wird euch nicht schaden!

      Don Juan de Alcazar, der sich mit seiner Taina an Bord der „Empress of Sea II.“ befand, hatte Don Diego de Campos an Bord des Flaggschiffes „Sant Jago“ sehr wohl erkannt. Nur durch Don Juan wußten die Männer des Bundes, mit wem sie es zu tun hatten. Don Juan hatte auch zu berichten gewußt, daß dieser Generalkapitän ein knarscher Eisenfresser war – ein Kerl also, der alles, was er sich in den Kopf setzte, unbedingt verwirklichen wollte.

      So war es de Campos’ Schuld, daß die „San Sebastian“ auf dem Riff festsaß. De Campos hätte gar nicht in die Passage segeln dürfen, es war unverantwortlicher Leichtsinn gewesen. Hasard und seine Mannen hingegen hatten den „Heimvorteil“ – sie kannten sich bestens aus.

      Insofern konnte Batuti die Dons auf der „San Sebastian“ und der „Monarca“ eigentlich nur bedauern. Sie mußten ausbaden, was der Señor Generalkapitän ihnen eingebrockt hatte. Und sie konnten noch von Glück sagen, daß der Feind inzwischen nicht angriff.

      Der Seewolf kannte Don Gaspar de Mello von der Bucht bei Batabanó her und schätzte ihn richtig ein. De Mello war ein besonnener, kluger Mann. Wie konnte er mit de Campos auskommen? Er hatte sich schon in Havanna mit dem Generalkapitän zusammenraufen müssen, aber wie lange würde der Burgfrieden dauern? Sicher, de Campos führte das Oberkommando, man hatte sich ihm zu beugen. Aber wenn er den Bogen überspannte, konnte es Unheil geben.

      Meuterei, dachte Batuti. Ewig lassen sich die Capitáns der beiden Galeonen dort das Spiel auch nicht gefallen. Irgendwann riß ihnen der Geduldsfaden.

      Er konnte sie fluchen und schimpfen hören. Natürlich waren sie wütend auf de Campos, dem sie diese Schlappe zu verdanken hatten. Batuti hatte das deutliche Gefühl, daß sich etwas zusammenbraute.

      Das ist es wohl, was in der Luft liegt, dachte er – oder? Wieder hob er den Kopf und schaute zum Himmel auf. Nein, kein Wölkchen war zu sehen. Und der Wind wehte nach wie vor handig bis frisch aus Nordosten. Weit und breit waren auch keine anderen Schiffe zu entdecken, die möglicherweise in das Geschehen eingreifen konnten. Es blieb beim bisherigen Kräfteverhältnis: drei spanische Kriegsgaleonen gegen die „Isabella“, die „Caribian Queen“, die „Le Griffon“ und die „Empress of Sea II.“ Daran würde sich gewiß auch nichts ändern.

      Der Gambia-Mann beobachtete weiterhin, was sich an Bord der beiden Kriegsschiffe tat. Er schätzte ab, wieviel Zeit die Spanier noch brauchten, um die „San Sebastian“ wieder flottzukriegen. Noch vor Einbruch der Dunkelheit läuft sie wieder aus, überlegte er.

      Tatsächlich gelang es den Spaniern mit vereinten Kräften, die „San Sebastian“ bis zur Dämmerung mit Hilfe der beiden ausgebrachten Heckanker wieder freizuhieven. Allein hätte die Besatzung der Galeone es allerdings nicht geschafft.

      Die Männer der „Monarca“ unter dem Kommando ihres Capitáns Juan de Alvarez befanden sich mit an Bord der „San Sebastian“. Sie spuckten ebenfalls in die Hände und halfen tüchtig mit. Als die Galeone von der Unterwasserbarriere glitt und endlich wieder freischwamm, stießen sie begeisterte Rufe und Pfiffe aus.

      De Mello und de Alvarez ließen die Männer johlen. De Mello gab seinem Ersten Offizier sogar die Anweisung, eine Extraration Branntwein auszuteilen – was auch wieder seitens der Mannschaft mit Hurrarufen quittiert wurde.

      „Recht so“, sagte de Alvarez. „Den Schnaps haben sich die Männer redlich verdient.“

      „Das finde ich auch“, erwiderte de Mello. „Nur wäre de Campos nicht damit einverstanden. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps, sagt er.“

      De Alvarez schnitt eine Grimasse. „Er sagt so manches, was mir gegen den Strich geht.“

      „Juan, Sie wissen, wie gefährlich es ist, gegen ihn aufzubegehren“, sagte de Mello.

      Der Kapitän der „Monarca“ nickte. „Und ob ich das weiß. Aber zur Zeit befindet er sich ja nicht in Reichweite, der Señor Generalkapitän. Entschuldigen Sie, mein lieber Gaspar, aber auch ich muß mir mal ein bißchen Luft verschaffen.“

      Sie waren weiß Gott sehr unterschiedliche Männer, dieser Don Gaspar de Mello und dieser Juan de Alvarez. Doch in zwei Punkten waren sie sich völlig einig, ohne erst groß darüber sprechen zu müssen: Don Diego de Campos war in ihren Augen ein unfähiger Narr – und das Wohl der Schiffsmannschaften war wichtiger als jeder strategische Erfolg.

      De Campos hingegen war überzeugt, daß de Mello ein Versager und de Alvarez auch keine große Leuchte sei. Im übrigen galt es, den Feind zu stellen und niederzukartätschen. Er mußte sozusagen in der Luft zerfetzt werden. Zerschmettern mußte man ihn. Ob die Schiffsmannschaften dabei verheizt wurden, war zweitrangig. Ausschlaggebend war nur das Ergebnis. Der Zweck heiligte die Mittel. So einfach war das.

      So einfach machten de Mello und de Alvarez es sich aber nicht. Ihre Offiziere, die Seeleute und die Seesoldaten wußten es. Sie segelten gern unter dem Befehl ihrer Kapitäne, nicht aber unter dem Kommando des Don Diego de Campos. Auf der „Sant Jago“ waren auch die meisten Männer gegen de Campos eingestellt. Viel lieber wären sie auf der „San Sebastian“ oder auf der „Monarca“ gefahren.

      Aber so war das nun mal im Leben. Die Rollen waren ungerecht verteilt. Wer das Pech hatte, auf der „Sant Jago“ seinen Dienst tun zu müssen, der hatte nichts zu lachen. De Campos ließ nichts durchgehen und ahndete rigoros jedes Vergehen gegen die Borddisziplin und das militärische Reglement. Wer auch nur ausrutschte, der empfing Hiebe.

      Luiz, Pablo, Marco und Felipe, die Neulinge an Bord des Flaggschiffes, hatten gleich in der Bucht bei Batabanó einen Vorgeschmack auf das erhalten, was sie erwartete: sozusagen zur Begrüßung hatte de Campos ihnen die Neunschwänzige verabreichen lassen. So wußten sie, woher der Wind wehte. Sie richteten sich danach. Aber leicht fiel es ihnen nicht, zu kuschen. Immer wieder gärte es, manchmal roch es nach Meuterei.

      De Mello und de Alvarez wußten von dieser Stimmung


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